Kultur

Chemnitz als Europas Kulturhauptstadt: Wie politisch sind Ostzone-Garagen? | ABC-Z






Als Agnieszka Kubicka-Dzieduszycka, Kuratorin und Kulturmanagerin, vor zweieinhalb Jahren nach Chemnitz zog, hatte sie mit Garagen nichts am Hut. Heute aber spricht sie zärtlich über alte DDR-Garagen und vor allem über die Leute, die sie dort kennengelernt hat. Zum Teil schon, während sie noch auf ein Auto warteten, bauten diese Menschen Garagen, die sich zu Rückzugsräumen vor der SED-Diktatur entwickelten. „Nischen da, wo der Staat nichts anzubieten hatte“, sagt Kubicka-Dzieduszycka. Die Polin aus Breslau, polnisch Wroclaw, ist Kuratorin eines der zentralen Projekte der Kulturhauptstadt Europas, die mit einer Feier am 18. Januar eröffnet wird. Es nennt sich „3000 Garagen“.

Die Garagen-Gemeinschaften haben sich bis heute gehalten. Mit ihren Mitstreiterinnen zog Kubicka-Dzieduszycka los, mit heißem Kaffee und Würstchen, um sie für ihr Projekt zu gewinnen. Ihrer Bitte um Leihgaben begegneten die Vereinsmitglieder erst mit Skepsis. Dann erzählten sie von Wochenenden, an denen an Garagen und Autos gebastelt wurde und man ein Bier mit den Nachbarn trank. Die Ge­spräche über die Garagen und das, was dort heute noch lagert, führten stets zu persönlichen Geschichten. Einer bewahrt das alte Faltboot seiner Eltern dort auf. Ein anderer hat in der Garage eine Art Fußballaltar errichtet, der die Kickerkarriere seines Sohnes nachzeichnet. So kam Kubicka-Dzieduszycka dann doch zu ihren Ausstellungsstücken – und beteiligte gleichzeitig die Chemnitzer am Projekt Kulturhauptstadt.








Chemnitz liegt am Rand der Republik, im Südwesten Sachsens. Die drittgrößte Stadt des Freistaats mit 250.000 Einwohnern steht im Schatten von Dresden und Leipzig, in denen jeweils mehr als doppelt so viele Menschen wohnen. Dabei hat Chemnitz viel zu bieten, gerade wenn es um Kultur geht. Es gibt Oper, Ballett, Schauspiel und eine Philharmonie, alles auf hohem Niveau. Es gibt die Kunstsammlungen mit den Werken des bedeutenden Expressionisten Karl-Schmidt-Rottluff, dessen Chemnitzer Elternhaus nun denkmalgerecht saniert wird. Und es gibt die „Niners“, die Chemnitzer Basketballmannschaft, die in der Bundesliga spielt und dieses Jahr einen Europapokal gewonnen hat.








Dennoch ist die Stadt ein Geheimtipp geblieben. Sie gilt als grau und langweilig, kein Ort, in die es Touristen zieht, zumal die Zugverbindung so schlecht ist wie sonst nur ins rheinland-pfälzische Trier. Die Vokabel abgehängt passt gut dazu. Nicht beachtet zu sein, nicht gehört und gesehen zu werden, ist ein verbreitetes Gefühl. „C the Unseen“, das Ungesehene sehen, lautet das Motto der Kulturhauptstadt – das „C“ steht für Chemnitz. Es könnte auch bedeuten, das zu sehen, was unter der Oberfläche passiert.

Dazu passen auch die Garagen-Schätze. Ein Teil der Exponate ist in einer Installation des Künstlers Martin Maleschka im Chemnitzer Fahrzeugmuseum zu sehen, einer ehemaligen Hochgarage. Alle Einzelteile, von der Simson-Bremsleuchte in der Originalverpackung von 1963 bis zur „Fußballwoche“ aus dem Jahr 1984, sind in einem Katalog aufgeführt. Die Besucher können die Angaben dazu handschriftlich korrigieren, etwa wenn das Bauteil eines Trabant-Blinkers falsch bestimmt wurde. Kati Witt, Eiskunstlaufstar der DDR und Tochter der Stadt, hat das Nummernschild ihres alten Ladas ausgeliehen: „TKW1-11“. Die zwei Einsen standen für die olympischen Goldmedaillen, die sie gewann. Der frühere Regionalleiter der Mitropa hat das berühmte Kaffeekännchen der Serie „Rationell“ beigesteuert, die meistverkaufte Kaffeekanne der Welt, nicht tropfend und stapelbar. In seiner Garage lagern noch 200 Kännchen. Auch eine Mundharmonika hat den Weg in die Installation gefunden: „VIII. Pioniertreffen 1988“ ist in den Metallaufsatz eingraviert; es war das letzte.




