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Bundestrainer Julian Nagelsmann im Interview vor Nations League gegen Italien | ABC-Z

Julian Nagelsmann, 37 Jahre alt, ist seit September 2023 Fußball-Bundestrainer. Bei der EM 2024 im eigenen Land verlor er mit der deutschen Elf im Viertelfinale. In der Nations League geht es am 20. und 23. März gegen Italien um den Einzug ins Finalturnier. Zuletzt verlängerte Nagelsmann, der zuvor Hoffenheim, Leipzig und die Bayern trainierte, seinen Vertrag bis Ende der EM 2028.

Fußballdeutschland streitet seit Wochen, welche die beste deutsche Mannschaft ist, Bayern München oder Bayer Leverkusen. Aber lassen Sie uns zuerst über eine Frage sprechen, die die ganze Fußballwelt bewegt: Was ist eigentlich mit Manchester City los?

Ich finde herausragend, was dort passiert. Nicht aus sportlicher Sicht, sondern wie ruhig dieser Verein bleibt. Das ist für mich das Paradebeispiel für perfektes Arbeiten. Es gibt – zumindest habe ich nichts anderes wahrgenommen – nicht ein Interview eines City-Verantwortlichen, der sich über die Situation negativ äußert. So ein Verhalten wünsche ich mir auch von anderen Klubs, die viel zu viel Unruhe stiften und bei der Frage, wer der richtige Trainer ist, viel zu schnell handeln.

Wenn man immer sagt, der Trainer sei die wichtigste Figur im Verein, dann muss der Auswahlprozess für einen Trainer auch der aufwendigste sein. Wenn Wirtschaftsunternehmen sich zwei Wochen Zeit nehmen, um einen Mitarbeiter zu durchforsten, aber ein Trainer teilweise nach nur einem Telefonat verpflichtet wird, ist das der falsche Ansatz. City macht das in Perfektion, wie a) honoriert wird, dass jemand sehr erfolgreich war, aber b) auch toleriert wird, dass es eine Phase gibt, in der es augenscheinlich und unerklärlicherweise nicht mehr läuft.

Aber die Frage, warum es nicht läuft, bleibt trotzdem. Ist es eine fußballerische Zeitenwende, das Ende des Pep-Fußballs, und kommt nun vielleicht etwas Neues?

Ich finde nicht, dass der Pep-Fußball entschlüsselt ist. So etwas passiert vielen großen Teams. Dortmund hatte das unter Jürgen Klopp, auch in Liverpool erging es ihm so. In München ist es nicht in dem Ausmaß passiert, weil die Mannschaften dahinter zu viel mit sich zu tun hatten und die Chance nicht genutzt haben. Das ist eine Sache, die im Kopf passiert: Wenn du gewohnt bist, immer zu gewinnen, und plötzlich gelingt das nicht mehr, kommen Spieler ins Nachdenken. Das potenziert sich dann. Es ist relativ leicht, für einen kurzen Zeitraum erfolgreich zu sein, aber so einen ganz langen Zeitraum wie City, das ist extrem kompliziert.

Das erklärt tatsächlich viel, weil er ein ganz wichtiger Faktor für die Mannschaft ist. Auch, weil City zuletzt auf dem Transfermarkt anders agiert hat und den einen oder anderen Spieler geholt hat, der ein bisschen extrovertierter ist. Da ist ein Rodri sehr wertvoll, mit seiner Ruhe am Ball, mit seiner Fähigkeit, auch mal jemanden einzunorden im Mannschaftsverbund.

Einen Rodri hat auch die deutsche Nationalmannschaft nicht …

Ich sehe keinen, der wie Rodri spielt. Aber das ist auch nicht schlimm. Ich bin ohnehin kein großer Freund davon, den einen Spieler hervorzuheben. Wenn man diesen Einzelspieler nicht hat, der das verkörpert, dann muss das Gefüge das verkörpern. Und das machen wir ganz gut.

„Emotionalität auf drei, vier taktische Varianten umzusetzen, das macht am Ende eine Topmannschaft aus.“Thomas Dashuber

Am Mittwoch sah es zumindest so aus, ja.

Es gab zwischen Bayern und Leverkusen auch schon andere Duelle, in denen eine Mannschaft total unterlegen war. Aber der Unterschied ist: Dass Bayern aus der Überlegenheit drei Tore macht, und Leverkusen vor drei Wochen keins. Ohne ins Detail zu gehen, aber das Spiel lief für Leverkusen schon von Anfang an schlecht.

