Wirtschaft

Christlich Demokratische Union: Es fehlt eine klare Vorstellung, wie Deutschland seinen Wohlstand sichern kann | ABC-Z

Die neue Wirtschaftsagenda der CDU setzt als zentrales Versprechen auf Steuersenkungen. Doch diese verlieren in einem hochgradig ineffizienten System wie dem Deutschen ihre Wirkung, meint Gastautor Jochen Zimmermann. Bei weiteren inhaltlichen Fragen bleibt die Partei auffallend blass.

Das jüngst als Agenda 2030 in Hamburg beschlossene Wirtschaftsprogramm der CDU setzt auf ein zentrales Versprechen: Steuersenkungen. Sie gelten als wesentliche Stellschraube, Deutschlands wirtschaftliche Probleme zu lösen. Bei weiteren inhaltlichen Fragen bleibt das Programm auffallend blass.

Es fehlt an einer klaren Vorstellung, wie Deutschland seine Wettbewerbsfähigkeit langfristig stärken und den Wohlstand sichern kann. Die CDU liefert ein Konzept, das wie ein Echo aus den 1990er-Jahren wirkt: Steuerlast senken und alles wird gut. Doch dieser Sprung ist zu kurz.

Steuersenkungen, die mehr Netto vom Brutto versprechen, sind ein wichtiger Hebel, um die Eigenverantwortung der Bürger zu stärken und wirtschaftliche Dynamik zu fördern. Das ist grundsätzlich richtig. Doch diese Wirkung tritt nur ein, wenn die ökonomischen Rahmenbedingungen intakt sind. In einem Umfeld, das durch überbordende Regulierung und politische Preiseingriffe geprägt ist, verpufft dieses Potenzial.

So hilft eine Steuersenkung für Unternehmen wenig, wenn hohe Energiekosten oder starre Vorgaben die Rentabilität untergraben und Investitionen hemmen. Ebenso scheitert die Stärkung der Konsumnachfrage, wenn politische Eingriffe den Wettbewerb verzerren. Die Fixierung der CDU auf Steuersenkungen ist ein Rezept, das in einem hochgradig ineffizienten System seine Wirkung verliert.

Inzwischen liegen die größten Herausforderungen nicht in der Frage, wie hoch die Steuerlast ist, sondern in der systematischen Unterminierung der Marktwirtschaft. Eigentum und Freiheit, die Grundpfeiler einer funktionierenden Wirtschaft, werden durch immer neue Regulierungen und Eingriffe bedroht.

Das Ende der wohlfahrtssichernden Marktwirtschaft

Die immer wieder beschworene Ordnungspolitik sieht in der politischen Ordnung des Markts zurecht eine wesentliche Rolle. Heute jedoch ist diese Ordnung zu einem Netz aus Vorschriften missraten, das wirtschaftliche Freiheit einengt.

Das ist die Wiederholung der Geschichte in anderem Kleid: Griff der Sozialismus direkt das Eigentum an, geschieht dies heute subtiler, durch Einschränkungen der Besitzbewirtschaftung, die das Eigentum schrittweise entwerten. Das Ergebnis ist das Ende der wohlfahrtssichernden Marktwirtschaft, die es ohne Eigentum und Freiheit nicht geben kann.

Ein Blick auf aktuelle Regulierungen zeigt, wie tiefgreifend die Eingriffe bereits sind. Das Gebäudeenergiegesetz erzwingt kostenintensive Investitionen, die wirtschaftliche Handlungsfreiheit massiv einschränken. Es greift direkt in die Verfügungsmacht der Eigentümer ein. Unternehmen werden im Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz verpflichtet, umfassende Prüfungen ihrer Lieferketten durchzuführen, was insbesondere kleinere Betriebe belastet.

Mietpreisbremse und weitere Eingriffe reduzieren die Anreize für Investitionen in den Wohnungsbau und schaden langfristig dem Wohnungsmarkt. Und schließlich verzerren mit CO₂-Bepreisung und Emissionshandel politisch gesetzte Preise den Markt, da sie Knappheiten nicht mehr abbilden, sondern politisch gewünschte Zustände schaffen sollen.

Diese Beispiele verdeutlichen, dass Regulierungen zunehmend die Handlungsfreiheit und Verfügungsgewalt über Eigentum beschneiden – ein Angriff auf die Grundprinzipien der Marktwirtschaft.

Versprechen von Bürokratieabbau als Ablenkungsmanöver

Die wachsende Neigung zur Regulierung zeigt sich in einer Überforderung des Markts durch staatliche Eingriffe. Die Dynamik haben die Angelsachsen in einen Witz gefasst: „Wenn sich etwas in der Wirtschaft bewegt, besteuere es; wenn es sich immer noch bewegt, reguliere es; und wenn es trotzdem noch zuckt, verbiete es.“

Dieser bittere Humor verdeutlicht die Gefahr: Mit immer neuen Regeln und Steuern treibt der Staat wirtschaftliche Aktivität an den Rand der Erstickung. Nicht jede Regulierung ist per se schädlich; es kommt auf das Verhältnis von Freiheit und Vorschrift an.

Aber verspricht nicht die CDU einen großen Bürokratieabbau? Dieses Versprechen erweist sich bei genauer Betrachtung als Ablenkungsmanöver. Schon Max Weber betonte die positive Funktion von Bürokratie: Sie sorgt für Rationalität, Berechenbarkeit und Professionalität.

Eine funktionierende Verwaltung ist keine Last, sondern eine Stütze der Marktwirtschaft. Das wirkliche Problem liegt nicht in der Existenz von Regeln, sondern in deren Zielsetzung.

Solange politische Preiseingriffe und marktverzerrende Regulierungen akzeptiert werden, bleibt die Diskussion über Bürokratieabbau oberflächlich und irrelevant. Die CDU muss sich entscheiden: Will sie die Prinzipien der Marktwirtschaft verteidigen oder die Transformation vorantreiben, die Eigentum und Freiheit weiter einschränkt?

Solange die Partei an politischen Preiseingriffen und einer regulierten Marktwirtschaft festhält, bleibt ihre Agenda 2030 nichts weiter als ein wahlkämpferisches Placebo.

Deutschland braucht keine Rückkehr zu den 1990er-Jahren, sondern eine mutige Politik, die Eigentum, Freiheit und Wettbewerb in den Mittelpunkt stellt – für eine echte Stärkung der Sozialen Marktwirtschaft.

Jochen Zimmermann ist Professor an der Universität Bremen und hat dort den Lehrstuhl für Allgemeine BWL, Unternehmensrechnung und Controlling.

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