CDU Baden-Württemberg: “Wir oder die AfD” – Politik | ABC-Z

Man muss ein bisschen suchen, um auf dem Parteitag der CDU Baden-Württemberg entschiedene Verteidiger von Bundeskanzler Friedrich Merz aufzuspüren. Aber im Foyer des Heidelberger Kongresszentrums trifft man auf Christian Natterer, und der Ravensburger CDU-Kreisvorsitzende ist bereit, die Herausforderung anzunehmen. Die Inhalte der von Merz geführten Bundesregierung, die stimmen, sagt Natterer. Die „Migrationswende“, die Senkung der Gastrosteuer, die Erhöhung der Pendlerpauschale, alles Punkte, die er dem Kanzler gutschreibt.
Aber wenn der Eindruck nicht täuscht, dann hat auch Christian Natterers Begeisterung für Merz in den letzten Monaten etwas gelitten. Erst die gescheiterte Richterwahl, dann die Rentendebatte, die schlechten Werte für den Kanzler, das hat er natürlich registriert. „Ich erwarte eine bessere Kommunikation und ein besseres Handling“, sagt Natterer.
:Ein teurer Erfolg für den Kanzler
Eines der größten Projekte von Schwarz-Rot kann Gesetz werden: Der Bundestag hat das Rentenpaket gebilligt. Doch die Verletzungen in der CDU sind groß – und könnten noch auf Friedrich Merz zurückfallen.
Drei Monate vor der Landtagswahl am 8. März 2026 ist die Südwest-CDU am Freitag und Samstag in Heidelberg zusammengekommen, um ein „Regierungsprogramm“ zu beschließen. Vor allem aber, um Zuversicht für den erhofften Wahlsieg ihres Spitzenkandidaten Manuel Hagel zu verbreiten. Die Delegierten bestätigen ihren Hoffnungsträger denn auch mit 96,5 Prozent der Stimmen als CDU-Landeschef. Der 37 Jahre alte Hagel soll die historische Schmach von 2011 tilgen. Damals zog Winfried Kretschmann als erster grüner Ministerpräsident in die Stuttgarter Regierungszentrale ein, die die CDU fast 60 Jahre lang als ihr Eigenheim betrachtet hatte. Gegen Kretschmanns Popularität kam die CDU nie an, seit 2016 regiert sie sogar mit ihm, in der ungewohnten Rolle des Juniorpartners. Aber nun, da der 77 Jahre alte Grünen-Politiker nicht mehr antritt, sehen die Christdemokraten ihre Chance, wieder in die Staatskanzlei zurückzukehren.
Umfragen sehen Hagel und die CDU vorn
Und die Umfragen sprechen für einen Wahlsieg von Hagel, seine CDU sehen die Demoskopen bei 29 Prozent, weit vor der AfD (21 Prozent) und den Grünen (20 Prozent). Es gibt aber ein Restrisiko, und das heißt aus Sicht der Wahlkämpfer nicht Cem Özdemir, obwohl der Spitzenkandidat der Grünen viel bekannter ist als Hagel. Vielmehr gilt die Performance der Bundesregierung als Schwachpunkt der Wahlkampagne im Südwesten. Pünktlich zum Parteitag in Heidelberg hat Merz zwar das Rentenpaket mit der Kanzlermehrheit durch den Bundestag gebracht. Aber das sorgt allenfalls für ein Aufatmen, nicht für eine Aufbruchstimmung. Die Angst ist groß, dass Union und SPD in Berlin bald schon über neue Punkte öffentlich streiten werden. Dass die AfD noch stärker wächst.
Im Oktober 2024 sahen Demoskopen die CDU im Südwesten noch bei 34 Prozent und die AfD bei 16. In der Folge haben die Christdemokraten allerdings fünf Prozentpunkte eingebüßt und die AfD fünf Prozentpunkte dazugewonnen. Der Vorsprung der CDU ist immer noch komfortabel, aber klar ist auch: Der Aufschwung der AfD darf sich nicht fortsetzen, wenn die CDU klar gewinnen will.
