Carsen Edwards liefert erneut bei Bayerns Basketballern | ABC-Z
München – Es war einer dieser Würfe, die um die Welt gehen. Als Highlight-Clip nämlich. Die Wurfuhr tickte gnadenlos herunter, gegen die Basketballer des FC Bayern. 63:57, drängte auf den Anschluss. Da ließ Carsen Edwards von einem Meter hinter der Mittellinie einen Wurf los. Drin, akustisch untermalt von der abgelaufenen Wurfuhr-Sirene, die selten süßer dröhnte für die Bayern.
Der frühere Bayern-Coach Andrea Trinchieri, der nun Kaunas coacht, erkannte an: “Es war ein wichtiger Wurf, bei 1,4 Sekunden (auf der Wurfuhr; die Redaktion). Und diesen Wurf zu treffen– Bravo an Carsen. Es war ein Dolch, doch wir sind noch mal zurückgekommen.”
Voigtmann lobt Edwards: “Was er bisher leistet in der Saison, ist überragend”
Wieder mal Edwards! Der 26-jährige Texaner liefert derzeit in jedem Spiel. 24 Punkte diesmal, dazu je fünf Rebounds und Assists. “Was er bisher leistet in der Saison, ist überragend”, lobt Kollege Johannes Voigtmann. Er mache “Punkte aus Situationen, wo eigentlich nichts mehr geht”. Wie im Highlight-Clip.
Was für ein Aufschwung! Die Bayern hatten Edwards vor einem Jahr geholt. Wenn es bei ihm den erwarteten Klick in Europa macht, so hieß es sinngemäß, dann ist das eine Bombenverstärkung. Es machte aber erst nicht Klick oder besser gesagt: zu selten. Der Spielmacher verzettelte sich gerade in der Euroleague oft – zu oft.
Die Bayern hatten schon im Vorjahr viel Talent auf den kleinen Positionen. Vielleicht ähnlich viel wie jetzt mit Nick Weiler-Babb und den Neuen Shabazz Napier und Yam Madar. Der Israeli allerdings hält nun meist nur den Wechselstuhl warm, um ihn halten sich Wechselgerüchte.
Ex-Münchner Francisco hätte fast für die Verlängerung gesorgt
Vielleicht also war das Talent der Bayern-Guards im Vorjahr sogar höher einzuschätzen. Edwards, Leandro Bolmaro und auch Sylvain Francisco: alle unheimlich begabt, aber damals in den Leistungen zu inkonstant. Der Spielaufbau blieb eine Baustelle. Die Bayern gaben – gegen Ablösesummen – im Sommer Bolmaro nach Mailand und Francisco nach Kaunas ab. Profitiert haben davon am Ende alle.
Okay, fast alle: bei Bolmaro und Mailand läuft es noch verhalten. Doch Francisco besticht. Auch er hat in der jungen Saison schon die Vorlage für einen Highlight-Clip produziert, in dem er per Finte den Gegenspieler zu Boden schickte. Ankle-Breaker – Knöchelbrecher – sagen die Basketballer dazu.
Auch gegen Bayern lief Francisco spät heiß. Mit 20 Punkten im SAP Garden hätte der französische Zocker die Litauer fast doch noch in die Verlängerung geführt. Brady Manek aber vergab haarscharf den Dreier zum Ausgleich. Die Schlusssirene dröhnte süß wie Engelsgesang für die Bayern, 77:74-Sieg! Edwards Dolch hatte also Wirkung gezeigt. Die Fans bedachten ihn mit MVP-Sprechchören.
In der Tat: Edwards und Francisco sind nicht nur Highlight-Clip-Helden. Sie haben sich zu Stars der Euroleague entwickelt. Und mit ihnen sind auch ihre Klubs in der Spitze angekommen. Die Bayern haben auf europäischem Parkett nun fünf Siege in Folge eingefahren und haben Zalgiris (davor fünf Erfolge am Stück) als heißestes Team der Euroleague abgelöst. Beide Klubs haben sechs Siege aus acht Partien geholt – keiner in der Liga hat mehr.
“Das gibt Ruhe”, sagt Voigtmann zufrieden zum Saisonstart. “Wir sind als Team zusammengewachsen und haben die Last auf mehrere Schultern verteilt, auch wenn wir Spieler dabei haben, die extrem gut performen und in jedem Spiel wichtig sind, gerade offensiv.”
Edwards zum Beispiel.
“Wir sind am Rande dazu, ein sehr gutes Basketball-Team zu werden”, sagte Bayern-Trainer Gordon Herbert. Eine Ansage nach diesem Arbeitssieg! Zum Spitzenteam müsse sich die Team-Identität noch festigen. Die Defensive müsse, so wie zu Spielbeginn gegen Kaunas, dem Gegner die zweiten Wurfchancen rauben. Sonst muss Edwards weiter fleißig Dolche werfen.