Bitcoin-Mining in Texas: Wo die Krypto-Minen brummen | ABC-Z

Dieses tiefe Brummen, erklärt Cheryl
Shadden, das sei immer da. Sieben Tage die Woche, 24 Stunden lang. “Als würde
man neben der Startbahn eines Flughafens leben.”
Die 62-jährige Shadden geht durch den Garten hinter ihrem Haus, das von Pferdekoppeln, Ackerflächen und ein paar
verstreuten Wäldchen umgeben ist. Während sie über das Grundstück führt, wuseln
acht Hunde um sie herum. Ein Pferd kommt zum Zaun angetrabt und wird von Shadden
gestreichelt. Würde man sich die Ohren zu halten, wäre die Idylle hier am Rand
der Kleinstadt Granbury in Texas ziemlich perfekt.
Lange Zeit war es auch so, sagt
Shadden, die mit ihrer Basecap im Leopardenmuster und einer großen, silbernen
Gürtelschnalle eine Figur aus der Western-Serie Yellowstone sein könnte. Seit
Sommer 2022 jedoch arbeitet 300 Meter von ihrem Haus entfernt ein Bitcoin-Rechenzentrum. In
mehr als 100 Metallcontainern befinden sich zehntausende Computer, die
mathematische Puzzles lösen und dadurch die digitale Währung produzieren. Der
Lärm, der die Nachbarschaft wachhält, kommt in erster Linie von den vielen
Ventilatoren, die die Computer kühlen.
85 Dezibel
Shadden sagt, dass sie von Kopfschmerzen,
Schwindel und Hörverlust geplagt sei. Viele Anwohner klagen über ähnliche
Beschwerden. Ärzte in der Umgebung haben eine Zunahme entsprechender
Krankheiten festgestellt. “Wir wären hier nicht hingezogen, hätten wir das
gewusst”, sagt Tosha Cross, die mit ihrer Familie in einem Trailer Park
direkt neben dem Rechenzentrum wohnt. Auch Karen Pearson beschreibt, dass ihr
Alltag von der Anlage bestimmt sei. “Wir sind hier seit über 30 Jahren”, sagt
sie. “Wir wollen unser Leben zurück.” Eine Gruppe um Pearson und Shadden hat
deshalb eine Unterlassungsklage gegen den Betreiber eingereicht.
Betreiber ist die Firma Mara
Holdings – mit insgesamt 16 Rechenzentren und einem
Börsenwert von vier Milliarden US-Dollar einer der größten Bitcoin-Produzenten
der Welt. Das Unternehmen verweist darauf, was man schon alles getan habe, um
die Nachbarn zu schonen. Rund um die Anlage stehe mittlerweile eine Mauer,
zudem sei ein Teil der Ventilatoren durch ein ruhigeres Kühlungssystem ersetzt
worden. Die für Texas festgelegte Grenze von 85 Dezibel werde nicht
überschritten, heißt es. Die Anwohner entgegnen, dass der Lärm auch unter
dieser Grenze eine Zumutung sei. Wer einen Tag in Granbury verbringt, kann das
auf jeden Fall bestätigen. “BITCOIN SUX” steht auf Schildern gegenüber der
Anlage. Frei übersetzt: Bitcoin ist zum Kotzen.
Mara vermeldete für 2024 einen
Umsatz von 660 Millionen Dollar, was einen Verlust von knapp 200 Millionen
Dollar bedeutete. Das Schürfen von Bitcoins rentiert sich also bislang noch nicht.
Man spekuliert darauf, dass Bedarf und Wert in den kommenden Jahren steigen. Während
das Kryptogeschäft eine Wette auf die Zukunft ist, sind die Begleiterscheinungen
dieser Industrie aber schon jetzt drastisch zu spüren. Granbury ist längst
nicht der einzige Ort, an dem Menschen unter Lärmbelastung durch die Bitcoin-Produktion
leiden. In North Carolina, Colorado, Ohio und anderen Bundesstaaten gibt es
ähnliche Konflikte. Lärmbelastung ist nur eines der vielen
Probleme.
Es geht um die Verheizung
fossiler Brennstoffe, um die Belastung von Stromnetzen, um den immensen
Verbrauch von Wasser, und das alles, obwohl Ressourcen an vielen Orten sowieso
schon knapp sind und die Erderhitzung überall eskaliert. Während die
Kryptobranche immer üppigere Zuschüsse vom Staat bekommt, erschließt sich
ein gesellschaftlicher Nutzen immer weniger. Warum eigentlich, könnte man fragen, gibt
es dieses Geschäft dann überhaupt?
Als US-Präsident Donald Trump
Anfang März zum “Krypto-Gipfel” ins Weiße Haus einlud, versprach er, Amerika
zur “Bitcoin-Supermacht der Welt” zu machen. Man werde den “regulatorischen
Krieg” der Biden-Regierung beenden, so Trump. Als eine der Maßnahmen gab er
die Errichtung einer strategischen Kryptoreserve bekannt, in der Bitcoin und
andere digitale Währungen vom Staat gespeichert würden. “Eine Art digitales
Fort Knox”, wie es der Kryptobeauftragte der Regierung, David Sacks, mit Bezug
auf den Lagerort der US-Goldreserven im US-Bundesstaat Kentucky erklärte. Neben
Trump, Sachs und weiteren Kabinettsmitgliedern saßen auch mehrere Vertreter der
Branche mit am Tisch, die sich begeistert zeigten, dass die Regierung nun endlich
auf ihrer Seite stehe. Einer nach dem anderen sagte artig “Thank you, Mr.
President”.