Birkenrinde im Shampoo und ein Laufschuh zum Aufsprühen – die Stilnews der Woche – Stil | ABC-Z
Echte Air-Bags
Immer gut, wenn sich Menschen etwas ausdenken, das sie selbst gern hätten. So wie Lili Radu. „Ich habe zwei kleine Kinder, gehe von der Arbeit direkt zum Sport, außerdem reise ich viel, da habe ich eine Tasche gesucht, in die mein ganzes Leben passt“, sagt die Designerin, die für ihre Firma Vee Collective seit 14 Jahren alltagstaugliche Shopper gestaltet. Die „Porter“ etwa sei ihre „Mary Poppins-Bag“, vielseitig einsetzbar und mit genug Platz für alle Unwägbarkeiten des Lebens. Diese Tasche benutzen nun auch die Flugbegleiter von Condor für ihren „von A nach B“-Alltag. Im neuen Design der Airline hat sie ähnlich wie ein Trolley ein abschließbares Hauptfach und ein extra Fach außen; zudem besteht die Möglichkeit, sie sicher am Teleskopgriff von Rollkoffern zu befestigen. Das gleiche Modell ist aber auch für Vielreisende, die nicht für Condor arbeiten, zu haben: in zwei Formaten und – wie üblich bei Vee Collective – aus recycelten Materialien. „Vom Zwirn über das Innenfutter bis zum Reißverschluss, bei uns sind alle Bestandteile 100 Prozent recycelt und vegan“, so Radu. Dass ihr Konzept aufgeht, beweist die Designerin seit vielen Jahren. Kooperiert hat sie bereits mit der Schauspielerin Gwyneth Paltrow, dem Model Toni Garrn und der US-Fitnesstrainerin Tracy Anderson, die noch jeden Star fit bekommen hat. Aktuell sind Kooperationen mit Moncler geplant, zur Art Basel Miami Beach gestaltet Barbara Becker zwei Taschen, außerdem erscheint zum Disney-Film „Vaiana“ der erste Kinderrucksack. Alltagstauglich kommt wohl nie aus der Mode.
Luft holen
Einfach Badeanzug oder Badehose einpacken, dazu ein ausgebleichtes Handtuch und los an den See – schön wär’s. Strandtaschen werden mit Bedacht gepackt, die richtige Marke beim Bandeau-Bikini, Sonnencremes kosten, wenn sie Instagram-tauglich sein sollen, ein kleines Vermögen, und dazu vielleicht ein farblich abgestimmtes Romancover? Auch wenn man es nicht ganz so übertrieben hält, wirklich selten ansprechend sehen Schnorchel-Utensilien aus, was natürlich auch daran liegt, dass eine Schwimmbrille jedes Gesicht deformiert. Wer beim Tauchgang weder Neontöne mag noch das klassische Sandförmchen-Blau: Die dänische Marke Petites Pommes bietet Sets an, bei denen schon die Beschreibung der Farbpalette stilvoll klingt: Oxfordgrün, Crème oder French Rose (petites-pommes.com).
Der Sprühschuh
Im Oktober 2022 betrat das Supermodel Bella Hadid nur mit einem Slip bekleidet, Hand vorm Busen, den Laufsteg von Coperni für eine Präsentation, die heute als historisch gilt. Die beiden Designer verpassten ihr den letzten Look des Defilees nämlich live und mit der Spraypistole: Eine Art Schaum wurde auf Hadids Haut gesprüht und verfestigte sich dort in Sekundenschnelle. Zuletzt schnitten die Designer alles Überflüssige ab – und Bella Hadid schritt in einem nagelneuen, nahtlos auf dem Körper sitzenden Kleid über den Laufsteg. Weltweite Schlagzeilen. Massenkompatibel aber, da waren sich die Betrachter damals einig, sei diese Technik nicht. Wer weiß! Das Schweizer Sportswear-Label On hat mit dem Laufschuh Cloudboom Strike LS nämlich gerade einen Sneaker entwickelt, der nach einer ganz ähnlichen Methode gefertigt wird. „LightSpray“ heißt die verwendete Technik: Ein Roboterarm sprüht eine 1,5 Kilometer lange Faser innerhalb von drei Minuten zu einem mesh-artigen Oberschuh und verbindet ihn gleichzeitig mit der Zwischensohle. Ohne Klebstoff, nahtlos und passgenau. Das Ergebnis wiegt nicht mehr als 170 Gramm, ein Rekord für Laufschuhe. Die Langstreckenläuferin Hellen Obiri hat mit diesem Leichtgewicht im April bereits den Boston Marathon gewonnen, andere On-Athleten werden darin bei den Olympischen Spielen von Paris antreten. Auf den Markt kommen soll der Schuh dann im Herbst, der anvisierte Preis liegt bei rund 300 Euro.
Haut und Haar
Es ist auch nicht alltäglich, dass in München ein neues Haarshampoo erfunden wird, aber im Fall von Tar ist genau das passiert. Gründerin Polly Lapkovskaja arbeitet eigentlich als Musikerin und war auf der Suche nach einer effektiven Haarpflege für sich, die auf Kopfhaut und Haare gleichermaßen beruhigend einwirken könnte. Sie stieß auf zwei natürliche Zutaten mit verheißungsvoller Wirkung: Birkenrindenteer und Ölschieferöl (Ichtyol). In einem längeren Versuchszeitraum entstand aus diesen beiden Zutaten ein Haarshampoo, das es in dieser Zusammensetzung tatsächlich bisher nicht gab und das deshalb nicht nur mit seinem minimalistischen Verpackungsdesign heraussticht. Das tiefschwarze Tar riecht einerseits deutlich nach dem teerartigen Schieferöl, das in der Medizin für seine entzündungshemmenden, antibakterielle Wirkung bekannt ist, aber auch nach dem aufwendig hergestellten Produkt aus der Baumrinde, also ein bisschen nach Wald und Lagerfeuer. Zusammen sollen die beiden archaischen Inhaltsstoffe für eine gesunde Kopfhaut sorgen und dem Haar auf natürlichem Weg Volumen und Glanz verleihen. Für Polly Lapkovskaja war mit dem neuen Rezept die Suche auf dem unübersichtlichen Markt für Haarkosmetik jedenfalls beendet – seit einigen Tagen ist es auf dem Markt.