Charlie Kirk: Anklage Tyler R. und sein Chat mit Partner | ABC-Z

Tyler R. sitzt am Dienstagnachmittag vor einer weiß gestrichenen Mauer des „Utah County Jail“. Er trägt ein ärmelloses grünes Oberteil – Anti-Suizid-Schutzkleidung des Gefängnisses. Zum ersten Mal sehen die Amerikaner Live-Aufnahmen des 22 Jahre alten Mannes, dem vorgeworfen wird, am vergangenen Mittwoch den ultrarechten Aktivisten Charlie Kirk bei einer Veranstaltung auf einem Uni-Campus in Utah erschossen zu haben.
Der Gerichtstermin in Provo in dem Bundessstaat im Westen Amerikas findet virtuell statt. Im Gerichtsaal wird Tyler R. von einem vorläufigen Rechtsberater vertreten. Noch hat er keinen Verteidiger. Richter Tony Graf wendet sich an den Angeklagten: „Im Fall des Bundesstaates Utah gegen Tyler James R. – könnten Sie Ihren Namen nennen?“ Der Angeklagte sagt: „Tyler James R.“. Es werden seine einzigen Worte in dieser Anhörung sein. Der Richter bedankt sich für die Anwesenheit des Angeklagten und stellt sich selbst vor. Der vorläufige Rechtsbeistand stellt klar, dass er nicht mit dem Fall betraut sei, sondern für die Justiz des Landkreises arbeite, um dem Angeklagten einen Verteidiger zu besorgen. Dazu bedürfe es der Zustimmung des Richters. Es sei seine Absicht, dies zu gewähren, sagt der Richter.
Sodann belehrt er. R., dass dieser ein Recht auf einen Verteidiger habe. Wenn der Angeklagte sich keinen leisten könne, könne das Gericht ihm einen Pflichtverteidiger zuweisen. Er habe die Erklärung des Angeklagten zu seiner Finanzlage geprüft und gesehen, dass er angebe, mittellos zu sein. Daher werde er ihm einen vorläufigen Verteidiger zur Verfügung stellen. Dieser müsse bis zum Beginn des Prozesses am 29. September seine Qualifikation dafür nachweisen, dass er befugt sei, einen Mandanten zu vertreten, dem die Todesstrafe drohe. Keine Regung bei R. Bis dahin, so der Richter weiter, werde der Angeklagte in Haft bleiben, ohne die Möglichkeit, gegen Kaution freizukommen. Sodann liest er die Anklagepunkte vor. Wieder keine Regung beim Angeklagten. Nur hin und wieder ein angedeutetes Nicken. Kurz danach ist der Gerichtstermin beendet.
Staatsanwalt will Todesstrafe
Drei Stunden vorher hatte Jeff Gray, der zuständige Staatsanwalt aus Utah County, die Anklage präsentiert. Er verlas insgesamt sieben Anklagepunkte: Robinson werden neben schwerem Mord auch Behinderung der Justiz, Zeugenbeeinflussung und eine Gewalttat in Anwesenheit von Kindern vorgeworfen. Erschwerend hinzu komme, dass er wohl aus politischen Motiven gehandelt habe, sagte Gray. Dann stellt er klar, dass die Staatsanwaltschaft die Todesstrafe für den Angeklagten anstrebe.
Gray verwies auf Beweise, die R. belasteten – darunter DNA-Spuren an der mutmaßlichen Tatwaffe sowie Auswertungen von Überwachungsvideos. Dann seien da noch die Aussagen der Eltern und SMS-Nachrichten, die der Angeklagte nach der Tat mit seinem Mitbewohner, eine Trans-Person, mit der er eine Liebesbeziehung hat, austauschte.
Die Mutter war alarmiert
Der Staatsanwalt trug vor, die Mutter des Angeklagten habe geglaubt, ihren Sohn auf den Fahndungsfotos zu erkennen, die am vergangenen Donnerstag, einen Tag nach dem Attentat, veröffentlicht worden waren. Sie habe ihren Sohn angerufen und gefragt, wo er sei. R., der eine Berufsschule besuchte, um zum Elektriker ausgebildet zu werden, und zehn Minuten vom Elternhaus entfernt in St. George im Südwesten des Bundesstaates wohnte, habe erwidert: Er sei zuhause, weil er sich nicht wohl fühle. Die Mutter zeigte ihrem Mann das Foto. Beide seien der Meinung gewesen, dass die Person aussehe wie ihr Sohn. Später überzeugte der Vater mit Hilfe eines Pastors den Sohn, sich den Behörden zu stellen. Das geschah am späten Donnerstagabend. Vorher hatte der Sohn seinen Eltern in einem Telefonat zunächst gesagt, er würde sich eher umbringen, als sich zu stellen.
