Cannabis in Thailand: Kiffen bald nur noch auf Rezept | ABC-Z

Ziel der auf längere Zeit angelegten Protestaktion vor dem Gesundheitsministerium am Stadtrand ist die Forderung nach einer „sachgerechten Regulierung“ statt der Rückstufung von Cannabis zu einer verbotenen Substanz, sagt die Aktivistin Chokwan Chopaka der taz.
„Menschen aus der gesamten Cannabisbranche haben sich zusammengeschlossen, um auf ein umfassendes Cannabis-Gesetz hinzuarbeiten“, so Thailands bekannteste Streiterin für die Legalisierung von Cannabis.
Cannabis wurde noch vor wenigen Jahren als Hoffnungsträger für Wirtschaft und Tourismus gefeiert
Die Branche befindet sich an einem Wendepunkt: Wurde Cannabis noch vor wenigen Jahren als wirtschaftlicher und touristischer Hoffnungsträger gefeiert, droht mit der geplanten Wiedereinstufung als illegale Substanz das Aus für Zehntausende Kleinbetriebe und lokale Produzenten.
Kritiker sehen Monopolisierung samt Schwarzmarkt voraus
Die neuen Regeln sehen vor, dass nur noch speziell ausgebildete Ärzte sowie traditionelle Heiler Cannabis-Rezepte für medizinische Zwecke ausstellen dürfen, die in den Cannabis-Shops nur von medizinisch geschultem Personal eingelöst werden können.
Kritiker befürchten eine Monopolisierung durch staatlich geregelte Strukturen zur Kontrolle des Anbaus von Marihuana mit dem medizinischen Wirkstoff Cannabidiol (CBD) anstelle des psychoaktiven THC.
„Das schließt 99 Prozent der derzeit rund 11.000 Farmen aus“, sagt Chokwan und fügt hinzu: „Etwa 100 Farmen werden dann das Monopol haben. Das wird dem Schwarzmarkt Tür und Tor öffnen.“
Seit der Legalisierung im Jahr 2022 sind in dem südostasiatischen Königreich Cannabis-Plantagen und -Shops wie Pilze aus dem Boden geschossen. Alleine in Chiang Mai, dem mit mehr als einer Million Einwohnern zweitgrößten Ballungsraum des Landes, wird die Zahl der Ganja-Geschäfte auf mehr als 800 geschätzt.
Cannabis-Branche befürwortet sinnvolle Regelungen
Sie reichen von der kleinen Bude bis zu schicken Geschäften mit großen Schaufenstern, greller Werbung und wie Juwelen präsentierten Cannabisblüten unterschiedlichster Wirkung. Es gibt kaum jemand in der Branche, der nicht zur Qualitätssicherung und zum Schutz der Konsumenten für eine gesetzliche Regulierung ist.
Der aus Myanmar stammende Dape, der in einem der schicken Shops in Chiang Mais Thapae-Straße Cannabis verkauft und lieber nur einen Namen nennen will, sagt: „Wir beraten die Kunden. Wir fragen, ob sie schon Erfahrung mit Cannabis haben oder Erstkonsumenten sind. Dann versuchen wir rauszufinden, was sie erwarten: chillen oder Party machen? So können wir entsprechende Produkte empfehlen.“
Aber diesen Beratungsservice biete nicht jeder Cannabishändler und manche würden den Stoff auch einfach an Kinder und Jugendliche verkaufen, sagt Dape.
Er ist sauer auf die Politiker, die Cannabis als Instrument für ihre Machtspielchen missbrauchten. „Statt es für den privaten Konsum nur durch einen Erlass freizugeben, hätten sie lieber gesetzliche Rahmenbedingungen für Konsum, Anbau und Verkauf geschaffen“, findet der 24-Jährige.
Debatte wurde „mit Verweisen auf die Moral“ geführt“
Die Propaganda gegen Cannabis läuft seit Langem auf Hochtouren. Allerlei Experten warnen vor einem Anstieg der Kriminalität, der Gefährdung der Gesundheit junger Leute, führen das längst widerlegte Argument von Cannabis als Einstiegsdroge ins Feld, bezweifeln den Nutzen der Legalisierung für Thailands lahmende Wirtschaft und seinen Tourismus, ohne aber ihre Befürchtungen mit Daten und Fakten zu belegen.
„Die ganze Debatte wurde zunehmend mit Verweisen auf die Moral geführt“, klagt Chokwan.
Aus Protest gegen die angebliche Gefährdung der Souveränität des Landes durch die inzwischen vom Amt suspendierte Premierministerin Paetongtarn Shinawatra hatte vor zwei Wochen die Partei Bhumjaithai die Regierungskoalition verlassen. Im Wahlkampf 2023 hatte Bhumjaithai, dessen Vorsitzender damals Gesundheitsminister war, nur ein Thema: die Legalisierung von Cannabis.
Die Partei Pheu Thai von Paetongtarn hingegen war eher dagegen, wollte aber eine Koalition mit Bhumjaithai nicht an der Cannabis-Frage scheitern lassen. Dape sieht jetzt seinen Job in Gefahr. „Wir sehen schon jetzt, dass die Zahl der Kunden runtergeht. Die Chefin, die drei Läden hat, tut sich schon jetzt schwer, uns zu bezahlen.“
Ohne Job kann Dape sein Aufenthaltsrecht in Thailand verlieren. „In Myanmar besteht die Gefahr, dass ich zum Militärdienst eingezogen werde“, sagt er. Eine Rückkehr komme für ihn daher nicht in Frage. Doch in Thailand könnte dem jungen Mann bald das gleiche Schicksal wie Cannabis drohen: die Illegalität.