Polizei löst Nakba-Demonstration am Südstern auf | ABC-Z

Berlin. Das Oberverwaltungsgericht kassiert ein Urteil zu einer Palästina-Demo. Bei einer Veranstaltung am Südstern gab es Ausschreitungen.
Es ist der Rückzug vom Rückzug: Informationen der Berliner Morgenpost zufolge durfte ein pro-palästinensischer Demonstrationszug durch Neukölln nicht stattfinden. Das entschied das Oberverwaltungsgericht und kassierte damit ein Urteil der Vorinstanz. Stattdessen gab es am Donnerstag eine Kundgebung am Südstern in Kreuzberg.
Am Nachmittag versammelten sich dort etwa 1100 Menschen. Die Veranstaltung verlief bis zum späten Nachmittag laut Polizei zunächst friedlich. Die Situation eskalierte, als Demonstrierende einen rechten Influencer angingen. Die Polizei nahm vereinzelt Teilnehmer fest, die sich nicht zurück an den Ort der Kundgebung begeben wollen. Gegen 18 Uhr fuhr die Polizei einen Wasserwerfer an die Kundgebung heran.
Die Stimmung während der Demonstration war aggressiv.
© dpa | Christophe Gateau
Polizei löst Versammlung am Südstern auf
Die Stimmung wurde im Verlauf zunehmend aggressiver, es kam zu Flaschenwürfen auf Einsatzkräfte. Immer wieder kam es zu Gerangel und Auseinandersetzungen, wenn die Polizei Demonstranten aus der Kundgebung zog. Ein Polizist wurde durch Tritte verletzt und musste behandelt werden. Es gab zahlreiche Festnahmen. Die Polizei löste die Versammlung schließlich auf.
Das Berliner Verwaltungsgericht hatte zuvor einer Klage stattgegeben, wonach der pro-palästinensische Demonstrationszug „Nakba 77“ doch vom Südstern in Kreuzberg über die Hasenheide, den Hermannplatz und die Sonnenallee bis zum gleichnamigen S-Bahnhof in Neukölln ziehen darf. Das teilte das Gericht, das in einem Eilverfahren zugunsten des Veranstalters entschied, in einer Mitteilung mit. Die Berliner Polizei hatte nur eine stationäre Kundgebung zulassen wollen, da Erfahrungen aus der Vergangenheit gezeigt hätten, dass es gerade in Versammlungen in Bewegung häufiger zu Straftaten durch die Teilnehmer kommen würde.

Bei der propalästinensischen Demonstration gibt es vereinzelt Tumulte und Festnahmen durch die Polizei.
© dpa | Christophe Gateau
Das sah das Verwaltungsgericht anders. Das Verbot eines mobilen Protestzugs durch die Berliner Polizei beurteilte es als unverhältnismäßig. Die Versammlungsfreiheit schütze „auch das Recht, über die Modalitäten einer Versammlung zu entscheiden, also auch darüber, ob die Versammlung ortsfest oder als Aufzug stattfinden soll“, heißt es in der Entscheidung. Für den Protestzug werden knapp 1000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer erwartet. Bis April 2025 wurden insgesamt 1716 Straftaten bei propalästinensischen Kundgebungen in Berlin seit dem Überfall der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 erfasst.
Verwaltungsgericht: Polizei kann ihre Behauptung nicht beweisen
Kein Argument für das Verwaltungsgericht. „Die Annahmen der Polizei zum Unterschied zwischen ortsfesten Kundgebungen und Aufzügen bei pro-palästinensischen Versammlungen sind im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung nicht hinreichend belegt“, urteilten die Richter.
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Es sei nicht ersichtlich, dass vergangene pro-palästinensische Aufzüge bei ortsfester Durchführung erheblich störungsfreier verlaufen wären. Zudem könne auch nicht allgemein davon ausgegangen werden, dass ortsfeste pro-palästinensische Kundgebungen im Durchschnitt eher störungsarm verlaufen würden. Ein Urteil, das der Polizei auch in Zukunft Probleme bereiten könnte. Gegen den Beschluss hatte die Polizei Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg eingelegt. Der Beschwerde wurde nun durch die höhere Instanz stattgegeben.
Nakba-Tag soll an die Vertreibung der Palästinenser erinnern
Der Nakba-Tag am 15. Mai geht auf das Jahr 1948 zurück. Damals verloren im arabisch-israelischen Krieg nach Schätzungen rund 700.000 Palästinenserinnen und Palästinenser ihr Zuhause durch Flucht und Vertreibung. Heute leben im Nahen Osten mehr als sieben Millionen Palästinenser, von denen viele bis heute in der dritten oder vierten Generation staatenlos sind.
Das Hilfswerk der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge im Nahen Osten (UNRWA) unterstützte 2024 nach eigenen Angaben fast sechs Millionen Menschen, die auf 58 Flüchtlingslager unter anderem im Libanon, in Jordanien, Syrien, im Gaza-Streifen und dem Westjordanland leben. Mit der Nakba – arabisch für Unglück oder Katastrophe – soll daran erinnert werden.