Bundesverfassungsgericht: AfD will juristisch gegen Sondersitzungen des Bundestags vorgehen | ABC-Z

Die AfD will wegen der geplanten Sondersitzungen des Bundestags das Bundesverfassungsgericht einschalten. „Die Bundestagspräsidentin ist nach unserer Überzeugung verpflichtet, den neuen Bundestag einzuberufen“, sagte AfD-Parteivize Stephan Brandner der Rheinischen Post. „Nachdem wir sie außergerichtlich aufgefordert haben, sich zu verhalten, leiten wir zu Beginn kommender Woche ein Verfahren beim Bundesverfassungsgericht ein“, kündigte er an.
Sie als Abgeordnete hätten „nicht genügend Zeit zur Einarbeitung und zur politischen Willensbildung, um über Grundgesetzänderungen zu entscheiden“, sagte Brandner. In der kommenden Woche lägen mit dem amtlichen Endergebnis der Bundestagswahl die Voraussetzungen für die Einberufung des neuen Parlaments vor. „Der alte Bundestag ist allenfalls legitimiert, in Notfällen zu handeln, aber nicht, um grundlegende Weichen für die Zukunft zu stellen.“
Am 13. und 18. März sind Sondersitzungen des Bundestags in der alten Zusammensetzung geplant. Das Plenum soll dann über das zwischen Union und SPD ausgehandelte Finanzpaket debattieren und abstimmen. Weil es sich um Grundgesetzänderungen handelt, ist eine Zweidrittelmehrheit nötig. Union und SPD sind deshalb zum Beispiel auf Stimmen der Grünen angewiesen. Im neuen Bundestag verfügen AfD und Linke gemeinsam über eine sogenannte Sperrminorität – mit der sie solche Beschlüsse im Bundestag blockieren können.
Neben der AfD erwägt auch die Linke juristische Schritte. „Wir prüfen momentan verschiedenste rechtliche Optionen, um vor das Bundesverfassungsgericht zu ziehen“, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der Linken, Christian Görke der Nachrichtenagentur dpa.
Ehemaliger Präsident des Bundesverfassungsgerichts sieht keine Bedenken
Unterdessen hält es der frühere Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Hans-Jürgen Papier, für verfassungsgemäß, eine Änderung der Schuldenregeln im Grundgesetz vom noch amtierenden Bundestag beschließen zu lassen. „Juristisch habe ich überhaupt keine Bedenken, wenn eine Reform der Schuldenbremse mit den alten Mehrheiten beschlossen wird“, sagte Papier den Zeitungen der Funke Mediengruppe.
Papier verwies auf Artikel 39 des Grundgesetzes, wonach die Wahlperiode mit dem Zusammentritt eines neuen Bundestages endet. „Der jetzt amtierende Bundestag ist also noch in vollem Umfang demokratisch legitimiert“, sagte der Staatsrechtswissenschaftler.
Eine Erhöhung der Verteidigungsausgaben ist nach Ansicht Papiers auch verfassungsrechtlich dringend geboten. „Das Grundgesetz verlangt eine wirksame Landesverteidigung. Dagegen verstößt die Politik seit Jahren massiv“, sagte er.
Beim geplanten Sondervermögen von 500 Milliarden Euro für Infrastrukturausgaben werde „die politische Rechtfertigung besonders schwierig“, sagte Papier. Dem riesigen Nachholbedarf in diesem Bereich hätte der Staat deutlich früher begegnen müssen. „Wir haben es seit Jahren mit einem enormen Staatsversagen zu tun.“ Das räche sich jetzt. „Deshalb sollen wir diese atemberaubenden Ermächtigungen zum Schuldenmachen ins Grundgesetz nehmen“, sagte Papier und warnte zugleich vor den damit einhergehenden „enormen Belastungen für mehrere Generationen“: „Sondervermögen verleiten zu uferlosen Ausgaben und zu einer Aufblähung des Staatsapparats.“