Borussia Dortmund nach 0:1 gegen FC Augsburg in Bundesliga in der Krise | ABC-Z

Mit den neongelben Retrotrikots wollte Borussia Dortmund an das Outfit der deutschen Meister von 1995 erinnern. Daran, wie die Mannschaft von Trainer Ottmar Hitzfeld mit Protagonisten wie Matthias Sammer, Lars Ricken, Karl-Heinz Riedle oder Stéphane Chapuisat nach 32 Jahren wieder eine deutsche Meisterschaft für den BVB gewann.
Der vollkommen missratene Auftritt der Mannschaft von heute am Samstagnachmittag aber passte so gar nicht zu den vorher an viele Borussia-Fans verkauften Memory-Leibchen. Er illustrierte die tiefgraue Dortmunder Gegenwart. Die 0:1-Niederlage gegen den nun punktgleichen FC Augsburg durch das Kopfballtor des Augsburger Kapitäns und Anführers Jeffrey Gouweleeuw (23. Minute) spiegelte die Formkrise, Verunsicherung und Ideenlosigkeit des Tabellenzehnten.
Entsprechend wütend reagierten die Fans mit je einem gellenden Pfeifkonzerten zur Halbzeit und zum bitteren Ende eines aus Dortmunder Sicht vergeudeten Nachmittags. Vier Tage nach dem mittelmäßigen Auftritt beim 1:1 im Achtelfinalhinspiel der Champions League und vier Tage vor dem Rückspiel beim OSC Lille deutete nichts auf eine Kehrtwende dieser Mannschaft mit Zerfallssymptomen.
Ein Funken Hoffnung bleibt noch
Selbst Kritiker vom Fach wissen seit Langem nicht mehr, was sie von diesem BVB im Auf und Ab der Leistungskurve zu halten haben. Immerhin gab es in dieser Saison der Pannen und Pleiten unter dem entlassenen Trainer Nuri Sahin und dessen Nachfolger Niko Kovač auch schon mal Ausreißer nach oben. Ein Funken Hoffnung bleibt also.
Wer bisher auf ein Dauerabonnement in der Champions League gesetzt hatte, muss sich aber langsam an den Gedanken gewöhnen, dass Borussia Dortmund im Mittelmaß der Bundesliga gelandet ist. Inzwischen ist den Westfalen auch ein jahrelang im Hinterland der Tabelle verorteter Klub wie der FC Augsburg in puncto Spielidee und konsequentem Handeln voraus, was am Samstag unübersehbar war.
Die bayerischen Schwaben sind seit neun Ligaspielen ungeschlagen (fünf Siege, vier Unentschieden) und haben ob ihrer Verteidigungskünste in dieser Zeit nur zwei Gegentreffer akzeptieren müssen. Wer dem FCA in diesen Wochen begegnet, muss also schon Panzerknacker-Qualitäten besitzen, um das Augsburger Bollwerk, das der dänische Trainer Jess Thorup errichtet hat, zu durchlöchern.
„Ein Tag, den man genießen muss“
Die einen hatten einen Plan und eine Mannschaft, in der jeder für den anderen da war – die anderen wirkten versprengt und unfähig, gemeinsam den eigenen Schwächesymptomen zu trotzen. Borussia Dortmund besaß nichts, woran sich die Mannschaft hätte aufrichten können. Keine Idee, keinen Plan, keine Notfallmedizin.
Während sich Thorup und seine folgsame Mannschaft über den ersten vollen Erfolg in Dortmund seit zehn Jahren freuten und der Trainer dazu aufrief, einen „Tag, den man genießen muss“ zu feiern, war sein Dortmunder Kollege Niko Kovač bedient.
„Über 90 Minuten haben wir heute kein bisschen gezeigt, dass wir das Spiel gewinnen wollen“, sagte er gegenüber Sky, „das war zu langsam, zu träge, zu behäbig. Wir haben keine Chancen kreiert und haben nicht die Tiefe bespielt. So kannst du kein Bundesligaspiel gewinnen. Die Einstellung ist entscheidend. Laufbereitschaft, Leidenschaft, Intensität und Aggressivität sind für mich immer das Maß der Dinge.“ Dinge, von denen der alleingelassene kroatische Fußballlehrer am Samstag nur träumen konnte.
Ähnlich desillusioniert äußerten sich die wenigen BVB-Protagonisten, die etwas sagen wollten zu der Offenbarung des eigenen Unvermögens, illustriert durch den irrlichternden Auftritt des mit sich selbst seit längerem hadernden Spielgestalters außer Dienst, Julian Brandt, und die überaus fahrigen und fahrlässigen Auftritte der früher auch schon mal vortrefflichen Außenangreifer Jamie Gittens und Karim Adeyemi.
Kapitän Emre Can und Nico Schlotterbeck, zwei der etwas besseren Borussen, waren so entsetzt wie Kovač über die kollektiv unzureichende Leistung ihrer Mannschaft, die keine war. „Der Auftritt war schrecklich“, sagte Can, „wir sind keine Topmannschaft. Wenn wir so weitermachen, wird es eine ganz schlimme Saison.“
Das kann man wohl sagen angesichts der trüben, aber realitätsnahen Aussicht auf eine Spielzeit ohne Europapokalabende. Ähnlich desillusioniert äußerte sich Nico Schlotterbeck. „Wir haben zu viele Spiele, in denen wir nicht ans Maximum gehen und nicht die Basics abrufen. Wir haben viel zu viel nachgedacht und nicht aus dem Bauch herausgespielt. Fehlende Konstanz ist immer fehlende Qualität.“
Diese Konstanz verkörperte am Samstag nur der in sich ruhende Gegner aus Augsburg, beim BVB dagegen wehrten sich einige Spieler nicht einmal gegen die Selbstzweifel und wirkten so wie gelähmt. Keine Basis, um sich an diesem frühsommerlich sonnigen Nachmittag noch freispielen zu können.