CNN-Team hinters Licht geführt: Aus Gefängnis befreiter Syrer war Mitglied des Geheimdienstes | ABC-Z
CNN-Team hinters Licht geführt
Aus Gefängnis befreiter Syrer war Mitglied des Geheimdienstes
17.12.2024, 10:03 Uhr
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Auf den Sturz des Assad-Regimes folgen zahlreiche, oft emotionale Gefangenenbefreiungen. Eine davon ist medial besonders präsent, weil ein US-TV-Team live dabei ist. Allerdings ergeben Recherchen, dass der Befreite nicht der ist, der er vorgibt zu sein. Er hat offenbar eine dunkle Geschichte.
Eine zunächst rührselige Geschichte um eine Gefangenenbefreiung in Syrien hat nach Recherchen eine überraschende Wende bekommen. Ein aus einem Gefängnis Befreiter, der angab, von der Regierung inhaftiert worden zu sein, stellt sich demnach als Oberleutnant des syrischen Luftwaffengeheimdienstes heraus.
Ein Team des US-Senders CNN, unter anderem mit der namhaften Reporterin Clarissa Ward, begleitete im Zuge des Sturzes des Assad-Regimes in Syrien Kämpfer der islamistischen HTS. Diese befreiten, nachdem sich die syrische Armee ergeben hatte und Diktator Assad gen Russland geflohen war, zahlreiche Menschen aus Gefängnissen, so auch am 12. Dezember. Eigentlich suchte das CNN-Team nach Spuren des vermissten US-Journalisten Austin Tice. Sie fanden aber etwas anderes.
Gefangener gibt sich als Adel Gharbal aus
Das Fernsehteam ist dabei, als eine Inhaftierungszelle in Damaskus aufgebrochen wird. Darin befindet sich nur ein Häftling, und der versteckt sich unter einer Decke. Er gibt sich irritiert, behauptet, nichts vom Sturz Assads mitbekommen zu haben. Sein Name sei Adel Gharbal (oder Adel Ghurbal) und er sei drei Monate zuvor verhaftet worden. Nur wenige Tage vor seiner Befreiung soll er in diese Haftanstalt verbracht worden sein, so der Mann. Die HTS-Kämpfer, die die Befreiungen vornahmen, übergaben ihn später dem syrischen Roten Halbmond, schreibt CNN. Danach verliert sich die Spur des Mannes. Die Hilfsorganisation soll später ein Bild in sozialen Medien gepostet und mitgeteilt haben, dass Verwandte ihn aufgenommen hätten. Sein Aufenthaltsort sei unbekannt.
Recherchen der syrischen Plattform verify-sy.com ergaben mittlerweile jedoch ein anderes Bild. So war der Mann zwar tatsächlich inhaftiert, jedoch weder seit drei Monaten, noch als Gefangener des Assad-Regimes. Im Gegenteil. Das Rechercheteam fand heraus, dass er aus Homs stamme. Das lasse sich unter anderem durch den Akzent, mit dem er im CNN-Video sprach, belegen, so verify-sy. Allerdings sei sein Name nicht Adel Gharbal oder Adel Ghurbal, sondern Salama Mohammad Salama. Bei ihm soll es sich um einen Leutnant im Geheimdienst der Luftwaffe handeln.
Bild-Erkennungssoftware überführt ihn
Belege soll es mehrere geben. Zunächst übergaben Bewohner des Bayada-Viertels in Homs dem Rechercheteam ein Foto, das Salama zeigen soll. Darauf ist ein Mann zu sehen, der in Militäruniform hinter einem Schreibtisch eines Regierungsbüros sitzt. Eine Gesichtserkennungs-Software soll eine 99-prozentige Übereinstimmung mit Salama ergeben haben.
Damit nicht genug, sollen weitere Recherchen in Homs den Verdacht erhärtet haben. So soll Salama unter dem Namen “Abu Hamza” bekannt gewesen sein. Nach Aussagen einiger Bewohner des Bayada-Viertels, soll er oft an einem Kontrollpunkt am Westeingang des Viertels stationiert gewesen sein. Er soll diesen und weitere Kontrollpunkte sogar geleitet haben. Der besagte Sicherheitspunkt soll für seine Misshandlungen berüchtigt gewesen sein. Zudem soll es dort zu Nötigung, Diebstahl und Erpressung gekommen sein, berichten Anwohner.
Und genau dieser Punkt soll auch zu Salamas Inhaftierung geführt haben. Denn die, so verify-sy, geht auf einen Streit mit einem ranghöheren Offizier zurück. Dabei soll es um Gewinnbeteiligung an erpresstem Geld gegangen sein. Salama setzte sich nicht durch und landete in einer Zelle – allerdings nicht drei Monate zuvor, wie er behauptete, sondern einen Monat.
Das Rechercheteam grub allerdings noch ein wenig tiefer und förderte zutage, dass Salama vor zehn Jahren an Militäraktionen beteiligt gewesen sein soll. Er soll 2014 in Homs Zivilisten getötet oder inhaftiert haben. Im Gefängnis soll er dann für Folterungen verantwortlich gewesen sein. Nach Angaben von verify-sy sollen die Männer teils wahllos in Haft gekommen sein, teils weil sie kein Bestechungsgeld haben zahlen wollen.
Ähnlich wie CNN berichtet auch verify-sy, dass derzeit keine Spur zu Salama führe. Das liege unter anderem auch daran, dass er sämtliche Konten in sozialen Medien deaktiviert und seine Telefonnummer gelöscht habe.