Brexit: EU und Großbritannien einigen sich auf Grenzabkommen zu Gibraltar | ABC-Z

Fast fünf Jahre nach dem sogenannten Brexit, dem Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union, hat sich die britische Regierung mit der EU für eine Regelung zum britischen Überseegebiet Gibraltar geeinigt.
Die Vereinbarung, die kaum durchführbare Grenzkontrollen zwischen Gibraltar und Spanien endgültig verhindern soll, löse das “letzte große ungelöste Problem des Brexits”, sagte der britische Außenminister David Lammy. EU-Handelskommissar Maroš Šefčovič sprach von einem “wahrhaft historischen Meilenstein”.
Mit der Regelung werde es keine physischen Barrieren sowie keine Kontrollen des Personen- und Güterverkehrs zwischen Spanien und Gibraltar geben, teilte Šefčovič mit. Die Regeln des Schengenraums sowie des EU-Binnenmarkts würden eingehalten. Die Einigung muss noch formell fertiggestellt, unterschrieben und
ratifiziert werden. Er sei “fest davon überzeugt”, dass das gelingen
werde, sagte Šefčovič.
15.000 Pendler pro Tag und nur ein Grenzübergang
Nach dem EU-Ausstieg Großbritanniens, der zum 1. Januar 2021 vollzogen wurde, war die Frage des Grenzverkehrs zwischen Spanien und Gibraltar ungelöst geblieben. Beim Brexit-Referendum 2016 hatten sich 96 Prozent der Wähler in Gibraltar für den Verbleib in der EU ausgesprochen.
Das Gebiet ist stark auf den Zugang zum EU-Markt angewiesen. Jeden Tag überqueren 15.000 Menschen aus Spanien morgens die Grenze in Richtung Gibraltar, um dort zu arbeiten, und kehren abends zurück. Hinzu kommen Millionen Touristen jährlich. Grenzkontrollen, wie sie ohne die neue Vereinbarung gedroht hätten, hätten den einzigen dortigen Grenzübergang überlastet.
Ohne eine Einigung müsste sich nach britischen Angaben jeder zweite Einwohner Gibraltars täglichen Passkontrollen unterziehen. “Der heutige Durchbruch bringt eine praktische Lösung nach Jahren der Ungewissheit”, lobte Außenminister Lammy die Einigung. Wie er, Šefčovič, der spanische Außenminister José Manuel Albares sowie Gibraltars Regierungschef Fabian Picardo in einer gemeinsamen Stellungnahme schrieben, soll das Abkommen den “zukünftigen Wohlstand der gesamten Region” schützen.
Beim Güterverkehr soll ein Zollmodell aufwendige Kontrollen überflüssig machen. Am Flughafen von Gibraltar sollen gibraltarische und spanische Beamte weiter gemeinsam Kontrollen vornehmen. Für die Einreise in das Überseegebiet sowie die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung seien weiterhin Gibraltars Behörden zuständig. Verantwortlich für die Integrität des Schengenraums werden hingegen spanische Beamte sein – ähnlich wie die französische Polizei am Londoner Bahnhof St. Pancras, von wo aus Züge nach Brüssel und Paris abfahren.
Gibraltar gehört seit fast 300 Jahren zu Großbritannien, als die englische Flotte das knapp sieben Quadratkilometer große Gebiet im spanischen Erbfolgekrieg erobert hatte. Spanien betrachtet es formell als besetztes spanisches Staatsgebiet.