Dachau: Wie Kindergartenkinder vor Hitze geschützt werden – Dachau | ABC-Z

Ein blaues Band zieht sich durch die ehemalige Grünfläche, die azurfarbene Tartanbahn mit Spielgeräten darauf soll einen Flusslauf simulieren. Doch da plätscherte bislang nichts, der Boden war ja weitgehend mit Kunststoffmaterial versiegelt. Die Außenfläche der Dachauer Kindertagesstätte am Amperweg wurde so zum Hitzehort. Täglich spielen dort 63 kleine Menschen aus Kindergarten und Kinderkrippe auf dem schmalen Außengelände. Das L-förmige Haus wurde als Vorzeigeprojekt geplant, es kombiniert städtischen Wohnungsbau mit Kinderbetreuungseinrichtungen – und wagt den Versuch, möglichst viele Bedürfnisse unterschiedlicher Nutzergruppen zu bedienen. Doch aus Perspektive der Kleinsten bleibt dabei vor allem eines übrig: wenig Schatten.
Vor dem Neubau war das Grundstück nahe der Amper ein grün eingewachsenes Gelände, das Bestandshaus wurde abgerissen. Schon 2018 hieß es bei der Vorstellung der Bauplanung, die Außenfläche der Kita sei nicht gerade großzügig: Mit 620 Quadratmetern liegt sie am unteren Limit der gesetzlichen Vorgabe von zehn Quadratmetern pro Kind. Als die Pläne damals im Sozial- und Familienausschuss vorgestellt wurden, hieß es noch: Ein sogenanntes Spielband im Zentrum mit Rutsche, Schaukel und Hüpfspielen solle möglichst viele Angebote auf wenig Raum bieten. Bäume würden Schatten spenden, Gehölze zum Verstecken einladen. Davon war bis zuletzt wenig zu sehen.
Nur zwei Jahre nach der Eröffnung musste schon nachgebessert werden, eine Spielplatzbaufirma bekam den Auftrag, das Gelände umzugestalten und zum Beispiel einen Wasser-Matsch-Bereich einzurichten. Nach Auskunft der Stadt hat der ursprüngliche Ausbau der Spielfläche, einschließlich Spielgeräte, Tartanbahn und Sonnenschutz, etwa 213 000 Euro gekostet. Die neuerliche Umgestaltung zwei Jahre später kostete weitere 45 000 Euro.
Aus Sicht der Stadt stellt so eine „nutzerspezifische Anpassung“ nichts Ungewöhnliches dar. Spricht man mit dem Spielplatzbauer, der die Umgestaltung des erst zwei Jahre alten Geländes vorgenommen hat, sagt dieser etwa zur Positionierung der Schaukel mitten im Gelände: „Das ist eine grundsätzlich falsche Planung.“ Auch Sonnensegel als einzige Schattenspender hält Schreiner und Pädagoge Robert Schmidt-Ruiu für ungeeignet. Seine Firma hat im Auftrag der Stadt einen Zaun zwischen dem Kindergarten- und Krippenbereich zurückgebaut, der erst vor zwei Jahren errichtet wurde, und zusätzliche Spielhäuser errichtet, in denen Kinder sich besser geschützt zurückziehen können.
Die Dachauer Firma Topgrün, die die Außenanlage der Kindertagesstätte vor der Eröffnung gestaltet hat, sieht in Sonnensegeln kein Problem. Der beste Schatten sei natürlich Baumschatten, aber auf dem Gelände sei nun mal kein Baumbestand erhalten geblieben, erklärt Landschaftsarchitekt Frank Karrer, „und die Fläche komplett zu überdachen, wäre Unfug“. Stattdessen empfehle er mobile Sonnensegel. Der blaue Fallschutzbelag solle überdies eine „Spielschlange“ symbolisieren, sagt Karrer. „Wenn da die Sonne richtig drauf brennt, kann es natürlich schon heiß werden.“
Es werden Materialen verwendet, die sich weniger stark aufheizen
Oberbürgermeister Florian Hartmann (SPD) betont, wie wichtig hitzeresistente Spielplätze in seiner Kommune sind. In einer Antwort aus dem Rathaus heißt es: „Ein grüner Spielplatz mit altem Baumbestand, Sträuchern und Rasenflächen bietet Schatten und senkt wirksam die Umgebungstemperatur. Versiegelte Flächen aus Asphalt oder Beton heizen sich im Sommer stark auf.“ Die Stadt Dachau achte bei der Spielplatzplanung auf eine „gute Durchgrünung“, ein Baum brauche jedoch mindestens zehn Jahre, um wirksamen Schatten zu spenden und die Umgebungstemperatur zu senken. „Vor allem bei Neuanlagen kann deshalb ergänzender Sonnenschutz in Form von Sonnensegeln oder Sonnenschirmen notwendig sein“, teilt der Oberbürgermeister mit.
In den vergangenen Jahren seien städtische Spielplätze verstärkt mit Wasserspielbereichen ausgestattet worden, die für Abkühlung und Spielspaß sorgten, so der Oberbürgermeister. Zur Materialauswahl erklärt Hartmann, dass natürliche Materialien wie Holz und Holzhäcksel sich im Sommer weniger stark aufheizten als Kunststoff und Metall und deshalb bevorzugt zum Einsatz kämen. Warum am Amperweg dennoch eine Tartanbahn unter den Spielgeräten eingezogen wurde, die nun in Teilen wieder abgetragen wurde, bleibt ein Rätsel.

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Der Fraktionsvorsitzende der CSU im Dachauer Stadtrat, Florian Schiller, hat jetzt einen Antrag gestellt, in dem er die Stadt dazu auffordert darzulegen, welche Spielplätze im Stadtgebiet hitzeresistent sind und bei welchen noch nachjustiert werden muss. Seiner Meinung nach befindet sich beispielsweise der Spielplatz im Grünzug des Schulzentrums Augustenfeld „in der prallen Sonne“, dort gebe es „kaum Möglichkeiten, der Sonne zu entkommen“. Dadurch könne es zu gesundheitsschädlichen Auswirkungen aufgrund der direkten Sonneneinstrahlung kommen, so Schiller. „Auch werden die Spielgeräte sehr heiß und dies kann zu Verletzungen bei den Kindern führen“, heißt es im Antrag. Das Thema Hitzestress auf Spielplätzen dürfte die Stadt also nicht so schnell kaltlassen.