Chris Hemsworths Film „Ein unvergesslicher Roadtrip“ mit seinem an Demenz erkrankten Vater Craig | ABC-Z

Nach einer faszinierenden Idee klingt „ein unvergesslicher Roadtrip“ allemal: Darin geht der Schauspieler Chris Hemsworth – bekannt als Darsteller des übernatürlich bemuskelten Marvel-Superhelden Thor – mit seinem Vater auf eine nostalgische Reise durch das heimatliche Australien. Die beiden wollen Erinnerungen an vergangene Zeiten wach werden lassen, denn Craig Hemsworth, 71, leidet an Alzheimer im Frühstadium.
Chris und Craig wollen nicht nur wertvolle Zeit miteinander verbringen, sondern sich auch einer „Reminiszenz-Therapie“ unterziehen, die darauf abzielt, die Krankheit durch intensive Beziehungsarbeit und dem Aufruf von Erinnerungen zu bremsen. Das zumindest sagt Dr. Suraj Samtani, bei dem Chris Hemsworth sich Rat holt. Zwischenmenschliche Verbindungen seien wie Sonnenschein für das Gehirn, und Menschen, die sie pflegen, könnten ihr Demenz-Risiko halbieren. Samtani forscht am Centre for Healthy Brain Ageing an der University Of New South Wales über das Altern des Hirns und kommentiert die Reise der beiden aus wissenschaftlicher Sicht.
Craig hat stets ein Lächeln im Gesicht
Chris Hemsworth fungiert als Erzähler und ist selbst mit einer Handkamera unterwegs. Sein Vater erscheint als überaus liebenswürdiger und vitaler Mann mit einem stillen Lächeln im Gesicht, der willig mitmacht, und so knattern die beiden auf Motorrädern über staubige Straßen, besuchen Schauplätze aus Chris’ Kindheit, palavern mit alten Weggefährten von Craig und blättern in Fotoalben der Familie – weil, wie Dr. Samtani in Einblendungen enthusiastisch betont, all dies „Muskeltraining fürs Hirn“ ist. Das Ganze ist von Darren Aronofsky, der mit Filmen wie „The Wrestler“ und „Black Swan“ sowie mit National-Geographic-Dokumentationen wie „One Strange Rock“ und „Limitless“ auf sich aufmerksam gemacht hat, berückend in Szene gesetzt. All die Aufnahmen von der Idylle des australischen Hinterlands stehen freilich in krassem Kontrast zu einer Krankheit, die einem Menschen Stück um Stück die Fähigkeit nimmt, Bilder aufzurufen und sinnvoll miteinander zu verknüpfen.
Als die Krankheit im Verlauf des Trips Craig Hemsworths Erinnerung oder seine Fähigkeit, alte Freunde zu erkennen, plötzlich eintrübt, rückt Chris ins perfekt ausgeleuchtete Bild und formuliert mit stockender Stimme, wie schmerzlich diese Momente sind. Das ist bewegend: Hier ist der lockere Hollywoodstar auf einmal ganz verletzlich. Aber ob die Veröffentlichung solcher sehr privaten Momente Craig Hemsworth und dem Rest der Familie dienlich ist, wagen wir zu bezweifeln. Auch Chris_ Mutter Leonie, mit der Craig seit 44 Jahren verheiratet ist, ist am Rande dabei; Chris‘ Brüder Luke und Liam, die ebenfalls Schauspieler sind, tauchen in Kinder- und Jugendfotos auf.
Viele berühmte Menschen haben ein ambivalentes Verhältnis zur Grenze zwischen dem Öffentlichen und dem Privaten. Chris Hemsworth betont, wie schwer es ihm fällt, seinen Vater auf seine Ängste im Hinblick auf die Krankheit anzusprechen, und als er es schließlich tut, ist nicht die Frage, sondern die Anwesenheit der Kamera peinlich. Man fühlt sich zum Voyeur einer intimen Situation zweier Menschen gemacht. Bei seiner letzten Zusammenarbeit mit Aronofsky, der Doku „Limitless“ über den Traum der Langlebigkeit, erfuhr Chris Hemsworth, dass er ebenfalls ein genetisch erhöhtes Risiko hat, an Alzheimer zu erkranken.
Die Hoffnung, die Craig Hemsworth hier zum Ausdruck bringt, dass durch den Film anderen geholfen werden könnte, ist ein beachtenswertes Argument, und vielleicht ist dies auch ein Stück Selbstermächtigung. Aber nicht Craig erzählt, sondern sein berühmter Sohn, der fraglos das Beste für seinen Vater im Sinn hat und doch einen Balanceakt vollführen muss, um die Würde seines Vaters zu wahren. Demenz ist schließlich eine Krankheit, die die kognitiven Fähigkeiten eines Menschen angreift und damit auch die Entscheidungsfähigkeit.
Chris Hemsworth sagt, sein Vater sei im Verlauf der gemeinsamen Reise immer offener, lebhafter und engagierter geworden. Man wünscht dieser Familie von Herzen das Beste, und auch, dass der Respekt vor dem Privaten, Intimen, Nicht-Öffentlichen in einer Welt, in der schrankenlose Selbstdarstellung Konjunktur hat, erhalten bleibt.
Chris Hemsworth: Ein unvergesslicher Roadtrip läuft an diesem Montag um 21.45 Uhr und am Dienstagmorgen um 10 Uhr bei National Geographic und von Dienstag an auch bei Disney+ im Stream.





















