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Champions League Finale: Ein Finale ganz ohne Verlierer | ABC-Z

Vielleicht dachte er jetzt auch selbst an das, was viele seit Wochen über ihn sagen. Dass er es allein lösen kann. Mathias Gidsel bekam den Ball an der Mittellinie. Wie üblich im Vollsprint. Er wackelte mit einem Schritt den ersten Gegner aus, zog den Arm über ihn hinweg, schlängelte sich so vorbei, wie nur er es kann, und machte noch drei große Schritte, wobei er mit dem letzten so viel Schwung mitnahm, dass er noch weiter nach vorne flog. Dann warf er. 

Es war ein typischer Gidsel-Moment, wie es ihn regelmäßig zu sehen gibt. Einer, für den man versucht, passende Worte zu finden, ehe man doch scheitert. Gidsel wirft nicht selten Tore, obwohl der Gegner ihn hart foult. Der Däne von den Füchsen Berlin gilt als cheat code für seinen Sport. 

Exemplarisch nur einer seiner vielen Rekorde: Bei den vergangenen fünf Wettbewerben, an denen er teilnahm, Bundesliga, Champions League, EM, WM, Olympische Spiele war er immer derjenige mit den meisten Toren. Die Bild verglich ihn zuletzt mit Michael Jordan und bald könnte die Frage aufkommen, für wen das eigentlich schmeichelhafter ist. 

Dabei ist die erste Regel des Handballs: Es ist ein Sport des Miteinanders. Man ist auf seine Leute angewiesen, mehr als etwa beim Fußball. Keiner gewinnt allein. Bei dem Hype, den Gidsel in den vergangenen Monaten ausgelöst hat, hätte man beinahe diese Handballbanalität vergessen können.

Doch die Magdeburger riefen das in Erinnerung. Es lief das Champions-League-Finale, die 51. Minute, Gidsels Füchse hätten den Rückstand, dem sie seit mehr als 45 Minuten hinterherliefen, auf zwei Tore verkürzen können. Nur noch zwei Tore aufholen zu müssen, und das kurz vor Schluss, das macht im Handball was mit der eigenen Mannschaft. Und mit dem Gegner. Doch der Unterschied zum Rest des sagenhaften Gidsel-Jahres war, dass es in dieser Szene, in diesem letzten Spiel der Saison, nicht mehr klappte. 

Erinnerung an den Anschlag auf den Magdeburger Weihnachtsmarkt

Weil er auf einen traf, der ihn, Stichwort Team, bestens kennt. Auf seinen Landsmann Magnus Saugstrup, den besten Abwehrspieler der Welt. Der Magdeburger bekam im Rückwärtsverteidigen seine Finger noch an Gidsels Wurf. Er fälschte ihn entschärfend ab und Magdeburgs Torhüter Sergey Hernández hatte keine Mühe, zu parieren. Berlin hätte herankommen können. Magdeburg verhinderte es. Kurz darauf zog Magdeburg auf sechs Tore Vorsprung davon und entschied das Spiel. Magdeburg gewann mit 32:26 (16:12) und ist zum dritten Mal der Champions-League-Sieger. “Das hätte eine harte Saison werden können”, sagte Trainer Bennet Wiegert, sein erfolgsverwöhntes Team hatte in diesem Jahr noch keinen Titel geholt. “Aber jetzt fühlt es sich wie eine fantastische an.”

Denn sie waren nicht der Favorit. Zu rasant ist der Gidsel-Sturm in diesem Jahr über die Bundesliga gefegt. Und zu kompliziert war die Magdeburger Saison. Viele – teilweise schlimme – Verletzungen wie der Achillesehnenriss von Matthias Musche oder wieder die Schulter von Gísli Kristjánsson. Ein mauer Start in die Champions League. Und Wiegert erinnerte im Laufe des Wochenendes auch an den Anschlag auf den Magdeburger Weihnachtsmarkt. Der Attentäter war einen Meter an Magdeburgs Verteidiger Antonio Serradilla vorbeigerast, Wiegert erreichte ihn Minuten nach dem Attentat schreiend am Telefon. Mit diesen Sachen hatten sie umzugehen. Nur eine Geschichte dieses Finales ist es nun, dass Serradilla bis zu seiner Roten Karte Gidsel sehr erfolgreich am Torewerfen hinderte. 

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