Die Frage ist ja, was zuerst da war: die Leverkusener Fehler oder, dass mit Granit Xhaka und Florian Wirtz die wichtigsten Spieler von den Bayern total lahmgelegt wurden.

Manndeckung zu spielen ist nichts Besonderes. Damit kann ein Spieler wie Flo normalerweise umgehen. Aber es waren einfach vom Personal her fünf Defensivspieler auf dem Platz. Als dann Mukiele vom Platz flog, habe ich aus neutraler Sicht gehofft, dass jetzt vielleicht kein Innenverteidiger eingewechselt wird. So eine Situation kann auch eine Chance sein, oder zumindest kein Nachteil, weil das Überzahlspiel ja ganz wenig trainiert wird, netto vielleicht ein paar Minuten im Jahr. Aber dann kam ein Innenverteidiger, so dass sich an der Statik nichts änderte. Ich will das aber nicht bewerten, Xabi Alonso hat alles gewonnen.

Von Bayern lernen hieß immer siegen lernen. Kann man auch vom Leverkusener Modell etwas mitnehmen?

Auf Verbandsebene gewinnt die Mannschaft, die am stabilsten in ihren Abläufen ist, und nicht die, die am variabelsten ist. Wenn man Argentinien bei der WM oder Spanien bei der EM sieht: Die haben immer gleich gespielt. Aber die Überzeugung, dass man auch gegen Ende des Spiels etwas entscheiden kann, diesen Glauben bis zur letzten Minute – das ist schon etwas. Wenn man die Spieler aus Leverkusen fragt, was Alonso besonders macht, sprechen sie nicht von inhaltlichen Dingen, die vollkommen anders sind als bei anderen Trainern, sondern immer auch über diese Real-Madridsche-Überzeugung: Bis zum Schluss gewinnen zu können. Dem Festhalten am Plan, bis der Schiedsrichter abpfeift. Das haben wir auch bei der EM gegen die Schweizer und Spanier sehr gut gemacht.

Florian Wirtz fehlt Ihnen und Bayer Leverkusen erst einmal. Kann er, wenn er fit ist, der Spieler sein, der 2026 ein ganzes WM-Turnier prägt?

Flo kann schon ein Turnier prägen, aber nicht alleine. Auch dafür war der Mittwoch ein sehr gutes Beispiel. Er hatte Momente, in denen er drei, vier Spieler aussteigen lässt, oder mit einer guten Ballmitnahme vorbei ist an seinem Gegenspieler. Aber es geht immer auch um eine gute Spielfortsetzung. Darum, dass du dann auch die Mitspieler hast, die dich in Szene setzen, oder die deine guten Pässe und guten Momente verwerten. Aber persönlich sehe ich ihn in einem sehr guten Prozess. Er wird nochmal torgefährlicher, ein bisschen egoistischer in gewissen Situationen. Im letzten Jahr war es mir teilweise zu mannschaftsdienlich. Gerade auf seiner Position brauchen wir das: Spieler, die eine gute Torgefahr ausstrahlen, die selbst Abschlüsse haben. Wir brauchen Spieler, die zuverlässig Tore schießen. Flo hat, ungeachtet dieses einen Spiels gegen Bayern, eine beachtliche Entwicklung. Das macht seine Verletzung umso ärgerlicher. Noch dazu der Ausfall von Kai Havertz, der uns ebenso weh tut. Kai ist ein Spieler, der bei einer WM auch mal sechs, sieben Tore machen kann, wenn er seinen Rhythmus hat.

Wir haben mit Jamal Musiala einen ähnlichen Spielertypen, der auch viel Fokus auf sich zieht. Er und Flo sind outstanding, was ihr Talent angeht, was ihre Offensivpower angeht. Aber wir sind in Deutschland immer gut damit gefahren, dass wir nicht diesen einen Spieler haben, auf den sich alles fokussiert. Auch bei der EM hatte niemand diese Allüren, dass er sich auf einem anderen Niveau gesehen hat als die anderen. Flo ist ein arbeitender Zehner, der viel unterwegs ist und gerne auch in einem guten Gefüge.

Bei der EM war İlkay Gündoğan der, der sich um die Balance im deutschen Spiel gekümmert hat, der ist aber nicht mehr da. Wer soll das übernehmen?

