Dachau: Konzertreihe “Mittendrin” geht ab Herbst weiter – Dachau | ABC-Z

Kammermusik, das ist doch nur was für Snobs, Senioren und Spezialistinnen. Dieses weit verbreitete Vorurteil hört man oft. Stimmt aber nicht. Und schon gar nicht, wenn man „Mittendrin“ ist, im dritten Konzert dieser noch jungen Klassik-für-alle-Reihe der sehr besonderen Art. Doch dazu erst gleich mehr: Denn noch vor Beginn des Konzerts muss Klarinettist Georg Arzberger, der zusammen mit Pianist Julian Riem dieses Musikexperiment gewagt hat, die wichtigste Frage des Abends beantworten: Geht es weiter? Erleichterung macht sich breit: Ja, es geht im Herbst erst einmal weiter, „denn es macht uns selbst ja auch so viel Spaß“, sagt Arzberger.
Dennoch, das wird im Laufe des Konzerts deutlich: Die Organisatoren und Hausherr Richard Würm, der sein Atelier „Kunstwerke“ zur Verfügung stellt, sind auf der Suche nach Spenderinnen und Sponsoren – und nach jemandem, „der vielleicht einen guten Flügel zur Verfügung stellen kann“.
Doch das alles rückt erst einmal in den Hintergrund, als Arzberger, Riem und Fagottist Dag Jensen das Motto „Gibt dir Energie“ in die Tat umsetzen. Dafür haben sie eine exzellente Werkauswahl getroffen: Felix Mendelssohn Bartholdys Konzertstücke, Robert Schumanns Romanzen und Michael Glinkas Trio Pathétique. Man lässt sich in diese Musik des so wunderbar aufeinander eingestimmten Trios fallen, wird von Spitzentönen aufgefangen und auf die Suche nach der längst verloren geglaubten blauen Blume der Romantik geschickt. Die Instrumente tirilieren und jubilieren, sie umgurren und umgarnen sich, sie sind himmelhoch jauchzend und im nächsten Moment zu Tode betrübt. Arzberger, Riem und Jensen sind echte Könner ihres Fachs, sie brennen für ihre Musik, sind dabei völlig unprätentiös und für jeden Spaß zu haben – auch in ihren amüsant-witzigen Moderationen.
Bei Schumanns Romanzen „Weihnachtsgeschenke an seine Frau Clara“ lassen sie das Gemüt die Gefühlsleiter rauf und runter rasen. Mendelssohn-Bartholdys elegant-gehaltvolle Konzertstücke garnieren sie mit herrlichen Episoden über deren Entstehung, bei der – wirklich wahr – Dampfnudeln und Rahmstrudel eine entscheidende Rolle spielten. Bei Glinkas Trio Pathetique, einem der ganz raren Stücke der Musikliteratur für Fagott, Klarinette und Klavier, ging es mindestens so pathetisch-dramatisch zu wie in einer Verdi-Oper und in den Pausen konnte man Bemerkungen wie diese hören: „Ich bin eigentlich ein Kunstbanause, aber das hier gefällt mir, und ich komme wieder.“ Auch Maler Wurm sagte: „Das hier geht mir ganz tief ins Innere rein“. Nicht nur ihm kann man da nur anfügen.