BSW-Gründerin bei Maischberger: Sahra Wagenknecht tritt nach | ABC-Z

BSW-Gründerin bei Maischberger
Sahra Wagenknecht tritt nach
30.04.2025, 04:02 Uhr
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Für einige Wochen schien sie verschollen, nun ist sie wieder da: Sahra Wagenknecht. Die Co-Vorsitzende des nach ihr benannten BSW gibt sich am Dienstagabend bei Sandra Maischberger in der ARD die Ehre – kämpferisch wie eh und je, für ihre Partei, die Sache und vor allem für sich selbst.
Das war aber auch ein harter Wahlkampf für Sahra Wagenknecht. Den musste sie quasi ganz allein durchfechten. Und dann erreichte sie noch nicht einmal ihr Ziel, in den Bundestag zu kommen. Ganz knapp verpasste das nach ihr benannte BSW den Einzug ins Parlament. Gerade mal 9500 Wählerstimmen fehlten. Dagegen will sie kämpfen, sagt sie am Abend in der ARD-Talkshow mit Sandra Maischberger. Und darum hat ihre Partei den Antrag gestellt, die Wählerstimmen noch einmal auszuzählen. Ganz genau diesmal. Wäre doch gelacht, wenn der Einzug in den Bundestag nicht doch noch gelänge. Zulasten der schwarz-roten Bundesregierung. Die hätte dann keine Mehrheit mehr.
Sahra Wagenknecht hat noch mehr vor. Sie muss ihre Partei retten, vor Thüringerinnen zum Beispiel, die nicht so wollen wie sie. Widerworte mochte sie noch nie. Das war schon so, als sie noch Vorsitzende der Linken-Fraktion im Bundestag war. Wagenknecht und der damalige Parteivorsitzende Bernd Riexinger konnten sich nicht riechen. Das sollte auch jeder merken, befand Wagenknecht. Und führte die Linken in eine tiefe Krise. Die gibt es nun auch im BSW. Der Hamburger Landesverband will nicht so wie sie, und in Rostock sind zwei Mitglieder der BSW-Stadtratsfraktion am Montag aus der Partei ausgetreten, wollen wieder zur Linken zurück.
Und dann ist da noch Thüringen. Da regiert das BSW in einer Koalition mit CDU und SPD. Und daran hat Wagenknecht einiges auszusetzen. “Wir hatten in Thüringen von Anfang an einen gewissen Konflikt darüber, wie stark die Dinge, die man im Wahlkampf versprochen hat, dann auch in Koalitionsverhandlungen eine Rolle spielen müssen. Und wir haben leider in Thüringen offensichtlich sehr viele Wähler enttäuscht. Wir haben jeden zweiten Wähler verloren auf dem Weg zur Bundestagswahl”, beklagt Wagenknecht. Die Wähler seien in vielen Punkten mit der Koalition in dem Bundesland nicht einverstanden, hat Wagenknecht herausgefunden. “Da haben wir wirklich Fehler gemacht.”
Wolf passt Wagenknecht nicht
Ob es am Wählerschwund in Thüringen gelegen habe, dass das BSW den Einzug in den Bundestag verpasst habe, will Moderatorin Maischberger wissen. “Wir haben Fehler gemacht”, wiederholt Wagenknecht. Sie berichtet von über tausend Mails von Menschen, die mit dem BSW Hoffnungen verbunden hätten, die ihre Partei nicht eingehalten haben. Man habe bei der Bundestagswahl in Ostdeutschland viele Wähler an die AfD verloren. Die eigentliche Frage der Moderatorin beantwortet Wagenknecht nicht.
Wortreich geht sie dagegen auf die aktuellen Ereignisse in dem Bundesland ein. Am Wochenende habe der Bundesvorstand in Thüringen eine andere Kandidatin für die Wahl zur Landeschefin auf dem Landesparteitag vorgeschlagen, “damit wir nicht in der Regierung so viele Fehler machen.” Man wollte einen Landesvorstand, “der nicht mehr verlängerter Arm der Regierung ist, sondern der die Regierung kritisch begleitet.” Der Vorstand habe erreichen wollen, dass “das Programm und das Profil des BSW, für das wir gewählt wurden, in der Regierung stärker umgesetzt wird.”