İlkay war der Verbindungsspieler, der die Gabe hat, ein Spiel zu beschleunigen, aber auch zu entschleunigen. Er hat ein Gespür, das andere nicht haben. Generell hat Josh (Kimmich) eine große Bedeutung für uns, weil er einfach sehr intelligent und ein guter Fußballer ist. Rechts hinten ist er vielleicht den Tick weiter weg von den beiden als İlkay, aber er hat trotzdem ein sehr gutes Gehör bei allen Spielern und die Fähigkeit, auch selbst durch eigene Ballaktionen das Tempo zu bestimmen.

Er war gegen Leverkusen nicht nur im Zentrum, er war der Dreh- und Angelpunkt, als Manndecker, Impulsgeber, später auch Kapitän. Er wäre wahrscheinlich sogar ins Tor gegangen …

Er hat ein sehr, sehr gutes Spiel gemacht. Man merkt in so wichtigen Spielen, wie stabil er ist.

Im Nationalteam, so wirkt es, ist im Zentrum noch viel offen. Ist das auch für die Stabilität die wichtigste Entscheidung, die Sie treffen müssen?

Ich muss abwägen: Was ist die kleinere, was ist die größere Baustelle? Aktuell sehe ich noch keinen stabileren Rechtsverteidiger als Josh, erst recht nicht nach der Verletzung von Benny Henrichs. Auf der Sechs habe ich Pascal (Groß), Angelo (Stiller), Pavlo (Aleksandar Pavlović), wenn er fit ist, Rob (Andrich), Felix (Nmecha) und weitere Kandidaten. Das ist die kleinere Baustelle. Deswegen halte ich auch erst einmal daran fest.

Aber mit Blick auf Kimmich hätten Sie nichts dagegen, wenn sich das nochmal ändert.

Vor allem ist Josh ein gutes Beispiel für die Frage, welche Rolle die Emotionalität neben der Qualität spielt. Gegen Leverkusen hatten beide Mannschaften die ersten 30 Minuten den Ansatz, das Pressing des Gegners mit langen Bällen zu überspielen. Da hat Josh eigentlich jedes Kopfballduell gewonnen. Das war ein richtig gutes Zeichen an junge Spieler: Wenn es dir sehr wichtig ist, ein Spiel zu gewinnen, kannst du auch jedes Kopfballduell gewinnen, selbst wenn du nur 1,77 Meter groß bist. Wenn du nicht den unbedingten Willen hast, ein Kopfballduell zu gewinnen, bringt es auch nichts, wenn du 1,90 bist. Bei Josh sah man genau, wie bedeutend es ihm ist, in der Champions League weiterzukommen. Das zeigte er in jeder Aktion.

„Es gibt Spieler, die bei der WM vielleicht nicht mehr dabei sind, weil sie schon ein gewisses Alter haben.“
„Es gibt Spieler, die bei der WM vielleicht nicht mehr dabei sind, weil sie schon ein gewisses Alter haben.“Thomas Dashuber

Wie erklären Sie sich, dass er nicht über jeden Zweifel erhaben ist? Es gab Phasen, in denen er in der Öffentlichkeit relativ kritisch gesehen wurde.

Er ist ein Spieler, der polarisiert, durch seine Art, auch durch seinen Ehrgeiz. Ehrgeiz ist etwas, das nicht jeder super-sympathisch findet. Wenn du einer bist, der immer gewinnen will und das auch sehr verkörpert, deuten das viele als arrogant oder als zu ehrgeizig. Er ist einer, der aneckt, eine Meinung hat, diese auch kundtut. Ich finde, man muss auch nicht unbedingt über alle Zweifel erhaben sein. Man muss versuchen, immer sein Bestes zu geben, alles reinzuwerfen.

Wir halten jedenfalls fest: Bewerber für rechts hinten sind herzlich willkommen!

Wir haben ein paar Kandidaten, aber ich bin über viele Leistungen nicht superglücklich. Da würde ich mich freuen, wenn Spieler einfach mitdenken und schauen, welche Position vakant ist und wo sie sich relativ leicht reinspielen können.

Am Donnerstag geben Sie den Kader für die beiden Nations-League-Viertelfinalspiele gegen Italien bekannt. Werden wir die Mannschaft so ähnlich wieder sehen, wie wir sie im November mit dem Sieg über Bosnien-Hercegovina und dem Unentschieden gegen Ungarn verabschiedet haben, oder werden Sie etwas Neues präsentieren?

