Foulard im Trend: Appell für mehr seidene Halstücher auf deutschen Straßen | ABC-Z

Ein guter Freund machte mir neulich das ultimative Kompliment: Er sagte: Emma, du siehst heute richtig französisch aus! Den Rest des Tages stolzierte ich die Straßen, Unterführungen und Flure meines Alltags entlang, als wären sie die Champs-Élysées. Aber ich muss auch sagen: Das Kompliment hatte ich verdient, denn ich hatte diesen Look bewusst zusammengestellt. Alles, was es dazu brauchte, war ein kleines rechteckiges Stück Stoff.
Das Halstuch – seine Magie verwandelt eine Frau in eine Dame. Schon mit einem einfachen Knoten um den Hals wird ein uninspiriertes Outfit eine elegante Erscheinung. Und das heißt dann „französisch“ aussehen. Keine Angst vor Eleganz zu haben. Nach außen hin durchscheinen zu lassen, dass man sich mit seiner Kleidung Mühe gegeben hat. Dass man sich fein gemacht hat.
Das Tuch ist noch lange nicht auserzählt
In Deutschland, oh traute Heimat der Zip-Off-Hosen-Socken-Sandalen-Kombination, scheint mir das häufig noch wie ein Wagnis. Weil hier Funktionalität an erster Stelle steht, macht man sich angreifbar, wenn man sichtbar Aufwand betreibt. Dann wird diese eine böse, rhetorische Frage gestellt, die zeigt, wie sehr das Herausputzen hierzulande besonderen Anlässen vorbehalten ist: „Warum bist du denn so schick?“ Ja, Mensch, warum denn nicht?
Das Halstuch reizt, weil es dem Anschein nach keine Funktion hat. Es lässt sich, anders als ein Reißverschluss auf Höhe des Knies, angeblich nicht durch einen Nutzen rechtfertigen. Dabei stimmt das nicht. Das Halstuch ist auch für alle da, die sich gern funktional kleiden: Im Winter ist es als Schalalternative schön, im Sommer als Sonnenschutz. Es ist gerade dann wertvoll, wenn man sich den Nacken am Vortag verbrannt hat.
Grundsätzlich lohnt es, eine Auswahl an Halstüchern anzusammeln. Das ist machbar, weil sogar die erlesensten Stoffe im Kleinformat schon für einen Euro auf dem Flohmarkt verschleudert werden. Wer es sich also nicht leisten kann, in Seidenbettwäsche zu nächtigen, kann sich dieses Gefühl immerhin am Hals verschaffen. Die Farb- und Mustervarianten sind endlos, und damit auch die Akzente, die sich setzen lassen.
Ich selbst begnüge mich meistens mit einem einfachen Knoten. Der kann vorn oder hinten getragen werden – Pfadfinder oder Wilder Westen. Der neue Kreativdirektor von Celine, Michael Rider, hat zu seinem Debüt vor einigen Wochen gezeigt, auf welch vielseitige Weise sich ein Tuch drapieren lässt. Er schichtete die Tücher über den Mantel, servierte sie plusterig unter dem Kragen oder ließ sie locker über das Hemd fallen. Das Tuch ist also noch lange nicht auserzählt.