Brief an die EU – Trump will 30-Prozent-Zölle erheben – Wirtschaft | ABC-Z

Ob Donald Trump die Nachricht bewusst an einem Samstag platziert hat, wo an den Börsen nicht gehandelt wird und der US-Präsident nicht fürchten muss, dass die Indizes sofort weltweit einbrechen?
Nobody knows, niemand weiß es.
Das ist ohnehin die Losung, die seit Monaten gilt. Niemand weiß, was dieser Mann vorhat, was er als Nächstes tun oder wieder zurücknehmen wird. Jetzt also, die Nachricht kommt am Samstag gegen 9 Uhr New Yorker und 15 Uhr Frankfurter Zeit, sagt Trump, dass er vom 1. August an Zölle in Höhe von 30 Prozent auf alle Waren erheben will, die aus der Europäischen Union in die USA exportiert werden.
Er habe der EU einen entsprechenden Brief geschrieben, gibt der Präsident via Truth Social bekannt, seiner eigenen Social-Media-Plattform.
Welche Halbwertszeit hat diese Aussage? Kommt es wirklich so oder besteht bis 1. August noch die Chance, daran etwas zu ändern? Nobody knows.
30 Prozent, das geht weit über die Befürchtungen in der EU hinaus. Die Staatengemeinschaft hatte gehofft, ein umfassendes Handelsabkommen mit Trump verhandeln zu können, einen Deal, der sie günstiger wegkommen lässt. Doch schon in den vergangenen Tagen zeichnete sich ab, dass das schwierig werden würde. Ein EU-Regierungsvertreter drückte es so aus. „Die Frage ist nur noch: Wie viel Dreck bist du bereit zu schlucken?“
Es zeichnet sich immer mehr ab, dass eine Regelung – egal, was in den kommenden zwei Wochen noch passiert – große Härten für die EU und deren Volkswirtschaften mit sich bringen wird. Selbst Zölle von zehn Prozent verursachen für exportorientierte Branchen gewaltige Kosten. Läge der Zoll tatsächlich bei 30 Prozent, würde das den Handel zwischen der EU und den USA empfindlich schädigen.
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen schrieb bereits kurz nach Trumps Ankündigung in einem Statement, ein Zoll in dieser Höhe „würde essentielle transatlantische Lieferketten abreißen lassen, zum Schaden von Unternehmen, Konsumenten und Patienten auf beiden Seiten des Atlantiks.“ Die EU habe stets eine Verhandlungslösung präferiert und man sei weiterhin bereit, bis 1. August daran zu arbeiten. Gleichzeitig drohte von der Leyen jedoch erneut Gegenmaßnahmen an.
Die EU-Kommission, die für die europäische Handelspolitik zuständig ist, wurde von Trumps Ankündigung bei Truth Social nach eigenen Angaben nicht überrascht. Man sei vorab informiert gewesen, hieß es am Samstagmittag in Brüssel. Tatsächlich war der Brief, den Trump am Samstag auf seiner Nachrichtenplattform veröffentlichte, auf den Vortag datiert – Freitag, den 11. Juli. In Brüssel reagiert man eher gelassen. Trumps Drohen mit einem 30-Prozent-Zoll sei wohl vor allem ein Versuch, in den Verhandlungen mit der EU den Druck zu erhöhen, sagten am Samstag mehrere europäische Diplomaten. Da der Zoll erst vom 1. August an gelten solle, bliebe bis dahin noch Zeit, ein Abkommen mit Trump auszuhandeln. Dieses soll zu niedrigeren Zöllen führen. Mit „unmittelbaren Vergeltungsmaßnahmen“ der EU sei derzeit nicht zu rechnen, sagte ein Regierungsvertreter in Brüssel. Es lägen allerdings „ganz gewiss alle Optionen auf dem Tisch“.
Reaktionen aus der Wirtschaft gibt es auch schon. Trumps Ankündigung sei „ein Alarmsignal für die Industrie auf beiden Seiten des Atlantiks“, sagte Wolfgang Niedermark, Mitglied der Hauptgeschäftsführung des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI). Die Zeit bis zum 1. August müsse nun für Verhandlungen genutzt werden. „Ein verschärfter Handelskonflikt ist das Letzte, was unsere Volkswirtschaften jetzt brauchen”, sagte Niedermark.
Zusätzlich zum Brief an die EU veröffentlichte Trump ein Schreiben an Mexiko. Darin kündigte er ebenfalls einen Importaufschlag von 30 Prozent auf Waren aus dem Nachbarland ab 1. August an. Das mexikanische Wirtschaftsministerium teilte daraufhin mit, eine gemeinsame Arbeitsgruppe solle vor dem 1. August eine Alternative finden, um Unternehmen und Arbeitnehmer zu schützen. Mexiko exportiert mehr als 80 Prozent seiner Waren in die USA.
Die Unsicherheit belastet die Märkte
Zwischendurch hatte Trump der EU sogar mit 50-prozentigen Zöllen gedroht. Aktuell beträgt der Basiszoll zehn Prozent auf fast alle Importe in die USA. Zusätzlich gelten Sonderzölle auf bestimmte Produkte, etwa auf Stahl- und Aluminium- sowie Autoimporte. Mit seiner Zollpolitik will Trump erreichen, dass mehr in den USA produziert wird. Außerdem verschafft sie ihm zusätzliche Einnahmen für die Staatskasse. Diese Einnahmen braucht er dringend, denn sein neues Haushaltsgesetz sieht Steuererleichterungen vor, die eine gewaltige Verschuldung nach sich ziehen.
Die 30-Prozent-Ankündigung dürfte Anfang kommender Woche erneut Turbulenzen an den Börsen auslösen, selbst wenn die Märkte jetzt ein bisschen Vorlauf haben. Allerdings ist die Unsicherheit, die der US-Präsident mit seinem Hin und Her in der Zollpolitik auslöst, bei vielen Händlern bereits eingepreist. Weil Trump seine Ankündigungen wiederholt nur Tage später teils wieder kassierte und Verhandlungen in Aussicht stellte, ist auch diesmal unklar, ob es am Ende wirklich so schlimm kommt, wie befürchtet.
Allerdings ist die Lage für die EU auf den ersten Blick jetzt sogar schlechter als Anfang April, nach jener denkwürdigen Pressekonferenz im Rosengarten des Weißen Hauses, als Trump, von riesigen Stars-and-Stripes-Flaggen im Hintergrund und roten Tulpen im Vordergrund, mit dickem schwarzem Filzstift seinen Namen unter ein Dekret setzte, das Zusatzzölle für nahezu alle Länder der Welt vorsah. Damals waren für die EU 20 Prozent vorgesehen.
Nicht nur in Europa machte sich daraufhin Panik breit. Weltweit taumelten die Börsenkurse. Eine Woche später verhängte Trump eine 90 Tage lange Zollpause, in der er mit den Handelspartnern Abkommen schließen wollte. Die Frist, die er dafür nannte, war der 9. Juli. Bis dahin sollte auch mit der EU-Kommission ein Deal ausgehandelt werden. Dann verlängerte er die Frist noch einmal bis zum 1. August, für Verhandlungen.
Aber auch dieser Stand der Dinge hat sich nun wieder geändert. Es gilt: Noboby knows