China: Erster Kampfjet mit drei Triebwerken? Große Aufregung um Premierenflug | ABC-Z
In China taucht aus dem Nichts ein neues Kampfflugzeug im Luftraum auf. Experten vermuten den Premierenflug eines supermodernen Kampfjets der sogenannten 6. Generation. Das Modell hätte viele Besonderheiten – und könnte sogar im Weltraum genutzt werden.
Der Zeitpunkt ist sicher kein Zufall. Am Geburtstag des ehemaligen chinesischen Staatspräsidenten Mao Tse-tung ist am helllichten Tag ein neues einzigartiges Kampfflugzeug in der Nähe des Flugzeugherstellers Chengdu Aircraft Corp. im Luftraum aufgetaucht. Bilder in sozialen Netzwerken zeigen offensichtlich ein ultramodernes Tarnkappenmodell der sogenannten 6. Generation beim Premierenflug. Das Flugzeug weist viele Besonderheiten auf. Peking will Kampfjets entwickeln, die bis in den Weltraum aufsteigen.
Der Fachdienst defensemirror.com und andere Experten vermuten nach den vorliegenden Aufnahmen den ersten modernen Kampfjet mit drei Triebwerken. Das Modell hat kein klassisches Seitenleitwerk, was ihm besondere Tarneigenschaften gegen eine Entdeckung per Radar verleiht. Der Branchendienst theavionist.com verweist allerdings darauf, dass es sich womöglich nicht um den Kampfjet der 6. Generation, sondern um den neuen Tarnkappen-Bomber JH-XX handeln könnte. Die Analyse gestaltet sich schwierig, zunächst gab es keine offiziellen Angaben aus Peking.
Bislang waren die USA die Nation, die im Geheimen neuartige Militärflugzeuge entwickelten. Der größte US-Rüstungskonzern Lockheed Martin hat eine eigene Abteilung mit dem Namen Shunk Works für streng geheime Projekte. Mit dem Auftauchen des neuen China-Militärmodells zeigt Peking, dass ihre Ingenieure nicht mehr hinterherhinken. Zwar arbeiten US-Rüstungskonzerne auch an einem neuen Kampfjet der 6. Generation. Ein Modell ist aber noch nicht geflogen – zumindest gibt es keine Fotos.
Für Gesprächsstoff in Militärblogs sorgt die Spekulation über drei Triebwerke bei dem Modell, das vermutlich Mehrzweckaufgaben haben soll. Mit drei Triebwerken wären eine höhere Geschwindigkeit, größere Wendigkeit und einzigartige Flugmanöver möglich. Außerdem würde die Zahl der Triebwerke mehr Sicherheit bieten. Würde nur ein Triebwerk genutzt, wären treibstoffsparende Langstreckenflüge möglich. Zum Vergleich: Der US-Tarnkappenjet F-35, den auch die deutsche Luftwaffe bestellt, hat ein Triebwerk. Der Eurofighter oder das stärkste US-Kampfflugzeug F-22 sowie zahlreiche russische Kampfjets haben zwei Triebwerke.
Aufnahmen vom Premierenflug zeigen, wie das Modell vom ersten chinesischen Tarnkappenjet J-20 begleitet wurde, einem hochmodernen Kampfjet der sogenannten 5. Generation. Dass China an einem Modell der 6. Generation arbeitet, ist seit Jahren bekannt. Das Vorhaben trägt den Namen „White Emperor“ (deutsch: Weißer Imperator) oder Baidi. Dahinter steht das Ziel Pekings, sowohl den Luftraum als auch den erdnahen Weltraum zu dominieren.
Nach bisherigen Angaben soll das Modell mit Überschallgeschwindigkeit fliegen können, kurzzeitig die Erdatmosphäre für Weltraumoperationen durchbrechen, über moderne Tarnkappenfähigkeiten verfügen und große Waffenschächte im Rumpf haben. Künstliche Intelligenz soll einen autonomen Flug und die Begleitung durch Drohnen ermöglichen.
2019 bestätigte der Chefdesigner des großen Luftfahrtkonzern Chengdu (CAC) das Vorhaben. Anfangs gab es acht unterschiedliche Designs, von deren dann vier im Windkanal getestet wurden. Der CAC-Dachkonzern AVIC arbeitete an einem Konzept mit einem Deltaflügel, also in Form eines Dreiecks, die sich besonders für den Überschallflug eignen.
Auf der Zhuhai Luftfahrtmesse im November zeigten die Chinesen zwar ein Modell, wie ein Kampfjet der 6. Generation aussehen könnte. Doch das jetzt im Flug aufgetauchte Modell hat damit wenig Ähnlichkeit und ist wohl auch größer. In Kurznachrichten auf X wird die Länge des neuen Modells auf bis zu 25 Meter geschätzt, in manchen Kommentaren sogar auf 30 Meter und 20 Meter Spannweite sowie sechs Tonnen Waffenladung über 6.000 Kilometer Reichweite. Das China-Modell wäre damit größer als Amerikas leistungsstärkstes Modell F-22.
Gerhard Hegmann schreibt für WELT über Rüstung, Luft- und Raumfahrt und Militär.