Das ist der kürzeste Lehrgang, den wir haben, da können wir gar nicht viel verändern. Wir können in zwei Einheiten den Plan gegen die Italiener trainieren, so 20 Minuten jeweils.

Und generell, mit Blick auf die WM? Toni Kroos hat nach dem EM-Aus gegen Spanien den Auftrag hinterlassen, dass man so einen Gegner auch mal ein bisschen laufen lassen und dabei seine eigene Mitte behalten müsse. Im November wirkte es eher, als würden Sie die Intensität erhöhen, mit noch mehr Druck, noch mehr Pressing spielen. In welche Richtung geht’s?

Ich habe Tonis Botschaft auch gelesen. Aber das ist auf Nationalmannschaftsebene nicht ganz so leicht. Da musst du versuchen, den Großteil der Spielercharaktere widerzuspiegeln in der Art, wie du spielst, und natürlich sollte es auch dazu passen, wie sie im Klub spielen. Wir können ja nicht nur Spieler von Real Madrid einladen, die tief stehen und auf Konter spielen. Die Mannschaften, von denen unsere Spieler kommen, spielen oft hohes Pressing oder auch aktiven Fußball. Und generell ist das auch meine Philosophie und ich muss schon versuchen, mich in dem, was ich vermittle, selbst wohlzufühlen. Fußball ist für mich immer auch Emotionalität. Das ist auch der Punkt, der die Nationalelf wieder beim Publikum nach vorne gebracht hat.

War das Spiel der Bayern gegen Leverkusen ein Beispiel dafür, dass Intensität und Emotionalität am Ende manchmal wichtiger sind als taktische Varianten.

Wir müssen schon noch etwas variabler werden. Aber wenn ich die Wahl zwischen einer maximalintensiven Spielweise und einer sehr taktischen habe, dann bevorzuge ich immer die intensivere. Am besten ist es, wenn du es schaffst, die Emotionalität auf drei, vier taktische Varianten umzusetzen, das macht am Ende eine Top-Mannschaft aus.

Die Spanier haben diese extreme Emotionalität eigentlich nicht, sondern eher eine gewisse Coolness. Und trotzdem sind sie gerade wieder State of the Art.

Ich finde, die Spanier haben eine ähnlich interessante Mischung wie wir. Sie haben Spieler, die brutal emotional sind, wie Carvajal oder Cucurella, dann aber auch drei, vier Top Einzelspieler und zwei, drei Figuren, die eine extreme Ruhe haben, vor allem Rodri im Zentrum. Trotzdem finde ich, dass sie gegen uns die schlechtere Mannschaft waren und letztlich auch die schlechteren Chancen hatten. Wenn die Spanier State of the Art sind, sind wir also nicht so ganz weit davon entfernt.

Sie sagten nach der EM, Sie hätten zwei, drei Dinge anders machen sollen. Damit meinten Sie vermutlich auch die Startaufstellung gegen Spanien, als Sie Emre Can und Leroy Sané anstelle von Robert Andrich und Florian Wirtz brachten?

Ich halte daran fest, dass die grundsätzliche Idee, zwei Spieler zu bringen, die extremes Tempo haben, die richtige war. Die Ausführung der Spieler war dann nicht die, die wir von ihnen erwartet haben, aber das haben sie ja nicht mit Absicht gemacht. Das ist immer die Krux als Trainer: Dass man eine Idee hat, die super aufgehen kann – oder eben nicht.

Ist es vielleicht trotzdem ein Turnier-Learning fürs nächste Mal: Dass man lieber dem Flow folgt, als nochmal eine neue, eigene Idee reinzubringen?

Klar hätte man gegen Spanien wieder mit derselben Startelf spielen können. Aber auch das gibt dir keine Garantie, dass es besser gewesen wäre. Es liegt auch immer an der Leistung der Spieler vorher, wie viele neue Ideen du einbringst. Wenn wir immer super zufrieden gewesen wären mit allen Leistungen, hätten wir wahrscheinlich nichts verändert – unabhängig von Tempo. Dann wäre die Idee vielleicht nicht entstanden.

Das war eine Sache – gibt es noch etwas, das Sie anders gemacht hätten?

