Bundestagskontrollgremien ohne Linke: Linke wirft Union Demokratiegefährdung vor | ABC-Z

Was Schwerdtner so erregt, ist das Wahlverhalten von CDU und CSU am vergangenen Donnerstag. Denn da ließen diese gleich drei Linksparteiabgeordnete bei der Besetzung parlamentarischer Kontrollgremien durchfallen. Die Fraktionsvorsitzende Heidi Reichinnek scheiterte mit ihrer Kandidatur für das Parlamentarische Kontrollgremium (PKGr), das die Geheimdienste überwachen soll. Mindestens 316 Stimmen hätte sie bekommen müssen, 260 Stimmen erhielt sie.
Parteichefin Schwerdtner schaffte es mit 279 Stimmen nicht in das Bundesschuldenwesengesetz-Gremium, das vom Bundesfinanzministerium über alle Fragen des Schuldenwesens des Bundes unterrichtet werden muss. Und die Kieler Abgeordnete Tamara Mazzi verfehlte mit 263 Stimmen ebenfalls die notwendige Stimmenmehrheit für das Bundeswehrfinanzierungs- und -sondervermögensgesetz-Gremium, das vom Verteidigungsministerium regelmäßig über alle Fragen des „Sondervermögens Bundeswehr“ zu unterrichten ist.
Da auch erwartungsgemäß die AfD-Kandidaten nicht gewählt wurden, sind in diesen drei Gremien bloß noch die Grünen als einzige Oppositionspartei vertreten. Nur in das Vertrauensgremium schaffte es mit Dietmar Bartsch ein Linker. Er bekam 347 Stimmen. Kurios: Ausgerechnet der einzige Linken-Kandidat mit SED-Vergangenheit erhielt damit auch mehrheitlich die Stimmen von CDU und CSU. Aufgabe des Vertrauensgremiums ist es, die Wirtschaftspläne für die Nachrichtendienste zu billigen, die ihm vom Bundesfinanzministerium vorgelegt werden.
Unionspöbelei gegen Reichinnek
Während es von der Union keine öffentliche Begründung für die Nichtwahl von Schwerdtner und Mazzi gab, schoss sie desto schärfer gegen Fraktionschefin Reichinnek. „Sie steht für eine Linkspartei, die sich nach wie vor nicht glaubwürdig vom Linksextremismus distanziert und deren Haltung zum Antisemitismus zumindest ambivalent wirkt“, wetterte der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Steffen Bilger. „Heidi Reichinnek ist unwählbar“, verkündete CSU-Generalsekretär Martin Huber. Denn dem PKGr dürften „nur vertrauenswürdige Personen“ angehören. Harter Tobak.
Das PKGr soll die Arbeit des Bundesnachrichtendienstes, des Militärischen Abschirmdienstes und des Bundesamts für Verfassungsschutz überwachen. Die Bundesregierung muss das Gremium über die Tätigkeiten der Nachrichtendienste und über Vorgänge von besonderer Bedeutung unterrichten. Das formal neunköpfige Gremium ist jetzt nur mit sechs Abgeordneten besetzt, von denen der Grüne Konstantin von Notz der einzige Oppositionspolitiker ist.
Problematischer Nebeneffekt: Die reduzierte Mitgliederzahl gefährdet die Arbeitsfähigkeit. Denn um beschlussfähig zu sein, müssen Zweidrittel der möglichen Mitglieder anwesend sein, was genau den sechs gewählten Mitglieder entspricht. Fehlt auch nur eine oder einer, ist das Gremium beschlussunfähig.
Linksfraktion berät noch über weiteres Vorgehen
Die Union sei „nicht fähig, mit einer starken Opposition umzugehen“, kritisierte Schwerdtner am Montag. „Wenn sie meinen, dass sie eine Fraktionsvorsitzende nicht wählen können, frage ich mich, wer überhaupt in Frage kommt“, so die Linken-Vorsitzende mit Blick auf CDU und CSU. Um die Regierung kontrollieren zu können, sei es für die Linksfraktion jedoch „absolut wichtig, dass jemand von uns in dem Gremium ist“.
Auf ihrer nächsten Sitzung werde die Fraktion beraten, wie sie nun weiter vorgehen wolle, ob sie beispielsweise jemand Neues aufstellen werde, so Schwerdtner. Das gelte auch für die anderen Kontrollgremien. Sie sei aber „nicht bereit, Kandidaten vorzustellen, die der Regierung bequem oder angenehm sind“. Da verspüre sie „ein großes Unbehagen“.