Die Eltern sagten später den Ermittlern, ihr Sohn sei seit etwa einem Jahr politischer geworden und habe sich für die Rechte von Homosexuellen und Transpersonen eingesetzt. Sein Mitbewohner ist ein biologischer Mann, der gerade dabei ist, das weibliche Geschlecht anzunehmen. Im Zuge der Befragung des Mitbewohners, der mit den Behörden kooperiert, wurden Beweise zu Tage gefördert. Zum einen eine Notiz, die R. unter der Tastatur seines Computers hinterlassen habe. Auf dieser stand: „Ich hatte die Gelegenheit, Charlie Kirk auszuschalten und ich werde sie ergreifen.“
Zur Tat bekannt
Der Mitbewohner zeigte den Ermittlern zudem Chat-Nachrichten, die beide nach der Tat verfasst haben. Der Angeklagte verwies ihn auf die Notiz unter seiner Tastatur. Dieser antwortete: „Was??? Du machst Witze, nicht wahr???“ R. antwortete: Er sei immer noch okay, aber er sitze noch eine Weile in Orem (dem Ort der Utah Valley University, wo das Attentat stattfand). Es werde gewiss nicht lange dauern, bis er nach Hause kommen könne. Er müsse noch sein Gewehr holen (das er im Unterholz am Tatort in Orem zurückgelassen hatte). „Um ehrlich zu sein, ich habe gehofft, die Sache geheim zu halten, bis ich im Alter sterbe.“ Es tue ihm leid, ihn da mit hineinzuziehen.

Der Mitbewohner, immer noch ungläubig: „Du warst nicht derjenige, der es getan hat, oder???“ Antwort: Doch, es tue ihm leid. Der Mitbewohner: „Ich dachte, sie (die Behörden) haben die Person.“ Antwort: „Nein, sie haben irgendeinen alten verrückten Kerl geschnappt.“ Dann hätten sie einen anderen befragt, der ähnliche Kleidung getragen habe (wie er). Er habe eigentlich vorgehabt, das Gewehr noch zu holen. Aber der Tatort sei abgesperrt. Es gebe da noch ein Fahrzeug (der Polizei). Mitbewohner: „Warum?“ R.: Warum er es getan habe? Mitbewohner: „Yeah“. Sodann R. mit Bezug auf Kirk: „Ich hatte genug von seinem Hass. Manchen Hass kann man nicht wegverhandeln.“ Wenn es ihm gelinge, unerkannt das Gewehr zu holen, gebe es keine Beweise. Er hoffe, dass die Sicherheitskräfte weitergezogen seien. Noch habe er nicht gehört, dass die Behörden die Tatwaffe gefunden hätten.
Gewehr des Großvaters
Der Mitbewohner realisierte nun, dass R. keinen üblen Scherz machte: Wie lange er die Tat geplant habe? R.: „Ich glaube, ein wenig über eine Woche.“ Er äußerte Reue, die Waffe zurückgelassen zu haben, nachdem er von dem Dach des Universitätsgebäudes gesprungen war, von dem aus der gezielte Schuss abgegeben wurde. Er hätte noch einmal zurückgehen sollen, als er sein Auto erreichte. Er frage sich, was sein Vater tue, wenn er das Gewehr seines Großvaters nicht zurückbringe. Er wisse noch nicht mal, ob die Waffe eine Seriennummer habe. Er mache sich auch Sorgen über Fingerabdrücke, die er zurückgelassen haben könnte, als er seine Kleidung gewechselt habe. Die Waffe, eingewickelt in ein Handtuch, sei das einzige, das er zurückgelassen habe.
Dann schrieb R.: „Erinnerst du dich, wie ich die Patronen graviert habe.“ Die Botschaften seien hauptsächlich Internet-Sprache. Wenn er die (zurückgelassene Munition) mit den infantilen Botschaften etwa über Wölbungen im Schritt auf Fox News sehe, werde er wohl einen Schlaganfall bekommen.
R. forderte seinen Mitbewohner und Partner auf, den Chat zu löschen. Hierin sieht die Staatsanwaltschaft Zeugenbeeinflussung. Während des Dialogs erwähnte er, dass sein Vater ein Bild des Gewehrs wolle, um auszuschließen, dass sein Sohn der Täter ist. Er, der Vater, rufe gerade an, aber er gehe nicht ran. Sein Vater sei, seitdem Trump im Amt sei, ein „ziemlich eingefleischter MAGA-Mann“. Später – offenbar nach dem Gespräch mit dem Vater und dem Geistlichen der Mormonenkirche, der auch ein früherer Hilfssheriff ist – schreibt er: Er werde sich freiwillig stellen. „Du bist die einzige, um die ich mich sorge, Liebes.“ Antwort: „Ich sorge mich viel mehr um dich.“ Sodann R.: „Rede nicht mit Medienleuten, bitte.“ Keine Interviews, keine Kommentare. Wenn die Polizei ihn befrage, solle er einen Anwalt verlangen und stillhalten.





















