Dachau: Mangel an Plkorrodieren für Kinder mit Beeinträchtigungen – Dachau | ABC-Z

Im Garten der Burgfriedstraße 34a herrscht reger Betrieb. Zwei Jungen im Grundschulalter machen Tricks am Trampolin, Kinder hocken in der Nestschaukel oder spielen in der Sandkiste. Durch ein Fenster kann man den Blick in einen Raum mit Kletterwand und gestapelten Matten werfen. Die Heilpädagogischen Tagesstätte (HPT), des Trägervereins „Kinderfreunde München“ feiert ihre Eröffnung in der Burgfriedstraße. Vor dem Umzug betrieb der Verein bereits eine Tagesstätte in Karlsfeld. Gründe für den Ortswechsel seien der auslaufende Vertrag und die ungünstige Lage im Industriegebiet gewesen.
Der große Garten am neuen Standort verbindet zwei renovierte Gebäude. Auf den 2000 Quadratmetern Gelände kommen zwei Gruppen im Vorschul- und zwei im Grundschulalter unter. Eine fünfte Gruppe, für 10- bis 15-Jährige, besetzt Räume am Zweitstandort im Aurikelweg.
Eine HPT ist ein Betreuungsangebot, das sich an „Kinder und Jugendliche mit Behinderungen oder drohenden Behinderungen“ richtet. So ist es auf der Website des Bezirks Oberbayern zu lesen. Die Einrichtung solle helfen, ein Fundament für die Kinder aufzubauen, damit sie später in der Gesellschaft zurechtfinden.
Die Tagesstätte an der Burgfriedstraße legt den Fokus auf seelische Beeinträchtigungen. Viele Kinder hätten etwa eine Aufmerksamkeits-Defizit-Hyperaktivitäts-Störung (ADHS), ein Autismus-Spektrum-Syndrom (ASS) oder Bindungsstörungen. Nach Kita und Schule verbringen sie den Rest ihres Nachmittags deshalb in der Förder-Einrichtung. „Es ist eigentlich ähnlich wie in einer Regeleinrichtung“, sagt Pädagogin Karin Brunner. Die Kinder essen zu Mittag, sie machen Hausaufgaben und spielen, erzählt Teamleiter Michael Riemer. Einige Unterschiede gibt es trotzdem.
Laut Riemer sind vor allem der Betreuungsschlüssel und die Gruppengröße wichtige Aspekte. Die knapp 40 Kinder werden beispielsweise therapeutisch betreut. Auch im Hintergrund läuft einiges: Für jedes Kind gibt es im Wochentakt eine Teamsitzung, bei der sich die Fachkräfte und Betreuer über die Fortschritte austauschen. Im Abstand einiger Wochen finden außerdem Elterngespräche statt. „Eine große Herausforderung ist, wenn die Eltern nicht kooperieren“, sagt Julie Richardson vom psychologischen Fachdienst an der Tagesstätte.
Da Kinder in der HPT in einer gesonderten Einrichtung betreut werden, ist das Angebot im engeren Sinne nicht inklusiv. Brunner sagt dazu: „Inklusion finde ich sehr wichtig. Aber viele brauchen diesen engen Rahmen mit wenigen Kindern. Sie brauchen schon irgendwelche Sozialkompetenzen, dass sie eine Basis haben.“ Nach dem durchschnittlich zwei- bis dreijährigen Aufenthalt könne man die Kinder oft in Regeleinrichtungen inkludieren.
Um die individuellen Ziele zu erreichen, müssen die Kinder jedoch zuallererst einen Platz in einer HPT bekommen. Für einen Antrag brauchen sie unter anderem eine ärztliche Diagnose. Danach heißt es oft: warten. „Manchmal kommt es gar nicht zu einer Hospitation, weil einfach kein Platz ist“, erklärt Jasmin König. Sie ist Einrichtungsleiterin der Kindertagesstätte Benjamin in Röhrmoos. In der Kita gibt es neben den Regelgruppen 16 heilpädagogische Plätze für Kinder im Vorschulalter.

Neben dem Tagesheim in der Burgfriedstraße und den beiden Gruppen in der Tagesstätte Benjamin gibt es im Landkreis Dachau zwei weitere teilstationäre Angebote. Dazu zählen die HPT im ZJE – Verein für Jugend und Soziales direkt in Dachau, sowie die Einrichtung der Caritas in Hebertshausen. Für die Nachfrage scheint das nicht zu reichen. In der Förderstätte der Kinderfreunde sind derzeit 37 der 40 Plätze besetzt. Die Kindergartengruppen haben sechs beziehungsweise sieben Plätze, die Schulgruppen sind mit jeweils acht Kindern voll ausgelastet. „Es gibt deutlich mehr Anfragen als Plätze“, sagt Teamleiter Michael Riemer.
Eckart Wolfrum, Leiter der HPT Caritas Hebertshausen, sagt, es mangele vor allem an Stellen für Kinder im Kita-Alter. In der HPT Hebertshausen gibt es davon 16. Denen gegenüber stehen 35 Anfragen, alleine in diesem Jahr. Einige Kinder konnten noch anderweitig untergebracht werden, erzählt Wolfrum. Doch derzeit stünden etwa 15 Personen auf der Warteliste. Diese benötigten eigentlich sofort einen Platz. Jasmin König, Einrichtungsleiterin der Tagesstätte Benjamin, beschreibt eine ähnliche Situation: Die Warteliste sei mit 16 Kindern genauso groß wie das eigentliche Platzangebot.

Doch fehlen auch Plätze für ältere Kinder. Matteo Lencioni von der Heilpädagogischen Tagesstätte im ZJE sagt: „Was komplett fehlt, sind Gruppen für Jugendliche.“ Für Schulkinder bis 21 Jahre mit „rein seelischer Beeinträchtigung“ trägt das Jugendamt Dachau die Kosten einer heilpädagogischen Unterbringung. Daher bekommt das Amt auch die Anträge für einen Platz. Von „viel zu vielen Anfragen“ spricht Jacqueline Zenger im Jugendamt Dachau. Derzeit liege auch ihr eine lange Warteliste mit 30 Namen vor.