Was man Dortmund vorwerfen muss | ABC-Z

Dortmund. Raus mit Applaus gegen den FC Barcelona. Doch für Borussia Dortmund war im Champions-League-Viertelfinale insgesamt mehr drin.
Ramy Bensebaini war untröstlich. Er wusste gleich, was er da fabriziert hatte. Borussia Dortmunds Verteidiger trat frustriert gegen den Pfosten. Waldemar Anton versuchte ihn aufzubauen, die Fans trieben die Mannschaft sofort wieder nach vorne. Doch dieses unglückliche Eigentor, der 1:2-Anschlusstreffer in der 54. Minute, war ein herber Dämpfer.
Die neue Hoffnung auf ein sensationelles Weiterkommen gegen den FC Barcelona, sie war plötzlich verschwunden. Zwei Tore von Serhou Guirassy (11./49.) hatten den Glauben im Viertelfinal-Rückspiel zurückgebracht, nach der 0:4-Pleite vor einer Woche ins Champions-League-Halbfinale einzuziehen. Sein drittes Tor (78.) kam zu spät. Trotz des 3:1 (1:0)-Erfolgs ist der Traum von der zweiten Endspiel-Teilnahme in Serie geplatzt. Aber: Es war ein Königsklassen-Aus mit Applaus, das als Mutmacher für die restliche Bundesliga-Saison taugt. Am Ostersonntag im Heimspiel gegen Borussia Mönchengladbach (17.30 Uhr/DAZN) will der BVB den Rückstand auf die Europapokal-Plätze weiter verkürzen. Sechs Punkte sind es ja bis zur Champions League.
BVB gegen Barcelona: Die Hoffnung auf das nächste Wunder
Norbert Dickel taugt durchaus als Vorbild, wenn es darum geht, Dinge prägnant zu formulieren. So auch an diesem lauen April-Abend. „Volle Möhre“, hatte die Klub-Legende über die Stadionlautsprecher als Devise ausgegeben. Verbunden war die Ansage mit einer Aufforderung. Ans Publikum, an die Spieler, die zu diesem Zeitpunkt sich noch in den Katakomben bereithielten: „Lasst uns gemeinsam ein Fußballwunder erleben.“
Wie vor einem Jahr, als die Südtribüne den BVB beim 4:2 gegen Atlético Madrid ins Halbfinale schrie. Wie 2013, als Malaga geschah. Auch diese Partie musste in der Riege der historischen Abende ihren Platz finden, um doch noch unter die letzten Vier zu springen. Vermutlich sogar auf den ersten Platz nach dem 0:4 im ersten Duell mit dem schier übermächtigen Barca vor einer Woche. Vier Tore brauchten die Dortmunder für die Verlängerung gegen einen Gegner, der in diesem Jahr noch kein Pflichtspiel verloren hatte.
BVB gegen Barcelona mit vier Änderungen
Trainer Niko Kovac hatte nach dem 2:2 am Samstag bei Bayern München vier Änderungen vorgenommen. Ramy Bensebaini verteidigte für den verletzten Emre Can. Felix Nmecha sollte anstelle von Salih Özcan das Mittelfeld beleben. Karim Adeyemi rückte für den schwachen Julian Brandt rein. Yan Couto begann für Julian Ryerson.
Es knisterte in Dortmund trotz der äußerst widrigen Ausgangslage. Der BVB zog gleich das Tempo an, nutzte die Freiräume, die die zunächst desorientierten Katalanen den Gastgeber lassen. Nach fünf Minuten klärte Pau Cubarsi in höchster Not vor Serhou Guirassy. In der elften Minute allerdings kam Torwart Wojciech Szczesny zu spät gegen Pascal Groß. Schiedsrichter Maurizio Mariani zeigte auf den Punkt: Elfmeter. Guirassy lupfte den Ball ohne Nerven unter die Latte – 1:0, der Glaube war plötzlich da.
So traten die Dortmunder in der Folge auf: intensiv, mit hohen Ballgewinnen, schnellem Umschalten. Vorwerfen konnte man ihnen nur eine schlechte Chancenverwertung. Da schloss der BVB zu überhastet ab, zu unplatziert flogen die Bälle auf Szczesnys Kasten. Barca schien tief beeindruckt von der Wucht des Stadions. Erst Mitte der ersten Halbzeit bekamen die Gäste Ruhe in die Partie.
BVB gegen Barcelona: Ramy Bensebaini mit Eigentor
Für sie sprach die hohe Führung aus dem Hinspiel. Nach dem Seitenwechsel aber wurde es brenzliger, denn der BVB machte kurz nach der Pause das zweite Tor. Bensebaini legte eine Ecke von Daniel Svensson ab auf Guirassy, der einköpfte zum 2:0 (49.) – und damit den BVB-Vereinsrekord für Tore in einer Königsklassen-Saison ausbaute.
Der Vorteil allerdings lag bei Barcelona. Und die Mannschaft von Hansi Flick nutzte gleich ihren ersten beendeten Angriff der Partie zum Tor. Fermin bekam viel zu viel Raum über die rechte Angriffsseite, seine Hereingabe fälschte Bensebaini unglücklich ins eigene Tor ab: 1:2 (54.). Jetzt benötigte Schwarz-Gelb wieder drei Tore.
BVB: Neue Hoffnung nach Guirassys Tor
Kovac reagierte, brachte in Giovanni Reyna und Julien Duranville frischen Wind für die Offensive (65.). Die Partie plätscherte vor sich hin, zwölf Minuten später waren plötzlich alle wach. Aus dem Nichts knallte Guirassy den Ball ein drittes Mal ins Barca-Tor. Der Glaube war zurück. Doch für die Wende reichte es nicht mehr. Die Europapokal-Reise des BVB endete am Dienstagabend. Immerhin jedoch erhobenen Hauptes. Ärgern wird man sich trotzdem für die unnötig hohe und im Nachhinein umso bittere Niederlage im Hinspiel.