Chloe Malle übernimmt US-„Vogue“: Neue Ära nach Anna Wintour | ABC-Z

Als im Juni bekannt wurde, dass Anna Wintour nach fast 40 Jahren an der Spitze der amerikanischen „Vogue“ zurücktritt, nahmen die Gerüchte überhand. Die schönste Wendung nahm die Nachfolgedebatte, als es hieß, Jeff Bezos könne den Condé-Nast-Verlag kaufen und seine frischgebackene Ehefrau Lauren Sánchez Bezos als Chefredakteurin einsetzen. Solche Geschichten lasen sich zwar spannender als Designerporträts in der „Vogue“ – aber noch luftiger.
Nun sind alle Spekulationen vorbei. Am Dienstag teilte der New Yorker Verlag mit, dass Chloe Malle den wichtigsten Posten aller Modezeitschriften der Welt übernehmen wird. Auch diese Geschichte klingt wie ausgedacht. Denn die Neununddreißigjährige ist die Tochter berühmter Eltern: Ihr Vater ist der französische Nouvelle-Vague-Regisseur Louis Malle, der schon 1995 gestorben ist, ihre Mutter die amerikanische Schauspielerin Candice Bergen – die witzigerweise in der Serie „And Just Like That“ wie schon in „Sex and the City“ die „Vogue“-Chefin mit dem eisigen Namen Enid Frick spielt, also ihrer Tochter als Vorbild dienen kann.
Chloe Malle ist nicht nur familiär auf den so glamourösen wie schwierigen Job vorbereitet. Sie studierte Komparatistik an der Sorbonne und der Brown University, begann ihre Karriere beim „New York Observer“ und kam schließlich 2011 als „Social Editor“ zur „Vogue“. Als eine der wenigen Chefinnen der Modezeitschrift, die in 28 Länderausgaben erscheint, ist sie also als Autorin ausgewiesen – viele qualifizieren sich vor allem als Stylistinnen für die Aufgabe.
„Niemand wird Anna ersetzen“
Chloe Malle, die verheiratet ist und zwei Kinder hat (geboren 2020 und 2022), ist schon deshalb eine gute Besetzung, weil sie viele gesellschaftliche Verbindungen mitbringt, Erfahrungen als Online-Redakteurin hat und als Moderatorin des „Vogue“-Podcasts „The Run-Through“.
Außerdem zeichnet sich die Neununddreißigjährige dadurch aus, dass sie ihre künftigen Kompetenzen realistisch einschätzt: „Die Wahrheit ist, dass niemand Anna ersetzen wird“, sagte sie der „New York Times“ am Dienstag. Das stimmt schon deswegen, weil Malle offiziell nur den Titel „Head of Editorial Content“ bekommt, während die 75 Jahre alte Anna Wintour als Herausgeberin weiterhin über die „Vogue“ und weitere Zeitschriften des Verlags wacht und auch ihr Büro im One World Trade Center behält. Wintour sagte am Dienstag zu ihren Mitarbeitern, sie selbst sei „die Mentorin“ und „die Schülerin“ ihrer Nachfolgerin.
Rechtzeitig zur Modesaison, die in der kommenden Woche mit der New York Fashion Week beginnt, herrscht nun endlich Klarheit im Condé Nast-Verlag – und in der Modeszene von Manhattan, die im Vergleich zu Mailand und Paris zuletzt stark zurückgefallen ist. Zuviel Illusionen über einen Neustart als Modestadt sollte man sich in New York aber nicht machen: Chloe Malle, die Französisch spricht und ihre Sommer im Ferienhaus der Familie in Frankreich verbringt, wird sicher mindestens so gern und so oft in Paris sein wie ihre Vorgängerin.