Dachau: Landkreis spart bei der Jugendhilfe – Dachau | ABC-Z
Weniger Schulbegleitungen, weniger Therapiestunden und weniger Heimunterbringungen: Wegen der angespannten Haushaltslage versucht der Landkreis Dachau, im Bereich Jugendhilfe rund eine Million Euro weniger auszugeben als zunächst geplant. Wie das konkret funktionieren soll, erklärte Jana Beuter, Controllerin des Jugendamtes Dachau, im Kreisausschuss. Unklar sei, wie sich diese Einsparungen auf die Qualität der Jugendhilfe auswirken werden, so Beuter.
Vor drei Jahren gab der Landkreis rund 20 Millionen Euro für die Jugendhilfe aus, in diesem Jahr sind rund 27 Millionen Euro dafür veranschlagt – das entspricht einer Steigerung von etwa 32 Prozent. Beuter zeigte die Kostenentwicklung in vier Bereichen: Unbegleitete minderjährige Ausländer, Hilfe für junge Volljährige, Heimerziehung und Eingliederungshilfe, worunter etwa die Ausgaben für Schulbegleitungen fallen.
Derzeit ist der Landkreis für mehr als 50 unbegleitete minderjährige Ausländer zuständig: „Hier steigen die Fallzahlen“, konkret sind diese heute im Vergleich zu 2021 um circa 40 Prozent höher. Daher stelle sich die Frage, wo man die jungen Leute unterbringe, so Beuter. Weil Plätze in Jugendhilfeeinrichtungen fehlen, müsse der Landkreis zusätzliche Unterkünfte anmieten und dafür Sicherheitspersonal einstellen. Ziel sei daher, die Jugendlichen in Zukunft in ihrer Selbstständigkeit noch mehr zu unterstützen und bislang stationäre Jugendhilfen durch ambulante Formen zu ersetzen: „Es muss beobachtet werden, welchen Einfluss die Umgestaltung auf die Qualität der Eingliederung in die Gesellschaft hat.“
„Da muss man froh sein, wenn man überhaupt einen Heimplatz bekommt“
Der Landkreis kümmert sich auch um junge Erwachsene, die im betreuten Wohnen untergebracht sind; er übernimmt etwa die Mietkosten sowie die vom Bund festgelegte Hilfe zum Lebensunterhalt. Diese lag 2023 noch bei 502 Euro und beträgt mittlerweile 563 Euro monatlich. Vor allem die Wohnraumknappheit in der Region treibe die Kosten in die Höhe, so Beuter: „Es gibt wenig günstigen Wohnraum, wo wir die Leute unterbringen können.“
Auch bei der Suche nach einer Heimunterbringung fehle das Angebot: „Insgesamt gibt es in Deutschland zu wenige Heimplätze. Da muss man froh sein, wenn man überhaupt einen bekommt.“ Daher müsse das Dachauer Jugendamt jeden angebotenen Heimplatz nehmen und könne nicht auf günstigere Einrichtungen hoffen.
„Die Kinder können schlechter rechnen“
Laut Jugendamt könnten die Kosten für Heimunterbringungen verringert werden, wenn Kinder und Jugendliche kürzer in stationären Einrichtungen leben würden. Doch dazu müsse in den Familien erst eine Umgebung geschaffen werden, damit die Kinder in ihr Zuhause zurückkehren könnten, so das Jugendamt: „Dies ist für viele Heimkinder allerdings keine Option.“ Zwar sei eine Adoption oder eine Unterbringung dieser Kinder in Pflegefamilien eine „kostengünstigere Möglichkeit“, aber: „Sie ist vor allem bei multiproblembelasteten Kindern, unter anderem Systemsprengern, nur begrenzt umsetzbar.“
Die teuerste Form der Jugendhilfe ist laut Verwaltung aber die sogenannte Eingliederungshilfe – mit jährlichen Ausgaben von derzeit rund neun Millionen Euro. Bezahlt werden davon etwa ambulante Therapien für Schülerinnen und Schüler, die eine Lese-, Rechtschreib- oder Rechenschwäche haben: „Die Bedarfe in den Schulen steigen, die Kinder können zum Beispiel schlechter rechnen“, das liege womöglich auch an den Schulschließungen während der Pandemie, vermutet Beuter. Um die Kosten des Landkreises zu reduzieren, werden nun nur noch 60 Stunden anstelle von bisher 80 Stunden für diese Therapien bewilligt.
Schulbegleitungen für Erstklässler werden nur in „strengen Ausnahmefällen“ gewährt
Auch bei den Ausgaben für Schulbegleitungen setzt der Landkreis den Rotstift an. In der Vergangenheit waren 110 Schulbegleitungen im Einsatz – aktuell sind es nur noch 88 Kräfte, die Kinder mit einem besonderen Förderbedarf im Schulalltag begleiten. Für Erstklässlerinnen und Erstklässler werden die Schulbegleitungen nur noch in „strengen Ausnahmefällen“ genehmigt, etwa bei Autisten oder Mutisten. Grund dafür ist, dass sich das Jugendamt zunächst anschauen möchte, wie das Kind allein in der neuen Lebenssituation zurechtkommt.
Zudem hat man das Pilotprojekt „Dachauer Integrationsprojekt in Klassen“ (DIPiK) an der Dachauer Greta-Fischer-Schule ausgeweitet, bei dem Integrationsfachkräfte Schulbegleitungen ersetzen. Diese sind nicht nur für ein Kind zuständig, sondern für die ganze Klasse. Hier werde auch geprüft, inwiefern sich der Bezirk im kommenden Jahr an den Kosten für das Pilotprojekt beteiligen kann, so das Jugendamt. Auch der Zuschuss für die Drogenberatung in Dachau, getragen vom Drobs e. V., wurde in diesem Jahr um rund 11 500 Euro reduziert.
Landrat Stefan Löwl (CSU) sagte nach Beuters Vortrag, dass diese Maßnahmen zwar eine Entlastung der Familien seien: „Aber wir bezahlen es“ – und die hohen Kosten könne man mittlerweile einfach nicht mehr stemmen. Seine Parteikollegin Stephanie Burgmaier sagte, dass es ein „hochsensibler Bereich“ sei, bei dem hier eingespart werde. Konkrete Einwände gegen die Sparmaßnahmen bei der Jugendhilfe gab es von den Kreisrätinnen und Kreisräten aber nicht.