Das Museum für sächsische Fahrzeuge in den historischen Stern-Garagen: Hier stellt auch Martin Maleschka aus.




Die Fotografin Maria Sturm, die aus Rumänien stammt, hat 164 Männer und Frauen aus den Garagen-Gemeinschaften fotografiert. 50 Einzelporträts werden in Geschäften der Stadt von nächster Woche an zu sehen sein. Die Porträtierten sollen demnächst die Inhaber der Läden persönlich kennenlernen. Im Sommer wird es für die Besucher der Stadt einen Garagen-Parcours mit zehn Stationen geben.

Es gehe um die Kultur des Zusammenlebens, sagt Stefan Schmidtke. Der 1968 geborene Dramaturg ist als Geschäftsführer der „Kulturhauptstadt Europas Chemnitz 2025 GmbH“ für das Programm zuständig. In der sanierten Hartmannfabrik, die von der kommenden Woche an als Besucherzentrum dienen wird, präsentiert er ein 400 Seiten starkes Buch mit allen Veranstaltungen, Ausstellungen, Konzerten und Workshops. Das Jahr solle möglichst viele Leute in einen Diskurs bringen, die keine Kulturschaffenden seien, beschreibt Schmidtke das Ziel. Die großen Stars müsse man nicht verpflichten, die kämen von allein.








Schmidtke hat in den 1990er-Jahren in Moskau Regie studiert, dann an vielen Orten von Wien bis Düsseldorf arbeitet. Das alte Misstrauen, das er in seiner Jugend in der DDR im sächsischen Döbeln erlebte, sei in Chemnitz immer noch da, sagt er. Das habe ihn überrascht. Doch lasse sich viel erreichen in einer Stadt, in der noch wenig festgelegt ist. „Mainstream ist hier gar nichts“, sagt er.

Chemnitz gilt nicht nur als graue, sondern auch als braune Stadt. Nachdem Asylbewerber am 25. August 2018 in der Innenstadt einen 35 Jahre alten Deutsch-Kubaner nach einem Streit mit Messer­stichen tödlich verletzt hatten, kam es über mehrere Tage zu gewalttätigen Ausschreitungen. Migranten, Polizisten, Pressevertreter und Passanten sowie ein jüdisches Restaurant wurden angegriffen. Orga­nisiert waren die Demonstrationen von rechtsextremen Hooligans, einen Schweigemarsch am 1. September führten dann AfD-Politiker und Protagonisten von Pegida an. „Wenn eine solche Tötungstat passiert, ist es normal, dass Menschen ausrasten“, sagte der damalige AfD-Vorsitzende Alexander Gauland. Der 83 Jahre alte Po­litiker, der in Chemnitz geboren wurde, kandidiert nun in der Stadt noch einmal für den Bundestag. Die Freien Sachsen, eine rechtsextremistische Partei, die der AfD offiziell zu radikal ist, haben sich vor knapp vier Jahren in Chemnitz gegründet. Sie stellen heute drei von 59 Räten im Stadtrat.




In der sanierten Hartmannfabrik: Hier wird Stefan Schmidtke, Geschäftsführer der Kulturhauptstadt, bald Besucher empfangen.




Für die Bewerbung von Chemnitz als Kulturhauptstadt spielten die Ausschreitungen eine wichtige Rolle. Zwar war der Vorfall schon im ersten Bewerbungsbuch vom Sommer 2019 thematisiert worden, doch die EU-Jury ermutigte die Chem­nitzer, die Spannungen in der Stadt in der nächsten Runde noch stärker herauszuarbeiten. Das zweite Bewerbungsbuch vom August 2020 brachte den Artikel aus der „New York Times“ über die Ausschreitungen in Chemnitz auf der ersten Seite. Drei Monate später bekam Chemnitz den Vorzug vor Nürnberg, Magdeburg, Hannover und Hildesheim; Dresden war schon eine Runde zuvor ausgeschieden.

