Guns N’Roses in München: Testlauf in der Allianz-Arena als Oly-Ersatz – klappt dies? – München | ABC-Z

Mindestens genauso spannend wie die Frage, ob die Stimmbänder von Axl Rose halten oder ob der Frontmann von Guns N’ Roses wiedermal von der Bühne stolpert, ist: Wie wird die Fröttmaninger Arena das Konzert überstehen? Ist die Spielstätte der FC-Bayern-Kicker ein brauchbarer Ersatz für das Olympiastadion, Münchens Spielplatz für die ganz großen Open Airs? Es ist die allererste Bewährungsprobe für die Arena als Rock-Refugium, und der erste Endruck von drinnen ist: imposant. Die steil aufragenden Ränge, die breite Bühne vor der Nordtribüne. Es fällt aber auch gleich auf: So dicht das Publikum hier auch geballt ist, so ist doch weniger Platz. Wenn wie bei Guns N’ Roses eine Kopfbühne eingebaut wird, passen nur 55 000 Gäste herein, das sind etwa 15 000, 20 000 weniger als im Stadion. Wegen der Sichtachsen fällt gut ein Drittel der Tribünenplätze weg. Das wird anders, wenn Helene Fischer hier 2026 spielt: Mit ihrer 360-Grad-Rundbühne kann sie vor 70 000 Fans auftreten. Für die seit 40 Jahren aktiven Rocker aus Kalifornien scheint es fürs erste Mal zu reichen. Vor zwei Tagen in Düsseldorf haben sie das erste von drei Deutschland-Konzerten ihrer Welt-Tour vor 38 000 Fans gespielt, 8000 Plätze wurden nicht verkauft. Zweite, für Rock-Genießer wichtige Frage: Wie klingt die Arena? Das testen schon um 18 Uhr Rival Sons. Die Hipster Rocker aus Long Beach, Kalifornien, testen als Vorband die Anlage und die Akustik. Sie machen das frisch, frech und fit. Es stampft und kreischt wuchtig, massiv, dicht am Ohr. Im weiteren Olympiastadion verhallt der Sound bisweilen, gerade zu Beginn der Konzerte, oder es echot unterm Plexiglasdach.
Für eine Rockband reichlich früh kommen Guns N’ Roses auf die Bühne
Es wird natürlich noch eine ganze Schippe lauter, als Guns N’ Roses zwar etwas verspätet, für eine Rockband aber doch reichlich früh auf die Bühne ausschwärmen. Um 19.45 Uhr. Vor allem das Kreischen der Fans. Der Sound beim Eröffnungsstück „Welcome To The Jungle“ wälzt sich etwas breiig über die Massen. Das Organ von Axl Rose schwankt, aber es fällt nicht, er keift sich heiser ein, läuft nervös herum, als müsse er irgendwas erledigen. Dann fällt es ihm ein: Ach, ja, ein Konzert, er schwingt das Becken in der Lederhose. Die anderen stützen alles, natürlich Slash, der mit Maurerarmen seiner schweren Gibson-Gitarre ein erstes Slide-Solo mit der Messinghülse abringt. Auch das Rhythmusfundament steht, solide errichtet vom alten Punk Duff McKagan am Bass („Lame“ steht auf seiner Lederweste) und dem neuen Mann an den Trommeln Isaac Carpenter. Was auffällt, ist, sie haben die Reihenfolge der Songs gegenüber Düsseldorf geändert: Sie spielen „Bad Obsession“ und „It’s so Easy“ und dann doch „Mr. Brownstone“. Axl Rose erklärt dem Publikum kurz, warum er bis zu einer gewissen Markierung geht und nicht weiter und dass irgendein Problem mit seinen In-Ear-Kopfhörern besteht, es liegt nicht an ihm, er habe extra aufgepasst. Na dann. Bei ihrem alten Lieblings-Cover „Live And Let Die“ von Paul McCartneys Wings sind sie wieder auf Kurs. Mal sehen, wohin das heute noch führt.
Schon früh am Nachmittag wurde an der Fröttmaninger Arena gerockt. Etwa fünf Stunden vor dem geplanten Auftritt von Guns N’ Roses flitzt Christo durch ein E-Gitarren-Solo: „Black Night“ von Deep Purple. Er ist aus Zagreb angereist, sagt der Silbergelockte mit Sandalen – aber nicht mit dem Klapprad, das neben ihm und seinem Akku-Verstärker steht. Er schlafe im Wohnmobil, damit reist er durch ganz Europa zu Konzerten und spielt für die Besucher, für ein paar Münzen. Ob er auch „Paradise City“ und andere Songs der kalifornischen Rocker draufhat, die heute hier erwartet werden, wird er gefragt? Ja, sagt er, aber er spielt sie nicht, die Leute hörten Guns N’ Roses noch den ganzen Abend. In seinem Koffer liegen schon eine Handvoll Münzen und ein Fünf-Euro-Schein.
Am Merchandise-Stand gibt es T-Shirts mit eigenem München-Motiv
Am Merchandise-Stand sind die Fans großzügiger. Sie decken sich mit T-Shirts ein, für 55 Euro das Stück. Regina, 55, und ihr Sohn Michael, 25, beide aus Hausham, halten sich jeder stolz ein schwarzes Hemd vor die Brust. Das Motiv ist eigens für das München-Konzert heute entworfen worden. „Wir waren schon 2022 im Olympiastadion und haben uns geärgert, dass wir das München-Shirt nicht gekauft haben. Damals war eine Eisbach-Surferin im Dirndl drauf.“

