Bundestagsverwaltung prüft Auslandsreisen noch einmal | ABC-Z
Die Bundestagsverwaltung prüft die umstrittenen Auslandsreisen des hessischen Grünen-Vorsitzenden Andreas Ewald noch einmal. Damit reagiert sie auf die Berichterstattung der F.A.Z. über die Täuschung der Behörde durch die Partei. Sie hatte die beiden Aufenthalte in Israel und in den Vereinigten Staaten als Privatsache deklariert.
So wollte sie den Vorwurf entkräften, dabei handele es sich sowohl um einen Verstoß gegen die Compliance-Regeln der Grünen als auch um die Annahme von illegalen Spenden. Als solche dürften die von den Veranstaltern der Reisen übernommenen Kosten in einer Höhe von knapp 30.0000 wohl zu betrachten sein.
Es handelt sich um geldwerte Vorteile, die Ewald in seiner Eigenschaft als Parteivorsitzender entgegennahm. Solche Zuwendungen sind illegal, wenn sie, wie in diesem Fall, aus dem außereuropäischen Ausland stammen. Die hessische Landtagsabgeordnete Kathrin Anders hatte im vergangenen Herbst beklagt, dass die Parteiführung nicht aufkläre.
Im Dezember trat sie von ihrem Amt als Ko-Vorsitzende zurück. Wenige Tage später kündigten auch Ewald und die übrigen Mitglieder des Vorstands ihren Rückzug an. Er soll aber erst nach der Bundestagswahl am 23. Februar vollzogen werden, damit die Parteiführung den Wahlkampf noch organisieren kann.
Widersprüche im Mailverkehr mit israelischem Konsulat
Begründet wurde der angekündigte Rücktritt mit der Tatsache, „dass das Vertrauen der Partei in den Landesvorstand Schaden genommen hat“. Die Berichterstattung der F.A.Z. über die Täuschung der Bundestagsverwaltung durch die Grünen wies Ewald stets zurück. Die Vertreter der Partei unterstrichen regelmäßig, dass die für die Parteienfinanzierung zuständige Behörde die Auslandsreisen nicht beanstande.
Das traf bislang zu. Sogar zwei Mal hatte die Bundestagsverwaltung den Grünen und der Öffentlichkeit bestätigt, keine Bedenken zu haben. Allerdings hatte sie stets betont, dass sie nicht selbst ermittle, sondern sich in ihrer rechtlichen Bewertung allein auf die „Sachverhaltsdarstellung“ der Partei stütze.
Dass sie falsch und lückenhaft war, lässt sich spätestens beweisen, seit die Partei ihren Mitgliedern den Schriftwechsel mit der Bundestagsverwaltung im Dezember in einem Rundschreiben zugänglich machte.
Dass es sich bei dem Israel-Aufenthalt um eine „nichtdienstliche Reise“ gehandelt habe, sei schon daran zu erkennen, „dass der Landesverband in das Zustandekommen der Reise nicht involviert war“, erklärten die Grünen beispielsweise am 4. Dezember. Diese Behauptung wird durch eine der F.A.Z. vorliegende E-Mail widerlegt, in der Ewald knapp zwei Wochen vor dem Flug nach Tel Aviv im April das israelische Generalkonsulat in einer E-Mail um Auskünfte zu den Planungen für die Delegationsreise bat.
Aufarbeitung trotz Bundestagswahlkampf
Er verwendete dafür die Signatur der Partei mit seiner in fetten Lettern dargestellten Funktion: Landesvorsitzender. Dass Ewald seine Reise in dieser offiziellen Eigenschaft antrat, belegt auch die Antwort des Generalkonsulats vom 27. März: „Sehr geehrter Herr Vorsitzender Ewald, schön, dass Sie dabei sind.“ In der Delegationsmappe ist der Parteichef dementsprechend als „Chairman of Alliance 90/The Greens in the State of Hesse“ aufgeführt.
Die innerparteiliche Debatte kam in den Weihnachtsferien zur Ruhe, nachdem die Grünen Mitte Dezember ihre Kandidatenliste für die Bundestagswahl aufstellten. Es wurde beschlossen, für „Transparenz“ zu sorgen, sich aber erst einmal auf den Bundestagswahlkampf zu konzentrieren. Doch schon am vergangenen Montag holte das Thema die Partei ein. Angesprochen auf die Auslandsreisen des Vorsitzenden, führte die Spitzenkandidatin Anna Lührmann „fehlende Bedenken der Bundestagsverwaltung“ ins Feld.
Die F.A.Z. nahm die Äußerung zum Anlass, die Behörde zu fragen, ob sie sich korrekt wiedergegeben fühle. Eine Sprecherin teilte daraufhin schriftlich mit, dass man die Partei gebeten habe, den Sachverhalt noch einmal umfassend darzustellen. „Nach Vorliegen dieser Gesamtdarstellung kann voraussichtlich eine abschließende Bewertung vorgenommen werden.“
Uneinigkeit bei den Grünen
Der Ansprechpartner der Behörde ist die Bundesgeschäftsstelle der Grünen. Sie reagierte nicht auf die Frage der F.A.Z., ob sie die Position, es habe sich bei den Reisen um eine Privatangelegenheit gehandelt, in ihrer neuen Darstellung aufrechterhalten werde. Der geschäftsführende Landesvorstand in Wiesbaden teilte lediglich mit, dass man die Antwort an die Bundestagsverwaltung derzeit erarbeite.
Hinter den Kulissen soll es in Berlin und Wiesbaden gegenwärtig einen heftigen Konflikt geben. Die neue Führung der Bundespartei, die für den bisherigen Umgang mit Ewalds Auslandsreisen nicht verantwortlich ist, drängt offenbar auf Ewalds sofortigen Rücktritt.
Gleichzeitig soll er den Verzicht darauf erklären, nach der Bundestagswahl wie geplant als Nachrücker für den nach Berlin wechselnden Abgeordneten Tarek Al-Wazir in den Hessischen Landtag einzuziehen. Gegenüber der Bundestagsverwaltung will man in Berlin rasch „reinen Tisch machen“, um die Sache aus der heißen Phase des Bundestagswahlkampfes herauszuhalten.
In Wiesbaden hört man, dass Fraktionschef Mathias Wagner verzweifelt an Ewald festhalte. Die Staatsanwaltschaft teilte am Freitag mit, dass in der Sache „Vorermittlungen“ liefen.