Deshalb gehen viele Wahlkämpfer auf Distanz zum Kanzler. „Unser Problem ist nicht der grüne Koalitionspartner in Stuttgart, unser Problem ist Berlin“, sagt ein Landtagsabgeordneter, der sich lange zu den Merz-Fans zählte. „Das Engagement, das der Kanzler für die Außenpolitik zeigt, würde ich mir auch für die Innenpolitik wünschen. Dann hätten wir deutlich weniger Sorgen in Baden-Württemberg“, sagt der Landeschef der Jungen Union, Florian Hummel.
Neben der Jungen Union galt die CDU Baden-Württemberg lange als der entschiedenste Merz-Fanclub außerhalb des Sauerlands, und Natterer als der Organisator der Merz-Ultras auf den Bundesparteitagen. Er warb bereits für den Sauerländer, als der Ende 2018 erstmals für den CDU-Bundesvorsitz kandidierte, damals noch erfolglos. Wenn nun selbst Natterer eine bessere Kommunikation fordert, muss einiges passiert sein.
In der Rede des CDU-Spitzenkandidaten kommt Merz nicht vor
Sogar der Spitzenkandidat Hagel hat sich in den vergangenen Wochen und Monaten in Sachfragen mehrfach gegen Merz positioniert, erst mit kritischen Äußerungen zum Schuldenpaket, zuletzt in der Rentendebatte. „Brust raus, Bauch rein, stabil bleiben“, rief er Mitte November den Rentenrebellen auf dem Deutschlandtag der Jungen Union in Rust zu. Es klang nicht nach einer Solidaritätsadresse für den Kanzler. Aber natürlich wissen sie in der Stuttgarter Parteizentrale der CDU auch, dass man mit einer Kampagne gegen den eigenen Kanzler keine Wahl gewinnen kann.
In Heidelberg wählt Hagel deshalb eine andere Taktik: In seiner einstündigen Grundsatzrede spricht er über die Wirtschaftskrise, seine Vision von Baden-Württemberg im Jahr 2036, er spricht über Bärbel Bas und die AfD. Aber den Kanzler erwähnt er nicht. Da passt es ins Bild, dass am Samstag nicht der CDU-Bundeschef als Gastredner zu den Delegierten spricht, sondern Bayerns Regierungschef Markus Söder von der CSU. Und Söder, dem bislang nicht unbedingt der Ruf des größten Teamplayers vorauseilte, nutzt die Gelegenheit für eine freundliche Grußadresse Richtung Berlin: „Streit ist der Tod jeder Akzeptanz.“
Hagel selbst versucht den Unmut an der Basis auf die Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas von der SPD zu lenken. „Eine Arbeitsministerin, die Arbeitgeber angreift, die greift auch Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen an“, sagt Hagel. Dann kommt er zur vielleicht zentralen Botschaft seiner Rede, dem Verhältnis der CDU zur AfD. Denn in Teilen der baden-württembergischen Wirtschaft und an der eigenen Basis gibt es durchaus gewisse Sympathien für die Idee einer CDU-geführte Minderheitsregierung, eine punktuelle Zusammenarbeit mit der AfD.
Hagel zieht jetzt auf der Bühne das Sakko aus, wirft es in die Ecke und krempelt die Hemdärmel hoch. Die AfD wolle die CDU zerstören, sie wolle aber auch raus aus dem Euro, raus aus der EU, ruft er den Delegierten zu. „Das ist ein Armutsprogramm für das Exportland Baden-Württemberg.“ Die CDU Baden-Württemberg werde mit „diesen Kostümkonservativen“ weder kooperieren noch koalieren. „Bei der Landtagswahl wird es um die Frage gehen: Wir oder die AfD!“





