Diesmal ist es ein fieser Riesenkraken, der ein Piratenschiff angreift. Das gibt es auch als Siebdruck-Poster für 60 Euro, limitiert auf 300 Stück, erwartungsgemäß steigt der Preis in den Fan-Foren dafür bald rapide. „Allianz Arena“ steht auf dem Rumpf der Galeone, auf einem Fass in den Wogen steht „June 20“. Guns N’ Roses haben das Bild heute auch auf ihrem Instagram-Profil gepostet: „Munich, are you ready?“ Es ist ein besonderer Tag, das allererste Konzert in der Fröttmaninger Arena. „Das ist schon toll, dass wir da dabei sein dürfen“, sagt Michael, der noch ein Guns N’ Roses Shirt von 1989 aus Los Angeles trägt (ein Geschenk einer Freundin). „Es ist doch toll, neue Konzertorte auszuprobieren.“
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Es wird auf jeden Fall ein Testlauf. Solange das Olympiastadion saniert wird, hat der Stadtrat erlaubt, dass bis 2027 Groß-Konzerte ausnahmsweise in der Fußball-Spielstätte des FC Bayern München steigen dürfen. 55 000 Fans werden an diesem Freitag erwartet, etwa 20 000 weniger als bei Fußballspielen. Die Polizei rechnet daher nicht mit einem besonders anstrengenden Tag. Die Anreise laufe reibungslos. Mit jeder U-Bahn kommt den ganzen Nachmittag über ein Schwung neuer Fans an; die Nachbarschaft ist mit Sperren vor einer Flut Parkplatzsuchender geschützt. Die Polizei ist mit 100 Beamtinnen und Beamten im Einsatz, das seien erheblich weniger als bei Fußballspielen. „Wir schätzen das Rock-Publikum als ein weniger großes Risiko ein“, sagt eine Sprecherin.
Aber: Die Fußball-Fans haben sich hier in ihrer Heimspielstätte schon seit Jahren eingegroovt, für manche Rock-Freunde dürfte es der erste Besuch in der Arena sein, neue Wege müssen gelernt werden.
Wo sonst das Rot der Heimtrikots die Esplanade zum Haupteingang Süd hin dominiert, füllt es sich allmählich mit schwarzen Rocker-Kutten. Nicht ideal in der prallen Sonne, man sucht Schutz im Schatten, unter den Schirmen des Bier-Gärtchens, und unter den Einlass-Portalen. Die LED-Leuchtbänder können sich noch nicht entschieden, wie sie heute Leuchten werden: mal blinken sie grün, dann rot, blau und in Regenbogenfarben. Von drinnen pumpen tiefe Trommelschläge beim Soundcheck wie der Puls eines Riesenmonsters, das jetzt erwacht.

Unter kurzem Jubel gehen – nur eine Viertelstunde später als geplant – die Schleusen am Eingang Süd auf. Es haben sich acht etwa 100 Meter lange Schlangen gebildet, aber es geht voran. „Die Vorfreude ist groß“, sagt auch Jürgen Muth, der Geschäftsführer der Allianz Arena und damit der Hausherr, „dass wir hier endlich erstmals nicht nur Fußball und NFL haben, das ist schon etwas Besonderes, das motiviert unsere Truppe hier schon sehr.“ Die Hospitality-Kräfte sind da, auch die Haustechniker, um dem Veranstalter zu helfen, sollte der Strom ausfallen; selbst das Catering ist das übliche. „Ansonsten wird es eher entspannt“, hofft Muth, „der Aufwand heute ist vergleichbar mit dem eines Fußballspiels“.
Dafür war in den vergangenen Wochen viel mehr als sonst zu stemmen, um die Sportstätte in einen Konzerttempel zu verwandeln. Die Zusammenarbeit mit dem Veranstalter Live Nation und der Olympiapark GmbH, die sich um die Organisation der Arena-Konzerte kümmert, nennt Muth „herausragend“. Genau das bestätigt auch Marion Schöne, die Geschäftsführerin der Olympiapark GmbH. „Jetzt geht’s endlich los! Wir haben uns ja lange zusammen mit der Allianz Arena und dem Veranstalter auf diesen Tag vorbereitet und unsere Teams haben die letzten Tage und Wochen super zusammengearbeitet. Es läuft alles rund in ‚unserem‘ Ausweichstadion. Und wir werden vor allem im nächsten Jahr – wenn das Olympiastadion geschlossen ist – einige tolle Shows hier erleben.“
Das Aufwändigste sei gewesen, erklärt Arena-Chef Jürgen Muth, den heiligen Rasen abzuschälen und Bodenplatten zu verlegen, damit Schwerlastwagen die Bühne anliefern konnten. Das teure Geläuf liegt nun im Nachwuchs-Camp des FC Bayern. „Die jungen Spieler freuen sich, dass sie auf dem Rasen trainieren können, auf dem zuletzt noch die Profis gekickt haben.“