Brüssel: EU beginnt finale Abstimmung über Mercosur-Freihandelsabkommen | ABC-Z

Die EU-Kommission hat ein über Jahrzehnte ausgehandeltes Freihandelsabkommen mit den südamerikanischen Mercosur-Staaten gebilligt. Die Brüsseler Behörde leitete die Vertragstexte für die Vereinbarungen mit den Ländern Brasilien, Argentinien, Uruguay und Paraguay daraufhin an die Regierungen
der EU-Staaten und das Europäische Parlament weiter. Die EU-Kommission hofft, dass diese spätestens bis zum Jahresende zustimmen und damit
den endgültigen Abschluss des Abkommens ermöglichen.
Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sprach von einem “Meilenstein”, der die Position der EU als “größten Handelsblock der Welt zementieren” werde. Bei dem nun vorgelegten Text handelt es sich um eine juristisch
überprüfte Fassung der Vereinbarung. Von der Leyen hatte eine vorläufige
Vereinbarung beim Mercosur-Gipfel im Dezember in Uruguays Hauptstadt
Montevideo unterzeichnet.
Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) begrüßte, dass das Abkommen in die finale Phase gehe. Auf X schrieb er: “Freier, fairer Handel sichert unseren Wohlstand”. Die deutsche und europäische Wirtschaft würden dadurch gestärkt.
Kritiker befürchten starke Preiskonkurrenz und niedrigere Schutzstandards
Mehrere EU-Länder wie Frankreich und Polen stehen dem Abkommen kritisch gegenüber. Grund sind Befürchtungen der
Landwirtschaft, billigeres Geflügel oder Rindfleisch aus Südamerika
könne in großen Mengen auf den europäischen Markt gelangen. Umweltorganisationen warnen
vor niedrigeren Standards bei Pestiziden, Tierschutz und Arbeitsrechten
in Südamerika.
Die EU-Kommission verwies auf “robuste Schutzmaßnahmen” für
“sensible Agrarprodukte” in dem Abkommen. Sie kündigte zudem an, mit einem
weiteren Rechtsakt entsprechende Kontrollmechanismen im Detail
festzuhalten. Damit sollen die Gegnerinnen und Gegner des Abkommens zur Zustimmung
bewegt werden.
Kein Vetorecht bei Zollregeln
Das Abkommen ist so konzipiert, dass der Handelsteil mit den neuen Zollregelungen mit einer Mehrheitsentscheidung beschlossen werden kann. Zudem kann er nicht von nationalen Parlamenten verhindert werden. Damit soll verhindert werden, dass die geplante Freihandelszone am Widerstand einzelner Mitgliedsstaaten scheitert. Ein Vetorecht hätten einzelne Mitgliedsstaaten dann nur noch bei den geplanten Vereinbarungen zum politischen Dialog und zur Kooperation.
Das gleiche Vorgehen ist auch für eine vorgesehene Ergänzung des bereits bestehenden Handelsabkommens mit Mexiko geplant. Für sie wurde nun ebenfalls das Abstimmungsverfahren gestartet.
Abkommen gilt als geostrategisch wichtig
Die Verhandlungen über ein Handelsabkommen zwischen der EU und den
südamerikanischen Mercosur-Ländern hatten 1999 begonnen. Mit dem Abkommen soll eine der größten
Freihandelszonen der Welt mit mehr als 700 Millionen Einwohnerinnen und
Einwohnern entstehen. Es gilt gerade angesichts der Zollpolitik
von US-Präsident Donald Trump als geostrategisch wichtig.
Die EU-Kommission schätzt, dass das Abkommen die jährlichen EU-Exporte
nach Südamerika um bis zu 39 Prozentpunkte (49 Milliarden Euro) steigern kann. Laut dieser Schätzung würden so mehr als 440.000 Arbeitsplätze in ganz Europa unterstützt.
Besonders große Chancen werden für die Autoindustrie, den Maschinenbau
und die Pharmabranche prognostiziert. Auf Autoimporte in die Mercosur-Länder wird beispielsweise derzeit ein Zoll in Höhe von 35 Prozent fällig.