Bundestagswahl: Der Freie Demokratische Partei-Plan für die Rückkehr an die Macht – und eine Spitze gegen die Union | ABC-Z
Die FDP setzt in ihrer Kampagne zur Bundestagswahl auf den Ruf nach grundlegenden Veränderungen, vor allem in der Wirtschaftspolitik. Parteichef Lindner ruft eine weitere Regierungsbeteiligung als Ziel aus – mit der Union. Denn wenn die mit SPD oder Grünen koaliere, komme „das Gleiche raus wie immer“.
Eine „neue Dynamik“ hatte sich Christian Lindner von dem Ampel-Aus erhofft, für Deutschland, aber natürlich auch für seine Partei. Tatsächlich dürfte der Großteil der Republik erleichtert gewesen sein über das vorzeitige Ende der zerstrittenen Bundesregierung. Die FDP aber profitierte davon bislang nicht.
Die Freien Demokraten verharren in den Umfragen unterhalb der Fünf-Prozent-Marke. Ein wesentlicher Grund dürfte die missratene Kommunikation der Entscheidung durch den Parteichef gewesen sein: Statt selbstbewusst auf die Rolle der FDP als treibende Kraft für Neuwahlen hinzuweisen, druckste Lindner herum.
Erst legte er großen Wert darauf, dass sein Forderungspapier für eine „Wirtschaftswende“ nicht von der FDP an die Öffentlichkeit lanciert worden sei, sondern von den Koalitionspartnern. Und nach seinem Rauswurf aus dem Kabinett warf Lindner Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) vor, sich akribisch genau darauf vorbereitet zu haben.
Als dann ein Papier aus dem Büro von FDP-Bundesgeschäftsführer Carsten Reymann an die Medien durchgestochen wurde, das die eigenen, sehr detaillierten Vorbereitungen der Liberalen offenlegte und darüber hinaus in zweifelhaftem Militärjargon („D-Day“) verfasst war, rührte das an Lindners Glaubwürdigkeit.
Nicht besser wurde die Lage dadurch, dass führende FDP-Politiker die Verwendung des Wortes D-Day zunächst bestritten hatten, was später zu Rücktritten von Generalsekretär Bijan Djir-Sarai und Geschäftsführer Reymann führte. Und ob es klug war, dass Lindner das Dokument an diesem Montag auf einer Veranstaltung der parteinahen Friedrich-Naumann-Stiftung nun als „Praktikanten-Papierchen“ bezeichnete, sei ebenfalls dahingestellt – immerhin war Reymann über viele Jahre einer seiner engsten Mitarbeiter.
Wie auch immer: An diesem Dienstag versuchte der FDP-Chef den Blick nach vorn zu richten. Gemeinsam mit dem designierten Generalsekretär Marco Buschmann stellte Lindner im Hans-Dietrich-Genscher-Haus die Kampagne für die Bundestagswahl am 23. Februar vor.
„Er ist unser Gesicht“, sagt Buschmann über Lindner
Auf Deutschlands Straßen werden die Bürger in den nächsten Wochen viele Schwarz-Weiß-Bilder von Lindner zu sehen bekommen – und daneben einen leuchtend gelben Hintergrund mit den zentralen Wahlkampf-Botschaften in schwarzen Lettern. Die wichtigste lautet: „Alles lässt sich ändern.“
Die FDP will sich als einzige politische Kraft präsentieren, die für Veränderung steht. Das sei auch glaubwürdig, sagte Lindner – und knüpfte an das Ampel-Aus an, weil man die Ernsthaftigkeit dieser Forderung dadurch bewiesen habe, „dass wir auf die Regierungsbeteiligung verzichtet haben“.
Die Plakatfarben haben auch eine politische Bedeutung. Denn die FDP will klarmachen, dass aus ihrer Sicht politische Veränderung nur mit einer schwarz-gelben Koalition möglich sei. Von Schwarz-Rot oder Schwarz-Grün gehe „kein Erneuerungsimpuls aus, sondern ein Weiter-so“. Mit einer Regierungsbeteiligung von SPD oder Grünen komme „das Gleiche raus wie immer“, so Lindner. Nur mit ihm und seiner Partei gebe es die Chance darauf, die vor einem Jahrzehnt falsch gestellten Weichen neu auszurichten. Buschmann ging noch einen Schritt weiter und stellte überspitzt die These auf, die CDU übernehme am Ende immer das Programm ihrer Koalitionspartner.
Thematisch setzt die FDP vor allem auf Wirtschaftskompetenz. Die entsprechenden Plakatslogans lauten: „Alles geben auch für deinen Job“ – „Schönreden ist keine Wirtschaftsleistung“ – „Schulden: Kinder haften für ihre Eltern“. Dazu kommt das Thema der illegalen Einwanderung („Migration: Auch guter Wille muss Grenzen setzen“) sowie des übergriffigen Staates („Vater Staat ist nicht dein Erziehungsberechtigter“).
Die in den weltpolitisch bewegten Zeiten nicht ganz irrelevanten Themenfelder der Außen- und Sicherheitspolitik spielen in der Kampagne keine Rolle. Generalsekretär Buschmann erläuterte, dass Deutschland die zweifellos großen Aufgaben in diesen Feldern nur bewältigen könne, wenn es wieder Wirtschaftswachstum gebe.
Letztlich konzentriert sich die FDP mithin auf den alten Bill-Clinton-Slogan „It‘s the economy, stupid“. Das bereits erstellte Konzept für eine „Wirtschaftswende“ wird den Kern des noch in Arbeit befindlichen Wahlprogramms bilden, die gesellschaftspolitischen, rechtsstaatlichen und sicherheitspolitischen Themen sind eher Beiwerk.
„Alles lässt sich ändern, auch unsere wirtschaftliche Lage können wir drehen“, sagte Lindner. „Wir haben das Know-how, das Kapital und die Menschen.“ Offen bleibt die Frage, ob die Zeit für die FDP reicht. Vor der vorigen Bundestagswahl schaffte es die Partei, eine für sie schlechte Stimmungslage in zehn Monaten zu drehen. Diesmal bleiben nur noch 75 Tage bis zum Wahltag.
Die FDP hat sich vorgenommen, diesen kurzen Weg mit einem „optimistischen Grundimpuls“ zu gehen – und mit Christian Lindner als Zugpferd. „Er ist unser Bundesvorsitzender und unser Gesicht“, sagte Buschmann. Und der Ex-Bundesfinanzminister sei ein „glaubhafter Botschafter, dass wir die Bereitschaft haben, alles zu geben, im Zweifel auch Ämter“. Es ist nun an den Wählern zu entscheiden, ob sie diese Einschätzung teilen.
Politikredakteur Thorsten Jungholt ist zuständig für die Berichterstattung über Bundeswehr, Sicherheitspolitik, Justiz und die FDP.