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Chefredakteur über jüdisches Magazin: „Wir schreiben unser Narrativ“ | ABC-Z

Das Studi-Magazin „Eda“ bekommt den Ehrenamtspreis für jüdisches Leben. Chefredakteur Richard Ettinger über den 7. Oktober und vorgeschriebene Rollen.

Mit Memes gegen Antisemitismus: das Magazin „Eda“ von der Jüdischen Studierendenunion Deutschlands Foto: EDA Redaktion

taz: Herr Ettinger, im vergangenen Jahr wurde Eda gegründet. Aus welcher Motivation heraus?

Richard Ettinger: Wir wollen einen kreativen Raum für Jüdinnen und Juden bieten, aber auch für Nichtjuden, die auch für uns schreiben dürfen. Es ist ein Ort, an dem man sich frei ausdrücken kann. Wir wollen uns unapologetisch zum aktuellen Geschehen äußern. Ein Safe Space soll es allerdings nicht sein, denn wir wollen mit dem Projekt die Öffentlichkeit erreichen. Unser Ziel bis zur nächsten Ausgabe, die im November erscheint, ist, dass das Magazin an jedem deutschen Campus verfügbar ist – weil wir ein Studierendenmagazin sind. Und zu unserem Auftrag gehört, über Antisemitismus und ein selbstbestimmtes Judentum zu berichten.

ist Chefredakteur von „Eda“ und studiert Literaturwissenschaft im Master an der Freien Universität zu Berlin.

taz: Humor, Memes und Satire spielen im Magazin eine große Rolle. Ein Artikel in der Rubik „Politik und Chuzpe“ fragt ironisch: „War Osama bin Laden Jude?“ – ein Text über antisemitische Verschwörungsmythen, nachdem ein Pamphlet des islamistischen Terroristen auf Social Media viral ging. Warum ist Ihnen das wichtig?

Ettinger: Wenn man in den Nachrichten vom Judentum oder Israel hört, dann ist es meistens im negativen Sinne – Antisemitismus, Anschläge, Krieg. No Jews, no news. Wir wollten unser Magazin deshalb ein bisschen leichter gestalten – und wir verarbeiten diese ernsten Themen mit Humor. Dann kam der 7. Oktober. Seitdem bekommen wir jeden Tag die nächste schreckliche Push-Nachricht auf unseren Handys. Doch auch das wollen wir mit Humor verarbeiten. Das müssen wir.

taz: Wie hat der Hamas-Angriff vom 7. Oktober die Situation für jüdische Studierende in Deutschland geändert?

Ettinger: In der aktuellen Ausgabe schreibt eine jüdische Studentin aus Düsseldorf, sie habe Kommilitonen*innen, die immer noch nicht mit ihr reden. Die meisten würden ihr aus dem Weg gehen. Und damit ist sie nicht alleine. Ich habe tatsächlich am Tag vor dem 7. Oktober als Chefredakteur übernommen. Und wir leben seit dem mit einer gewissen Vorsicht. Ein ebenfalls jüdischer Kommilitone, Lahav Shapira, wurde in Berlin krankenhausreif geschlagen. Eine Zeit lang wagte er sich nur noch mit Personenschutz zum Campus. Es ist nicht einfach gerade, man fühlt sich eingeschüchtert. Es wird zu wenig unternommen, um die Situation für uns besser zu machen. Ich merke, dass wir deswegen näher zusammenrücken, wir suchen Gleichgesinnte. Auch dazu kann hoffentlich das Magazin beitragen.

taz: „Eda“ bedeutet auf Hebräisch „Glaubensgemeinschaft“. Was verstehen Sie darunter?

Ettinger: Der Name greift alle junge jüdische Menschen in Deutschland auf, finde ich, obwohl wir kaum unterschiedlicher sein könnten. Aber egal, ob man in Berlin oder in einem Dorf in Baden-Württemberg aufgewachsen ist, man hat ähnliche Erfahrungen gemacht. Man steht als einzelner gegenüber einer Masse. Und man muss immer eine bestimmte Rolle übernehmen

taz: Nämlich?

Ettinger: Man muss beispielsweise eine Position zum deutschen Judentum, Israel und Antisemitismus haben – das gibt die deutsche Mehrheitsgesellschaft vor. Doch auch wenn wir eine gemeinsame Vergangenheit teilen, wollen wir unser eigenes Narrativ schreiben. Uns sind auch andere Themen wichtig, deshalb kommen sie im Magazin vor: wie Kochen, Dating, Kunst, Politik, Horoskope oder unterschiedliche Formen, unsere Religion auszuleben – queeres Judentum beispielsweise. Wir haben ganz normale Bedürfnisse. Und wir wollen unseren Platz in der Mehrheitsgesellschaft finden

taz: Sie werden am Montag mit dem Ehrenamtspreis für jüdisches Leben ausgezeichnet. Was bedeutet der Preis für Sie?

Ettinger: Wir sind in einer Gemeinschaft groß geworden, in der man sehr viel Freiwilligenarbeit kennt, in der man keinen finanziellen Ausgleich hat. Dafür hat man aber einen Bezug zur Community und eine Einwirkung auf das Umfeld. Es stärkt die eigene Identität. Und das ist ganz wichtig. Genau das machen wir hier auch. Das Redaktionsteam und vor allem unsere Autorin und Designerin Maya Roisman haben Hunderte von Stunden in das Projekt gesteckt. Deshalb freuen wir uns über die Auszeichnung sehr und stecken das Preisgeld direkt in die nächste Ausgabe.

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