„Die Ausschreitungen vom Sommer 2018 waren der entscheidende Grund, dass Chemnitz den Titel bekommen hat“, sagt Ulf Bohmann. Der Soziologiepro­fessor an der TU Chemnitz beschreibt die Stadt als „Risiko-Ort“. Die Zahl der Rechtsextremisten sei zwar nicht so groß, dass man sie ohne Weiteres als rechte Hochburg bezeichnen könne. Rechtsex­tremistische Kräfte betrachteten Chemnitz aber als Experimentierfeld, weil sie davon ausgingen, dass sie hier in politikfernen Kreisen Anschluss finden. Kräfte wie die Neonazipartei III. Weg versuchen deshalb, in Chemnitz Fuß zu fassen. Auch das Mordtrio vom „Nationalsozialistischen Untergrund“ (NSU) versteckte sich ab 1998 in Chemnitz und Zwickau. Wenig prominent platziert ist im Programm die Eröffnung eines Dokumentationszen­trums zum NSU-Komplex zu finden, die im Mai stattfinden soll. Insgesamt bescheinigt Bohmann den Chemnitzern ei­ne „Politik-Aversion“. Mit der Antifa wollten die Bürger nicht demonstrieren, lautes Engagement lehnten sie ab.








Die Umbrüche der letzten Jahrzehnte haben viele Städte in Ostdeutschland erschüttert, doch hier wa­ren sie wohl besonders heftig. Vor dem Zweiten Weltkrieg war Chemnitz eine der reichsten Städte Deutschlands. Werkzeug- und Dampfmaschinen, dann Lokomotiven wurden ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts in Chemnitz gebaut, in der Hochindustrialisierung wurde die Stadt ein Zen­trum des Maschinenbaus und der beginnenden Automobilindustrie. Die Fa­brikschlote der Stadt spien so viel Ruß und Abgase aus, dass Chemnitz „sächsisches Manchester“ genannt wurde. Gab es 1850 noch 35.000 Einwohner, so waren es fünfzig Jahre später schon 310.000. Die treibenden Kräfte dieses Wirtschaftswunders waren fast alle Zugewanderte. Mit der Industrie kam die Kultur in die Stadt. Die neuen Reichen holten die aufstrebenden Architekten nach Chemnitz. Erich Mendelsohn baute das Kaufhaus Schocken, das heute das Staatliche Museum für Archäologie (Smac) beherbergt. Gerade wird dort die Ausstellung „Silberglanz und Kumpeltod“ zur Geschichte des Bergbaus im nahen Erzgebirge gezeigt. Schon zwanzig Jahre zuvor hatte der Textilunternehmer Herbert Eugen Esche den belgischen Ar­chitekten Henry van de Velde eine einzigartige Jugendstilvilla bauen lassen, die heute als Museum besichtigt werden kann.

1950 sollte Chemnitz, so die Pläne in den 1920er-Jahren, eine Million Einwohner haben. Doch dazu kam es nicht. Die Nazis vertrieben die jüdischen Unternehmer aus der Stadt. Bei Angriffen im Februar und März 1945 zerstörte die britische Luftwaffe die Innenstadt zu achtzig Prozent. Die DDR-Führung wollte Chemnitz zur sozialistischen Musterstadt machen, sie wurde nun ein bedeutendes Maschinenbauzentrum des Ostblocks. 1953 wurde Chemnitz in Karl-Marx-Stadt umbenannt, zum 70. Todesjahr des Philosophen, der nie in der Stadt war. Die Innenstadt wurde in den Sechziger- und Siebzigerjahren neu gestaltet, diente der Repräsentanz in sozialistischer Ausprägung. Im Oktober 1971 wurde der gigantische, 40 Tonnen schwere Marx-Kopf nach einem Entwurf des sowjetischen Bildhauers Lew Kerbel eingeweiht, von den Chemnitzern alsbald als „Nischel“ bezeichnet, was Kopf oder Schädel heißt. Nach der Wiedervereinigung entstand die Innenstadt zum dritten Mal in 50 Jahren neu. Damals wurden großen Einkaufszentren gebaut.




