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Brandenburg-Wahl: Russland-Nähe von BSW und AfD: Am Wahlstand interessierte vor allem eine Frage | ABC-Z

Für das Bündnis Sahra Wagenknecht sind die Landtagswahlen und Koalitionsverhandlungen im Osten ein Testlauf: Wie weit geben die anderen Parteien dem Druck nach, in Sachen Ukraine den Kurs zu wechseln? Wie viele Zugeständnisse kann Wagenknecht ihnen abpressen?

Aus dem Stand ist die Partei in Sachsen und Thüringen zu einem relevanten Machtfaktor geworden. Und auch in Brandenburg ist ein Wahlergebnis gut denkbar, bei dem das BSW in der einen oder anderen Form gebraucht wird.

In Sachen Ukrainepolitik steht die AfD dem BSW in nichts nach

Die Parteigründerin hat ein klares Signal gegen weitere Waffenlieferungen an die Ukraine zur Bedingung für Kooperationen in den Ländern gemacht. Und das, obwohl Außen- und Verteidigungspolitik Sache des Bundes ist.

Auch in Brandenburg gibt sich BSW-Spitzenkandidat Robert Crumbach hart. „In der Ukraine-Frage stehe ich zu hundert Prozent hinter dem, was Sahra Wagenknecht sagt“, sagte er dem Tagesspiegel. 

Er gibt sich selbstbewusst mit Blick auf mögliche Koalitionsverhandlungen: „Als Arbeitsrichter habe ich gelernt, sehr gut zu verhandeln. Und ich weiß, dass sich das Ergebnis einer Verhandlung nicht vorwegnehmen lässt.“

An jedem Wahlstand auf Ukraine-Frage angesprochen

An jedem Wahlstand werde er auf die Ukraine-Frage angesprochen, berichtet Crumbach. „Politik besteht auch darin, dass man Signale setzt. Daher ist nicht nur die Bundespolitik, sondern auch das Land Brandenburg gefragt.“

Als Schlusspunkt der Gründungsphase aber sieht Wagenknecht die Bundestagswahl im kommenden Jahr. Dann soll das BSW in Fraktionsstärke in den Bundestag einziehen, als fester Bestandteil des deutschen Parteiensystems. Alles, was bis dahin im Osten passiert, ist für Wagenknecht wichtig, aber auch nur eine Etappe auf dem Weg zum eigentlichen Ziel.

In Sachen Ukrainepolitik steht die AfD dem BSW indes in nichts nach. Der Brandenburger AfD-Kandidat Hans-Christoph Berndt kündigt an, in der ersten Woche seiner Amtszeit werde er Initiativen starten, um die Sanktionen gegen Russland fallen zu lassen und für Frieden zwischen Russland und der Ukraine zu sorgen. Wie das von der Landesebene aus gehen soll – unklar.

AfD-Chef sieht in Nord Stream die „Lebensader unserer Industrie“

Mit dieser Politik liegt Berndt voll auf AfD-Linie. Zwar bezeichnet auch die Bundespartei den Angriff Russlands als völkerrechtswidrig, argumentiert aber, sich im Sinne des Friedens für ein Ende der Kampfhandlungen einzusetzen – das allerdings zu wenig annehmbaren Konditionen. 

In einem Antrag im Bundestag Anfang des Jahres fordert die Partei „einen Neustart freundschaftlicher Beziehungen“, die die europäischen Staaten „zu Russland aufbauen könnten und sollten“. Sicherheitsgarantien soll es für Russland geben, aber nicht für die Ukraine.

Auch im Kleinen kann und will die Partei ihre Nähe zum Kreml kaum verbergen. Bestes Beispiel ist die Parteiführung. Der AfD-Vorsitzende Tino Chrupalla etwa hatte zum 80. Geburtstag von Gerhard Schröder ausschließlich dessen Russlandpolitik gewürdigt. Auf X bezeichnete Chrupalla Nord Stream als „Lebensader unserer Industrie“ und schrieb über Putin-Freund Schröder: „Sein Lebenswerk wird einst vollendet.“ Die Erdgasleitung wird von Union und Ampel heute als Fehler betrachtet, weil sie die Abhängigkeit von russischem Gas verstärkte.

Feier zum Sieg der Roten Armee

Im Februar hatte Chrupalla am Gedenktag zum Sieg der Roten Armee gegen die deutschen Truppen im ehemaligen Stalingrad Kränze an der Gedenkstätte Seelower Höhen in Brandenburg niedergelegt – zusammen mit dem AfD-Bundestagsabgeordneten Stefen Kotré. Letzterer wiederum ließ sich in eine Talkshow des russischen Chefpropagandisten Wladimir Solowjow zuschalten und warf deutschen Medien Stimmungsmache gegen Russland vor. Chrupalla hatte zudem an einem Empfang der russischen Botschaft in Berlin zum Jahrestag teilgenommen.

Einen Auftritt des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyi im Bundestag boykottierte die AfD hingegen. Das AfD-Führungsduo diffamierte Selenskyi als „Kriegs- und Bettelpräsidenten“.

Im Interview mit dem MDR wiederum bemängelte Chrupalla, dass Russland bei einem Ukraine-Friedensgipfel in der Schweiz nicht dabei gewesen sei. Die Wirtschaftssanktionen schadeten der deutschen Wirtschaft, betonte Chrupalla: „Wir zahlen überbordende Energiepreise, die Inflation ist in die Höhe geschnellt, alles Gründe dieser Sanktionspolitik. Damit muss Schluss sein.“

Noch in dieser Woche zeigten Recherchen von NDR, WDR und „Süddeutscher Zeitung“, die sich auf interne Unterlagen der Moskauer Firma Social Design Agency (SDA) beziehen, Zusammenhänge zwischen russischer Desinformation und den Rechtspopulisten.

Im Europawahlkampf fiel der AfD die Nähe zu Russland vor die Füße

Ein Ziel des Kremls ist demnach die Stärkung der AfD in Umfragen. Verfassungsschutzpräsident Thomas Haldenwang erklärte in diesem Zusammenhang, Russland wolle Spaltpotenziale bestmöglich ausnutzen. Falschinformationen sollen in Deutschland Zukunftsangst schüren und rechte Parteien stärken.

Im Europawahlkampf fiel der Partei ihre Nähe zu Russland indes vor die Füße. Zuerst war der AfD-Bundestagsabgeordnete Petr Bystron nicht mehr tragbar. Bystron hatte nicht nur in Interviews für das tschechische Internetportal „Voice of Europe“ russlandfreundliche Darstellungen verbreitet. In dem Zusammenhang war ihm auch die Annahme von Geldern aus Russland vorgeworfen worden. Der Bundestag hatte daraufhin Bystrons Immunität aufgehoben. Voice of Europe wurde im Mai von der EU mit einem Sendeverbot belegt.

Auch AfD-Spitzenkandidat Maximilian Krah war nicht mehr zu halten. Einer seiner ehemaligen Assistenten pflegte nach Tagesspiegel-Recherchen Kontakte zu einem prorussischen Netzwerk. Auch Krah war bei „Voice of Europe“ aufgetreten. Sowohl Bystron als auch Krah bestreiten, dafür Geld erhalten zu haben.

Von Karin Christmann und Stefanie Witte

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