Bundesagentur für Arbeit: Der Mann hinter den Arbeitsmarktzahlen – Wirtschaft | ABC-Z
Ulrich Walwei? „Ein erstklassiger Forscher“, sagt Andrea Nahles, die Chefin der Bundesagentur für Arbeit (BA). Walwei habe sich intensiv mit Themen wie der Beschäftigung älterer Menschen oder atypischen, also jenseits der gängigen, sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsformen befasst. Er habe das auch getan, „wenn sie thematisch gerade nicht ganz vorn auf der politischen Agenda standen“. Als Führungskraft und Politikberater habe der gebürtige Ostwestfale „mit seiner ruhigen und kompetenten Art viel Anerkennung erworben und das über Jahrzehnte hinweg“, sagt Nahles. Und zwar auf einer der einflussreichsten Positionen in der Arbeitsmarktforschung und Politikberatung hierzulande.
Am 31. Dezember geht Ulrich Walwei in den Ruhestand; zumindest, was seine bisherige Funktion angeht. 36 Jahre lang arbeitete er für das Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung in Nürnberg, 22 davon als dessen Vize-Chef. Das IAB ist die unabhängige Forschungs- und Denkfabrik der Bundesagentur für Arbeit. Keine Institution hierzulande befasst sich wissenschaftlich umfassender mit Arbeitsmarkt und Berufswelt. Im IAB werden die grundlegenden Positionen der Bundesagentur entwickelt. Ob über die BA oder unmittelbar speist das IAB seine Erkenntnisse als Basis für politische Entscheidungen in Regierung und Bundestag ein. „Mir war es immer wichtig, dass die exzellenten Forschungsergebnisse des IAB politische Wirksamkeit erfahren“, sagt Walwei.
Diversen BA-Chefs und vier IAB-Leitern arbeitete der passionierte Jogger mit dem markanten Glatzkopf in den mehr als dreieinhalb Jahrzehnten zu. Walwei muss man sich vorstellen wie einen perfekten und einflussreichen Co-Trainer, der kein Cheftrainer werden wollte und auch nicht musste, um hohe Wirksamkeit zu erzielen. Innerhalb des IAB war er die Konstante, geschätzt nicht nur für seinen wertschätzenden Umgang. Als kommissarischer IAB-Chef wehrte er Versuche ab, das IAB zu privatisieren. Nach außen habe er das IAB „wie kein Zweiter souverän und eloquent vertreten“, sagt BA-Chefin Nahles.
1988 war er der jüngste Mitarbeiter – nun geht er als Dienstältester
Dabei wollte Ulrich Walwei eigentlich Steuerberater werden. Nach der Realschule absolvierte er eine Ausbildung zum Steuerfachgehilfen, holte das Abitur nach und studierte in Paderborn Volkswirtschaft. Während seiner Promotion am finanzwissenschaftlichen Lehrstuhl wechselte Walweis Doktorvater Friedrich Buttler an die Spitze des IAB – und nahm ihn mit. Walwei heuerte dort 1988 als jüngster Mitarbeiter an und geht nun als dienstältester. Dazwischen liegen neben vielen wissenschaftlichen Publikationen Jahre an der Spitze der größten IAB-Sparte „Vorausschau“ und des Forschungsbereichs „Internationale Vergleiche, Statistik und Regionales“.
Wie macht es das Ausland, was kann Deutschland in puncto Arbeitsmarktpolitik etwa von Skandinavien lernen – dergleichen Fragen beschäftigen Walwei bis heute. Genauso wie die Frage, ob das deutsche Rentensystem noch zeitgemäß ist oder neu justiert werden muss. Ob die Rente mit 67 unter den gegebenen demografischen Bedingungen ausreicht. Oder wie damit umgegangen werden soll, dass Konzerne Beschäftigte lange vor dem Rentenalter mit goldenem Handschlag in Ruhestand schicken, während das Land gleichzeitig unter Fachkräftemangel ächzt. Walwei selbst möchte übrigens weiterarbeiten; er bleibe dem IAB über eine Teilzeitregelung erhalten, sagt BA-Chefin Nahles. Und er selbst sagt: „Ein Forscher hört nie auf zu forschen.“