Ein großes Kulturangebot: das Chemnitzer Opernhaus an der Straße der Nationen




Vielleicht ist es diese Genese von Chemnitz, die es den Einwohnern schwer macht, sich mit ihrer Stadt zu identifizieren. In der Innenstadt, an der Straße der Nationen und der Brückenstraße, wo das Marx-Monument steht, herrscht Leere. Vor allem kleine Grüppchen von Migranten sind unterwegs. 60.000 Einwohner haben nach der Wende die Stadt verlassen. Die Geschichte hat die Chemnitzer zu Skeptikern gemacht. Auf Neues oder Ungewohntes reagieren sie ablehnend, oft in direkter Ehrlichkeit. „Das ist doch Rotz“, lautet eine typische Reaktion in Chemnitz auf ungewöhnliche Vorschläge.

So erzählt es Paul Marcion, ein 34 Jahre alter Ingenieur für Kraftfahrzeugtechnik. Doch die gleichen Leute seien bereit, sich überzeugen zu lassen und dann zu sagen: „Oh ja, das machen wir“. Wenn die Skepsis aufgebrochen sei, „dann erscheint ein herzlicher Typ Mensch“. Marcion trägt Nickelbrille, lange Haare und Vollbart und ist Musiker, wenn er sich nicht gerade um die „Stadtwirtschaft“ kümmert. So heißt ein Gelände auf dem Sonnenberg, einem Stadtteil, wo früher die Arbeiter ansässig waren und heute junge Leute leben. Nun soll auf dem Areal, auf dem ab 1870 die Abfallwirtschaft der Stadt beheimatet war, ein kreatives Stadtteilzentrum entstehen. Neben den alten Gebäuden ist ein Neubau mit einem Veranstaltungssaal für 199 Personen errichtet worden, außerdem gibt es Räume für Ausstellungen, Proberäume für Bands, Workshops und Werkstätten.

Auch Octavio Gulpe arbeitet hier. Er ist vor einigen Jahren aus Dresden zum Pädagogikstudium nach Chemnitz gekommen und geblieben. In Dresden sei er an das große kulturelle Angebot gewöhnt gewesen: „Man geht raus und sucht sich was aus.“ In Chemnitz sei alles verstreut, es gebe kein Szeneviertel, vieles sei auf den ersten Blick nicht sichtbar. Er habe sich deshalb entschlossen, selbst etwas aufzubau­en. Mit anderen jungen Leuten betreibt Gulpe den Verein Bordsteinlobby, der auf öffentlichen Spaziergängen Stadtteile erkundet, ein Festival ausrichtet und das in­teraktive „Chemnetz“ entwickelt hat, eine Karte „der selbst gemachten Stadtkultur“. Eigentlich habe die Stadt viel Potential für einen Aufbruch, finden er und Marcion. Die Mieten sind spektakulär niedrig, es gibt 20.000 leere Wohnungen. Sanierter Wohnraum kostet hier 6,50 Euro pro Qua­dratmeter. Doch wünschen sie sich auch Impulse von außen. Es sei gut, wenn neue Leute in die Stadt kommen und den Chemnitzern Fragen stellen.








Von außen gekommen sind Karoline Wagner und ihr Lebensgefährte, schon vor zwanzig Jahren, und zwar vom anderen Ende der Republik, vom Kaiserstuhl bei Freiburg. Mit Weinen aus Baden und Württemberg haben sie in Chemnitz ihr Glück versucht. Gefunden haben sie es in einer kleinen Weinstube im Stadtteil Kaßberg. Es ist das Gründerzeitareal von Chemnitz, auf dem Berg wohnten einst die Reichen. Heute gehört der bürgerliche Stadtteil mit allerlei Läden und Res­taurants zu den angenehmen Seiten der Stadt. Leicht sei es nicht gewesen, in Chemnitz Fuß zu fassen, sagt Karoline Wagner, deren Sohn im Badischen ein Weingut betreibt. „Am Anfang hatten wir schon das Gefühl, wir werden als Wessis mehr geschnitten als der Grieche oder der Italiener.“ Doch mittlerweile gibt es eine west-ostdeutsche Stammkundschaft in dem kleinen Lokal, in dem es familiär und fröhlich zugeht. Die Freunde aus Chemnitz würden sagen, dass sie ja anders seien als die anderen Wessis. Und manche von diesen anderen Wessis seien tatsächlich schwer erträglich, sagt Wagner. Etwa der pensionierte Richter, der erzähle, dass seine Noten zu schlecht gewesen sein, um im Westen Karriere zu machen.

