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Erhöhtes Kapitalverlustrisiko?: Schadensersatz für Offenen-Immobilienfonds-Anleger | ABC-Z


Erhöhtes Kapitalverlustrisiko?

Schadensersatz für Offenen-Immobilienfonds-Anleger

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Offene Immobilienfonds wurden von Banken gerne als konservatives Investment für private Anleger verkauft. Doch nach dem Kurssturz des UniImmo Wohnen ZBI stehen immer mehr Fragezeichen hinter der Anlageklasse. Ein Gericht hat nun eine Bank zur Zahlung von Schadensersatz verurteilt. Was sollten Anleger tun?

Als Tagesgeld und Bundesanleihen vor einigen Jahren keine Zinsen mehr abwarfen, begannen selbst vorsichtige Sparer, die ihr Geld bis dahin festverzinslich angelegt hatten, sich im Bereich der Sachwerte umzuschauen. Wer sich nicht in Aktien traute, dem wurden von seiner Bank häufig offene Immobilienfonds empfohlen. Sie sollten das bieten, wonach an den Finanzmärkten die meisten suchen: eine attraktive Rendite bei geringem Risiko.

Roland Klaus ist Gründer der Interessengemeinschaft Widerruf. Sie hilft bei der Durchsetzung von Verbraucherrecht in Finanzfragen und wird dabei von spezialisierten Anwälten unterstützt.

Roland Klaus ist Gründer der Interessengemeinschaft Widerruf. Sie hilft bei der Durchsetzung von Verbraucherrecht in Finanzfragen und wird dabei von spezialisierten Anwälten unterstützt.

Doch die Geschichte hat einen Knacks bekommen. Grund dafür ist der UniImmo Wohnen ZBI, ein Fonds aus dem genossenschaftlichen Lager der Volks- und Raiffeisenbanken, der in der Spitze mehr als fünf Milliarden Euro schwer war. Aus heiterem Himmel wertete der Fonds im Juni 2024 auf einen Schlag seinen Immobilienbestand um 17 Prozent ab. Dies bescherte den Anlegern einen Schaden von insgesamt 800 Millionen Euro. Aber auch andere große Fonds haben in den vergangenen zwölf Monaten kaum noch Rendite erwirtschaftet.

Anleger wehren sich

Nun beginnen Anleger sich zu wehren – allen voran Investoren, die mit dem UniImmo Wohnen ZBI Geld verloren haben. Sie stützen sich auf ein Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth (Az.: 4 HK 0 5879/24). Das Gericht hatte im Februar entschieden, dass die Risikoeinstufung des Fonds zu gering gewählt wurde. Tatsächlich war der Fonds im sogenannten Basisinformationsblatt (PRIIP) in den Risikoklassen zwei und drei von insgesamt sieben als relativ niedriges Risiko eingestuft worden. Kläger war damals die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg, also kein geschädigter Anleger, daher wurde auch kein Schadensersatz verlangt und auch nicht zugesprochen.

Er hätte jedoch nicht in diese Risikoklassen gehört, so das Gericht. Grund ist, dass die Bewertung der Immobilien durch einen Gutachter nur quartalsweise vorgenommen werden. Geldanlagen in niedrigen Risikoklassen müssten jedoch zumindest eine monatliche Neubewertung ihrer Assets vorweisen. Zwar ist das Urteil noch nicht rechtskräftig und die Fondsgesellschaft hat Berufung eingelegt. Doch sollte sich diese Rechtsprechung durchsetzen, so käme dies einem Erdbeben für offene Immobilienfonds gleich. Dann müsste nämlich der UniImmo Wohnen ZBI – und mit ihm etliche andere Immobilienfonds, die ähnlich vorgehen – in die Risikoklasse 6 (“erhöhtes Kapitalverlustrisiko”) eingestuft werden. Die Fonds dürften risikoscheuen Anlegern nicht mehr angeboten werden.

