Capri-Sun will Rückkehr zum Plastik-Trinkhalm erzwingen. Umweltschützer halten dagegen. – Wirtschaft | ABC-Z
Natürlich, sagt Lucas Schmitz, habe er als Kind auch Capri-Sonne getrunken. „Wer hat das nicht?“, sagt er. Seit er sich aber mit dem Meer und dem Plastikmüll beschäftige, seien die silbrigen Plastikbeutel tabu. „Meine Kinder kriegen die nicht.“ Stattdessen liefert sich Schmitz nun ein Duell mit dem Unternehmen, das mittlerweile Capri-Sun heißt. Beide haben die gleiche Waffe gewählt: Unterschriften.
Vorbei die Zeiten, in denen man dazu mit dem Klemmbrett in der Fußgängerzone Leute anquatschen musste. Schmitz hat seine Petition vor zehn Tagen auf der Plattform change.org gestartet. „Beschützt unsere Umwelt“, heißt sie. „Nein zu Plastikstrohhalmen und den Bestrebungen von Capri-Sun.“ Knapp 27 000 Leute haben schon unterschrieben, jeden Tag kommen rund 400 dazu. „Mein Ziel ist, mehr Unterschriften zu bekommen als die“, sagt er. „Um zu zeigen, dass die Umweltschutz-Community größer ist als die der Ignoranten.“
Denn auch Capri-Sun hat eine Petition gestartet, die Schweizer Saftfirma kämpft um einen zentralen Teil ihres Geschäftsmodells: den Trinkhalm. Jahrzehntelang war der aus Plastik, doch dann verbot eine Richtlinie der EU jene Einwegprodukte, die am häufigsten an Europas Stränden landeten. Darunter waren auch Plastikhalme. Seit 2021 lässt sich der Fruchtsaft per Papphalm aus der Einwegpackung saugen, der allerdings nach einer Weile auch ziemlich weich wird.
Die Firma ruft deshalb seit Ende August ihre Fans auf, über die Online-Petition „einen positiven Wandel“ einzuleiten. Die Papphalme seien „nicht ideal für viele von euch“, obendrein müssten sie gesondert recycelt werden. Das Gegenangebot: die Rückkehr zum Plastikstrohhalm, aber in einem Trinkbeutel aus demselben Material. So lasse sich beides gemeinsam wiederverwerten, und kein Papphalm „verschmutze“ mehr den Recyclingprozess. „Macht mit, unterschreibt noch heute“, wirbt Capri-Sun. „Wir brauchen eine Million Unterschriften.“
Auch Millionen Unterschriften dürften am geltenden Recht nichts ändern
Bisher haben 128 000 Menschen unterschrieben, im Rennen mit der Gegenpetition steht es damit 5:1. Gemach, sagt Schmitz, seine Petition stehe ja erst am Anfang. Vor Jahren habe er schon einmal 147 000 Leute dazu gebracht, gegen Einweg-Becher bei Aral-Tankstellen zu unterschreiben – die dann verschwanden. Er selbst ist Ozeanograf, arbeitet für einen Umweltverband und hat einen Verein gegründet, der sich für saubere Meere einsetzt. Beim Aufruf der Gegenseite sei er aus allen Wolken gefallen, sagt er. „Das ignoriert komplett das Problem.“ Der Plastikmüll im Meer mit Langzeitfolgen wie Mikroplastik in der Nahrungskette werde schließlich nicht dadurch weniger, dass sich das Plastik theoretisch leichter recyceln lasse. Dagegen verweist Capri-Sun darauf, dass nur 0,02 Prozent des Plastiks im Meer auf Trinkhalme entfielen. Und davon nur ein Teil auf jene von Trinkbeuteln.
Für die Onlineplattform, die sich rühmt, weltweit schon 100 000 Petitionen zum Erfolg geführt zu haben, sind Gegenpetitionen nichts Besonderes – schließlich gehöre das zu einer offenen Demokratie. Auch hätten schon andere Unternehmen dort Unterschriften-Aktionen angestoßen, heißt es dort. Allerdings nicht immer zum eigenen Nutzen.
So oder so – selbst Millionen Unterschriften dürften am geltenden Recht nichts ändern. Ob die Trinkhalme zusammen mit der Verpackung verwertet werden könnten, sei „für das Verbot unerheblich“, heißt es im Bundesumweltministerium. „Entscheidend ist vielmehr, dass die Trinkhalme in der Umwelt landen.“