Im Nachhinein hätte ich schon gerne noch ein, zwei andere Spieleröffnungen eingebracht. Am Ende waren wir vielleicht einen Tick zu leicht ausrechenbar, leichter, als es meine Vereinsmannschaften waren, weil wir einfach sehr lange am selben Stil festgehalten haben, der sehr stabil war. Aber auch da weiß man nicht: Hätte das wirklich zu einer besseren Leistung geführt? Die Zeit vor der EM war einfach sehr knapp. Aber Richtung WM wird das ein Prozess, den wir vollziehen müssen, um in K.o.-Spielen noch besser auf gewisse Situationen reagieren zu können.

Sie haben den WM-Titel als Ziel ausgerufen. Gibt es dafür so eine Art Projektplan, wo man permanent schaut, wie weit man auf dem Weg ist?

Natürlich gibt es einen Masterplan, wie wir die WM-Qualifikation und dann auch die WM gestalten wollen. Ich halte daran fest, dass wir einen Stamm haben von 13, 14 Spielern, die unser Vertrauen haben. Es darf nicht wie beim Verein offene Positionen geben. Sowohl auf dem Feld als auch außerhalb müssen die Rollen klar sein, auch wenn das im Moment vielleicht ein bisschen offener ist. Aber es gibt auch Spieler, die bei der WM vielleicht nicht mehr dabei sind. Weil sie schon ein gewisses Alter haben und damit für den Übergang wichtig sind, aber bei der WM vielleicht nicht mehr diese tragende Rolle spielen können.

„Ich glaube daran, dass wir unseren Peak bei der WM erreichen können.“
„Ich glaube daran, dass wir unseren Peak bei der WM erreichen können.“Thomas Dashuber
Da müssen wir auch wieder ans Zentrum denken, bislang haben dort Pascal Groß und Robert Andrich einen Platz. Es hieß schon vor einer Weile einmal, Sie würden sich von Aleksandar Pavlović und Angelo Stiller eine Art Extra-Boost für die WM versprechen.

Ja, das sind natürlich zwei Spieler, über die wir nachdenken, die von der Altersstruktur eigentlich perfekt wären für die WM. Aber wenn wir bei Pavlo bleiben: Wenn der Rhythmus so bleibt, wie er jetzt ist, dass er maximal 50 Prozent spielt, wird es eng. Bei Rob in Leverkusen ist es fast noch weniger. Wenn ich mit Blick auf die WM eine Sorge habe, dann ist es, dass manche Spieler zu wenig spielen. Um eine richtig tragende Rolle in der Nationalmannschaft zu haben, musst du im Verein Stammspieler sein, oder zumindest 70, 80 Prozent der Spiele machen. Aber ich werde natürlich nicht zu Vincent Kompany gehen und sagen: „Der Pavlo muss mehr spielen.“ Das gehört sich nicht. Außerdem ist es die Aufgabe derer, die bei der WM spielen wollen, dafür zu sorgen, dass es so ist.

Sie selbst galten immer als Taktiknerd, als Kopfmensch, als Nationaltrainer legen Sie deutlich mehr Wert aufs Emotionale. Staunen Sie manchmal selbst über diese Entdeckung?

Retrospektiv hätte ich das im Verein manchmal auch mehr machen können. Das gehört zu meinen Learnings, was ich beim Verein nicht optimal gemacht habe. Ich habe mich nie als unnahbaren Trainer gesehen. Aber es ist eben so, dass man im Verein inhaltlich durch Training mehr bewegen kann als im Verband. Als Nationaltrainer sind das Team, das Gefüge, die Stimmung und die Herzverbundenheit zur Mannschaft mit das Wichtigste. Hier muss ich die Spieler mehr in den Arm nehmen. Es ist meine Mannschaft, ich habe die Spieler ausgesucht. Und wenn ich die Bilder der EM-Doku sehe, spüre ich extrem, dass die Spieler genau das gleiche verkörpern und fühlen, was ich verkörpere und fühle: Dass wir eine gute EM gespielt haben, aber noch nicht fertig sind.

Sie haben Ihren Vertrag verlängert, weil der Job Ihnen Spaß macht. Aber vielleicht auch, weil der wahre Peak erst bei der EM in drei Jahren kommt?

Nein. Ich glaube daran, dass wir unseren Peak bei der WM erreichen können. Die Lernkurve, die ich bei uns sehe, ist viel steiler, als ich sie von Vereinen kenne.

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