BGH verbietet Werbung für Hyaluronspritzen mit Vorher-nachher-Bildern |ABC-Z

Das Unternehmen Aesthetify der beiden durch Social-Media-Werbung bekannt gewordenen Influencer-Ärzte „Dr. Rick und Dr. Nick“ darf minimalinvasive Schönheitseingriffe wie Hyaluron-Unterspritzungen nicht mehr mit Vorher-nachher-Bildern bewerben. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden. Diese Art der Schönheitsbehandlung, bei der durch Unterspritzung mit Hyaluron oder Hyaluronidase die Form von Nase oder Kinn verändert wird, sei als operativer plastisch-chirurgischer Eingriff zu bewerten, urteilte der BGH.
Aesthetify, das seinen Unternehmenssitz in Recklinghausen hat und an sechs Standorten in Deutschland Behandlungen wie Nasenkorrekturen, Lippenformungen oder Kinnaufbau mit Hyaluron oder Botox anbietet, wirbt mit flapsigen Sprüchen wie „Heute machen wir Dir wieder ein kleines Update“ und mit Bildern, die Kunden jeweils vor und nach der Behandlung zeigen sollen. Die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen erkannte darin einen Verstoß gegen das Heilmittelwerbegesetz (HWG). Denn auch minimalinvasive Eingriffe mit Kanüle statt Skalpell fielen unter das Vorher-nachher-Verbot des HWG für „operative plastisch-chirurgische Eingriffe“, die medizinisch nicht notwendig sind. Der BGH bejahte das nun und bestätigte damit ein Ende August 2024 von der Verbraucherzentrale erwirktes Urteil des Oberlandesgerichts Hamm. (Az. I ZR 170/24)
„Schönheit per Spritze ist kein harmloser Trend, sondern ein medizinischer Eingriff“
Die Revision dagegen habe keinen Erfolg. Eine weite Auslegung dessen, was unter einem operativen plastisch-chirurgischen Eingriff zu verstehen ist, sei mit dem Wortlaut des HWG zu vereinbaren, so die Karlsruher Richter. Eine solche Auslegung entspreche „sowohl dem Willen des Gesetzgebers als auch dem Schutzzweck dieser Vorschriften, unsachliche Einflüsse durch potentiell suggestive und irreführende Werbung für medizinisch nicht notwendige Eingriffe zurückzudrängen, die Entscheidungsfreiheit betroffener Personen zu schützen und zu vermeiden, dass sich diese Personen unnötigen Risiken aussetzen, die ihre Gesundheit gefährden können“.
Das Argument von „Dr. Rick und Dr. Nick“, die Risiken bei ihrer Behandlung seien mit den Risiken von Ohrlochstechen, Piercen und Tätowieren zu vergleichen, wies der BGH als unerheblich zurück, weil es sich dabei anders als bei den Unterspritzungen eben nicht um operative plastisch-chirurgische Eingriffe im Sinne des HWG handle.
Die Verbraucherzentrale NRW begrüßte das Urteil. Der BGH setze ein klares Zeichen und schaffe auch für andere Anbieter dringend notwendige Rechtssicherheit, sagte Wolfgang Schuldzinski, Vorstand der Verbraucherzentrale NRW. „Schönheit per Spritze ist kein harmloser Trend, sondern ein medizinischer Eingriff – und darf nicht wie ein Lifestyleprodukt vermarktet werden.“ Ins Rollen sei das Verfahren gegen „Rick und Nick“ unter anderem durch den Hinweis einer besorgten Mutter gekommen, die fürchtete, ihre minderjährige Tochter könnte von den beiden „Schönheits“-Ärzten stark beeinflusst werden.
„Dr. Rick und Dr. Nick“, bei denen es sich um Henrik Heüveldop und Dominik Bettray handelt, wurden durch ihre große Reichweite in den sozialen Medien und später auch durch TV-Auftritte bekannt. Ihre Beiträge auf Plattformen wie Instagram oder Tiktok zeigen oft den gesamten Geschäftsverlauf vom Vorgespräch und der Unterspritzung sowie der Reaktion ihrer Kunden nach der Behandlung und eben Vorher-nachher-Bilder. Die Beiträge werden mitunter millionenfach angesehen.
„Gerade diese breite Präsenz macht die unzulässige Werbung mit Vorher-nachher-Bildern besonders wirksam und problematisch“, sagte Schuldzinski. Weiterhin erlaubt blieben allgemeine Vorher-nachher-Bilder im ärztlichen Beratungsgespräch, wenn Kunden sich für eine individuelle Aufklärung über die Chancen und Risiken eines Eingriffs entschieden haben.