Bobbahn in Cortina: Wieso Italiens Winterspiele vielleicht auch in den USA stattfinden | ABC-Z

Noch 353 Tage, bis die Winterspiele in Mailand und Cortina d’Ampezzo beginnen, und es hat bereits der erste olympische Wettlauf begonnen. Nämlich der um die Bob- und Rodelbahn in Cortina. Die Frage ist: Wird sie noch rechtzeitig fertig?
Bis heute kann das niemand sicher sagen. Denn erst seit gut einem Jahr wird gebaut. Es wäre die am schnellsten gebaute Bob- und Rodelbahn der Geschichte. Spricht man mit Menschen aus den Bob- und Rodelverbänden, sagen die meisten, das werde schon irgendwie klappen. Aber eng sei der Zeitplan schon.
Auf Bildern kann man sehen, es stehen erst ein paar Kurven, und dann muss aus dem Betonkanal noch ein Eiskanal werden. Ende März sollen eigentlich erste Testfahrten auf der Bahn stattfinden. Im Januar gaben das Internationale Olympische Komitee (IOC) und die Organisatoren zu, dieser Zeitplan sei „eng und anspruchsvoll“. Ende Februar soll es noch mal ein Update geben.
Wenn es blöd läuft für die italienischen Ausrichter, lassen sie also gerade einen Eiskanal für Olympia bauen, auf dem man erst nach Olympia fahren kann. Weshalb es sein kann, dass Italiens Winterspiele nicht nur in Italien stattfinden, sondern auch fast 6.400 Kilometer entfernt, in Lake Placid, US-Bundesstaat New York, wo die Winterspiele 1932 und 1980 stattfanden. Lake Placid ist der Plan B, teilten die Organisatoren der Spiele Anfang Januar mit.
Warum eigentlich Lake Placid und nicht etwa St. Moritz oder Innsbruck, beide Orte würden immerhin recht nahe an Cortina liegen? Das Organisationskomitee der Winterspiele antwortet auf Anfrage von ZEIT ONLINE nicht. Die Welt am Sonntag schreibt, die US-Amerikaner hätten das lukrativste Angebot gemacht. Jedenfalls ist nun Lake Placid der Plan B, was für viele Sportlerinnen und Sportler der Worst Case wäre, sie könnten noch nicht mal zur Siegerehrung nach Cortina kommen.
Das IOC geht auf Distanz: Man sei schon immer für eine andere Bahn gewesen
Nun ist natürlich die Frage, wie so was passieren kann. Es ist ja nicht so, als hätte dieser Schlamassel nicht leicht verhindert werden können. Das IOC vergab 2019 die Winterspiele an Mailand und Cortina – Zeit, einen Eiskanal zu bauen, war genug. Doch erst mal wurde nicht gebaut. Stattdessen begann ein Hin und Her, das sicher Goldchancen hätte, wäre Sprunghaftigkeit olympisch.
Die italienischen Organisatoren hatten in ihrer Bewerbung die bereits vorhandene Bahn in Cortina erwähnt. Die wurde bereits 1923 eröffnet und danach ein paar Mal umgebaut, etwa für die Winterspiele 1956 in Cortina. Diese historische Bahn wollten sie renovieren, so schrieben es die Organisatoren in den Bewerbungsunterlagen. Veranschlagte Kosten: 47 Millionen Euro. Allerdings ist die Bahn seit 2008 wegen Finanzierungsproblemen geschlossen, die Natur hatte sich Teile davon bereits zurückgeholt. Zu renovieren war da nicht mehr viel, die Organisatoren hätten genauso schreiben können, sie wollten das Kolosseum in Rom für das Eishockeyfinale herrichten. Tatsächlich wird die alte Bahn in großen Teilen abgerissen und neu gebaut.
Im IOC waren sie schon immer skeptisch. Auf Nachfrage geht ein Sprecher auf Distanz zum Neubau in Cortina: „Es sei daran erinnert, dass das IOC die Organisatoren seit ihrer Bewerbung aufgefordert hatte, eine bestehende Bahn in einem anderen Land zu nutzen.“ Tatsächlich schrieb das IOC schon als es über die Bewerbung von Mailand und Cortina urteilte, Risiken und Nutzen eines Neubaus müsse man genau bewerten. Und ob man nicht besser auf eine bestehende Strecke an einem anderen Ort in Europa ausweichen solle, „wie dies in der Olympischen Agenda 2020 aus Gründen der Nachhaltigkeit und Kostensenkung empfohlen wird.“