Von außen nach Chemnitz gekommen ist auch der Mann, der das Konzept der Kulturhauptstadt besonders geprägt hat: Ferenc Czák, ein Deutsch-Ungar, ist in Regensburg aufgewachsen. Er ging nach dem Studium nach Budapest, arbeitete in der Regierung, stieg auf zum Staatssekretär, unter anderem für Kultur. In dieser Funktion war er mit der Bewerbung der Stadt Pécs beschäftigt, die 2010 zusammen mit der Ruhrstadt Essen Kulturhauptstadt Europas war, so wie es in diesem Jahr neben Chemnitz die slowenische Grenzstadt Nova Gorica samt dem ita­lienischen Gorizia ist. Doch unter Victor Orbán wollte Czák nicht mehr arbeiten. Er verließ das Land und fing 2015 als Amtsleiter für den Kulturbetrieb in Chemnitz an. Was der Orbán-Flüchtling nicht wusste: Die damalige Oberbürgermeisterin Barbara Ludwig von der SPD interessierte sich für eine Bewerbung von Chemnitz als Kulturhauptstadt. Czák fand alsbald, dass sich die Sache lohnen würde.

Die Kulturhauptstadt sei letztlich vor allem ein Programm für integrierte Stadt- und Regionalentwicklung. Wichtig sei es aus Sicht der EU, die Region einzubinden. Das ist gelungen, unter anderen durch den „Purple Path“, einen Pfad von Kunstwerken und Installationen, der 38 Kommunen aus Mittelsachsen, Zwickau und dem Erzgebirgskreis verbindet. Durch die Be­tei­ligung des Bunds, des Freistaats Sachsen und der Stadt Chemnitz sowie Förder­mitteln der EU ist ein Budget von rund 130 Millionen Euro entstanden. Den sächsischen Ministerpräsidenten Michael Kretschmer von der CDU hat Czák davon überzeugen können, dass ein Beauftragter für die Kulturhauptstadt in der Dresdner Staatskanzlei angesiedelt sein muss. Und er hat ein Team von 60 Leuten in der Verwaltung gebildet, damit die Entwicklung, die in diesem Jahr angestoßen wird, weitergeht, wenn die Kulturhauptstadt GmbH ihre Arbeit einstellt.




Die Ausschreitungen von 2018 hätten klar gemacht, dass Chemnitz ein Programm brauche, das groß genug sei, um die Probleme zu behandeln. „Die Ängste in der Gesellschaft vor dem Extremismus lagen als europäisches Thema in der Luft“, sagt Czák. Er hat zudem einen Satz geprägt, der im Programm der Kulturhauptstadt auftaucht: Chemnitz sei „eine osteuropäische Stadt in einem westeuropäischen Land“. Czák spricht von einem eisernen Schleier, den es in viele Köpfen noch gebe. Aus der EU sei zwar viel Hilfe für Ostdeutschland wie für die ostmitteleuropäischen Nachbarn geflossen, für Verkehr und Infrastruktur. Aber mit Geld könne man die Köpfe der Leute nicht erreichen. Deshalb sei es der Kern der Bewerbung gewesen, die Bürger durch einen niedrigschwelligen Zugang zu beteiligen – wie bei den Garagen-Gemeinschaften.

Chemnitz sei einst von Leuten entwickelt worden, die sich als „Macher“ verstanden, sagt Czák. Das soll nun wieder im Vordergrund stehen. Die Bilder von 2018 wolle man nicht wegwischen, aber andere Bilder danebenstellen.

Mittlerweile ist viel geschehen, damit Besucher nach Chemnitz kommen. Die Busverbindung vom Flughafen Prag steht, auch die ICE-Verbindung von Berlin. In einer Woche wird es zur Eröffnung ein Programm auf zahlreichen Bühnen geben. Und natürlich einen Festakt in der Oper mit dem Bundespräsidenten und anderen hohen Gästen. Die Freien Sachsen haben eine Demo angekündigt, aber es wird auch eine Gegendemo geben. Am Abend werden dann 200 Freiwillige eine histo­rische Hartmann-Lokomotive durch die Innenstadt ziehen, benannt nach dem Chemnitzer Lokomotivkönig Richard Hartmann. Der war übrigens auch zugewandert, er kam aus dem Elsass.






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