Geopolitik

Bundesverfassungsgericht: Carsten Linnemann will Richterwahlstreit “hinter den Kulissen” lösen | ABC-Z

Die gescheiterte Richterwahl und die darauffolgende Debatte um die SPD-Kandidatin Frauke Brosius-Gersdorf haben die Regierungskoalition von Union und SPD nach Ansicht von CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann nicht nachhaltig beschädigt. Zwar sei “die interne Kommunikation nicht gut gelaufen”, man wolle jedoch “nun in der Koalition hinter den Kulissen und in aller Ruhe zu einer breit getragenen Lösung kommen”, sagte er dem Tagesspiegel. “Wir kriegen das hin.”

Auf die Frage, wie eine solche Lösung aussehen könne, antwortete Linnemann: “Genau darüber werde ich jetzt nicht öffentlich sprechen.” Er räumte ein, auf die Vorbehalte gegen die Kandidatin in der Unionsfraktion “hätte schneller reagiert werden müssen”. Gegen Brosius-Gersdorf gebe es “viele ernst zu nehmende Einwände, unter anderem von den Kirchen, aber auch von Juristen und Medizinethikern”, behauptete der CDU-Generalsekretär. 

Zuvor war insbesondere aus der katholischen Kirche deutliche Kritik an der von der SPD nominierten Juristin Frauke Brosius-Gersdorf laut geworden. Die Professorin hatte sich in der Vergangenheit dafür ausgesprochen, Schwangerschaftsabbrüche in der Frühphase aus dem Strafrecht zu lösen – mit verfassungsrechtlicher Begründung. Die ablehnenden Reaktionen einiger Bischöfe stießen auch innerhalb der Kirche auf Widerspruch. So stellte sich in der vergangenen Woche unter anderem der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing, auf die Seite von Brosius-Gersdorf.

Linnemann sprach im Tagesspiegel jedoch auch über die Vorwürfe
gegen den CDU-Fraktionsvorsitzenden im Bundestag, Jens Spahn. Mit heftiger Kritik wandte er sich dabei gegen den unter anderem von der
ehemaligen Grünenchefin Ricarda Lang erhobenen Vorwurf, dass Spahn
bewusst ein Ende der schwarz-roten Koalition herbeiführen wolle, um den
Weg für eine Zusammenarbeit mit der AfD zu ebnen. “Das ist eine perfide
Unterstellung, und ich bin mir ziemlich sicher, dass Frau Lang das auch
weiß”, sagte der CDU-Generalsekretär.

“Inhaltlich sind die Union und die SPD keinen Millimeter weiter als am 11. Juli”

Die SPD sieht unterdessen für eine Lösung des Streits um die Richterwahl weiter die Union in der Pflicht. “Bei der Wahl zum Bundesverfassungsgericht bestehen wir weiter auf den Verabredungen mit der Union und fordern endlich Verlässlichkeit ein. Der Umgang mit dieser Wahl hat Spuren hinterlassen”, sagte SPD-Generalsekretär Tim Klüssendorf den Zeitungen der Funke Mediengruppe.

Linkenchef Jan van Aken warf der Koalition dagegen mangelnde Fortschritte bei der Lösung der Richterwahl vor. “Inhaltlich sind die Union und die SPD keinen Millimeter weiter als am 11. Juli”, sagte er der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Van Aken erneuerte zudem die Forderung seiner Partei nach einem Vorschlagsrecht für Verfassungsrichter, das die Linke als Gegenleistung für die Unterstützung von Richterkandidaten der schwarz-roten Koalition fordert.

“Für uns ist es wichtig, dass das alte Modell für das Vorschlagsrecht zur Richterwahl – drei Vorschläge von der Union, drei von der SPD, je einer von Grünen und FDP – neu diskutiert wird, entsprechend den neuen Kräfteverhältnissen im Bundestag und im Bundesrat”, sagte der Linkenchef.

Linke werden weiterhin keiner Sondersitzung zustimmen

Solange es dazu nicht komme und auch nicht erkennbar sei, dass Union und SPD ihren Konflikt über Brosius-Gersdorf beigelegt hätten, werde die Linkspartei auch keiner Sondersitzung des Bundestags zustimmen, sagte der Linkenchef. “Was soll es bringen, die Abgeordneten vom halben Erdball zurückzurufen, um dann wieder dasselbe Ergebnis zu haben?” Erst wenn es Gespräche mit der Linken gegeben habe, werde die Partei einer Sondersitzung zustimmen.

Die 54-jährige Brosius-Gersdorf steht im Mittelpunkt einer beispiellosen Auseinandersetzung um die Besetzung von Richterposten bei Deutschlands höchstem Gericht. Nachdem die Unionsführung zunächst ihre Zustimmung für ihre Wahl zusammen mit zwei weiteren Bewerbern gegeben hatte, forderten CDU/CSU den Koalitionspartner SPD auf, die Kandidatur von Brosius-Gersdorf zurückzuziehen.

Daraufhin musste im Bundestag die Neubesetzung aller drei Richterposten kurzfristig von der Tagesordnung genommen werden. Der Streit ist eine schwere Belastung für die erst seit Mai amtierende schwarz-rote Regierungskoalition.

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