Was Wagenknecht meint: Katja Wolf ist gleichzeitig Landesvorsitzende des BSW und Finanzministerin in der Thüringer “Brombeerkoalition”. Das passt Wagenknecht nicht. “Da geht es um ganz konkrete Fragen. Da geht es auch um Migrationspolitik, da geht es um Windräder im Wald, da geht es um kostenloses Mittagessen in Schulen und Kitas.” Auch die Aufarbeitung der Corona-Krise läuft in Thüringen offenbar nicht so, wie Wagenknecht es sich vorgestellt hat. Wenigstens mit der Friedenspolitik ist sie einverstanden: “Da hat Thüringen geliefert. Die haben sich im Bundesrat enthalten bei dieser gigantischen Aufrüstung. Andere Länder haben zugestimmt”, so die Politikerin. Zusammenfassend erklärt sie: “Wir haben in der Landespolitik zu wenig erreicht, und das hat die Menschen enttäuscht.” Katja Wolf ist am Wochenende vom BSW-Landesparteitag klar als Landeschefin in Thüringen bestätigt worden. “Aber das Problem bleibt trotzdem”, tritt Wagenknecht nach.
“Einen Nerv getroffen”
Und dann ist da noch die Gesamtsituation in Deutschland, die das BSW gerne ändern möchte. “Zum Beispiel das Friedensthema”, sagt Wagenknecht: “Man hat es ja versucht, aus dem Wahlkampf rauszuhalten. Direkt nach der Wahl kam dann das größte Aufrüstungsprogramm der Bundesregierung in der bundesdeutschen Geschichte, verbunden mit einem Riesenwahlbetrug von Friedrich Merz.” Dagegen hätte die Politikerin wunderbar polemisieren können, wäre sie im Bundestag.
Das knappe Ergebnis sei ein Rückschlag gewesen, analysiert Wagenknecht bei Maischberger. Das BSW habe einen Aufstieg und danach ein deutliches Abflachen des Interesses zu verzeichnen gehabt. Man habe einen Nerv getroffen bei den Wählern. Darum müsse jetzt das Profil des BSW gestärkt werden, sagt Wagenknecht. Man setze auf “eine starke Industrie, einen starken Mittelstand”, gleichzeitig auf mehr soziale Gerechtigkeit und ein Ende der unkontrollierten Migration. “Wir haben im Herbst an Zustimmung verloren, weil wir das Profil, für das wir gewählt wurden, teilweise nicht eingelöst haben”, so Wagenknecht.
“Ich werde weitermachen”
Auf Kritik an ihrem von einigen Parteimitgliedern als dirigistisch wahrgenommenen Führungsstil reagiert Wagenknecht wortreich. Zusammengefasst: Sie liege richtig, weil eine Partei ein Profil brauche, sonst würde sie niemand wählen. “Wir hatten eine Programmatik”, so Wagenknecht. “Und ich kämpfe darum, dass das BSW bei dieser Programmatik bleibt ist, weil ich möchte, dass das BSW wieder erfolgreicher wird.” Dennoch soll sich jetzt einiges ändern. Bei der Mitgliederaufnahme zum Beispiel. “Wir werden jetzt größer werden”, verspricht sie. Denn: “Wir merken an der politischen Lage, dass wir diese Partei wirklich brauchen.” Das BSW müsse sich politisch etablieren. Der Name werde in diesem Jahr geändert.
Und Wagenknecht selber? “Ich werde so lange weitermachen, bis ich die stabile Hoffnung habe, dass wir eine Partei etabliert haben, die in diesem Land bestehen und überleben wird, weil es sie braucht. Und weil es mir ein Herzensanliegen ist, dass wir nicht einfach sehenden Auges diese Demokratie kaputt gehen lassen.”