Erstes Urteil gewährt Schadensersatz

Basierend auf diesem Urteil klagen nun Anleger des UniImmo Wohnen ZBI auf Schadensersatz. Immerhin hat ihr Fonds seit den Höchstständen fast ein Viertel seines Wertes verloren. Dabei gibt es zwei Ansatzpunkte: Einerseits wird versucht, die Bank, die den Fonds verkauft hat, auf Falschberatung zu verklagen. Andererseits gibt es eine erste Klage gegen den Emittenten des Fonds, ZBI, wegen der Einstufung in eine zu niedrige Risikoklasse.

Dabei gibt es einen ersten Erfolg zu vermelden. Das Landgericht Stuttgart (Az.: 12 O 287/24) hat eine Volksbank dazu verurteilt, einer Kundin das Geld zu ersetzen, das diese in den UniImmo Wohnen ZBI investiert hatte. Doch auch dieses Urteil ist noch nicht rechtskräftig, die Bank hat Berufung angekündigt. Zudem sind solche Klagen wegen Falschberatung immer sehr individuell und nicht ohne Weiteres auf andere Anleger zu übertragen.

Studie zeigt hohe Risiken

Als Erfolg versprechender könnte sich daher nach unserer Meinung ein Vorgehen gegen den Emittenten des Fonds, ZBI, erweisen. Erstmals wurde nun vor dem Landgericht Nürnberg-Fürth eine Schadensersatzklage gegen ZBI eingereicht. Dabei geht es darum, dass der Fonds in eine fehlerhafte Risikoklasse eingestuft wurde. Welche Risikoneigung der jeweilige Anleger mitbringt und inwiefern er über die konkreten Gefahren einer Anlage in dem Fonds aufgeklärt wurde, spielt bei diesem Ansatz keine Rolle. Daher könnte aus dieser Klage auch ein sogenanntes Musterverfahren werden, an dem sich viele Anleger beteiligen können. Ein entsprechender Antrag ist gestellt.

Dass die Risiken bei offenen Immobilienfonds noch deutlich größer sein könnten als bisher angenommen, zeigt ein Gutachten des bekannten Immobilienspezialisten Stefan Loipfinger für die Bürgerbewegung Finanzwende. In seiner Studie nennt er gleich mehrere Punkte, die zur Vorsicht mahnen. So haben beispielsweise die zehn größten deutschen offenen Immobilienfonds in den zurückliegenden beiden Geschäftsjahren laut Rechenschaftsbericht ihre Immobilienbestände um 1,6 Milliarden Euro aufgewertet – und das, obwohl die Immobilienmärkte aufgrund des Zinsanstiegs tendenziell an Wert verloren haben. Dies nährt den Verdacht, dass die Immobilien in den Fonds zu hoch bewertet sein könnten und ein erhebliches Abwertungspotenzial besteht.

Enorme Kosten

Zudem stellt Loipfinger eine enorme Kostenquote fest. Die zehn größten Immobilienfonds weisen nach eigenen Aussagen eine stattliche Renditeprognose vor Kosten von durchschnittlich 5,1 Prozent p.a. auf. Doch nur der geringste Teil davon kommt auch bei den Anlegern an. Denn die Kosten verschlingen sage und schreibe 78 Prozent dieses Ertragspotenzials. Übrig bleiben für Anleger nach Kosten gerade einmal noch 1,2 Prozent p.a. Damit liegen die erwarteten Renditen für Immobilienfonds deutlich unter den von weniger risikoreichen Staatsanleihen.

Anleger, die mit der Wertentwicklung ihrer Fonds nicht zufrieden sind, sollten daher prüfen lassen, ob sie die Möglichkeit auf Schadensersatz haben. Das betrifft in erster Linie, aber nicht ausschließlich, den UniImmo Wohnen ZBI. Eine solche Prüfung ist beispielsweise – kostenlos und unverbindlich – bei der Interessengemeinschaft Widerruf möglich.

Über den Autor: Roland Klaus ist Gründer der Interessengemeinschaft Widerruf. Sie hilft bei der Durchsetzung von Verbraucherrecht in Finanzfragen und wird dabei von spezialisierten Anwälten unterstützt.

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