Berlin

Betrug an Tankstellen: Nur etwa jeder dritte Fall wird aufgeklärt | ABC-Z

Viele Fälle nicht aufgeklärt

Betrug an Tankstellen: “Die setzen sich ins Auto und weg sind sie”


Do 14.08.25 | 14:37 Uhr | Von Martin Krauß

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Audio: Antenne Brandenburg | 13.08.2025 | Martin Krauß | Bild: picture alliance/dpa/C.Gateau

Im vergangenen Jahr wurden rund 900 Fälle von Tankstellen-Betrug im Osten Brandenburgs angezeigt. Nur jeder dritte Fall wird aufgeklärt. Tankstellen können sich mit Technik schützen – brächten dann aber ihre Umsätze in Gefahr. Von Martin Krauß

Wer im ländlichen Brandenburg unterwegs ist, hat es vielleicht schon einmal gesehen: Insbesondere in den Abendstunden werden an Tankstellen vereinzelt Zapfsäulen abgesperrt oder ganz ausgeschaltet. Der Grund dahinter: das Phänomen Tankstellen-Betrug.

In der kreisfreien Stadt Frankfurt (Oder) sowie in den Kreisen Uckermark, Oder-Spree, Märkisch-Oderland und Barnim kam es 2024 laut der Polizeidirektion Ost zu 902 angezeigten Fällen.

Viele Tankstellen-Betreiber wollen sich offiziell dazu nicht äußern. Fragt man Betreiber von Aral- oder Shell-Tankstellen, berichten sie, dass sie sich dazu auch gar nicht äußern dürfen. Hinter vorgehaltener Hand berichten sie aber, dass es auch bei ihnen regelmäßig zu Diebstählen von Kraftstoffen kommt.

Auch Inge* möchte nicht mit richtigem Namen genannt werden. Sie arbeitet seit Längerem an einer Tankstelle in Oder-Spree. Sie berichtet von regelmäßigen Betrugsfällen: “So im Schnitt ein, zwei hat man im Monat – mindestens.” Auch an ihrer Tankstelle habe daher die Betreiberin früher Zapfsäulen mit Pylonen abgesperrt. Nur die Säulen, die von dem Kassenbereich einzusehen waren, seien dann geöffnet geblieben.

Gesicht durch Helm oder Brille verdeckt

Aber selbst das halte Diebe nicht ab, sagt Inge. “Die setzen sich schnell rein ins Auto und weg sind sie”, sagt sie. Auch durch Motorradfahrer gebe es Betrug, ergänzt sie. Mit Hilfe des Helms oder anderer Hilfsmittel werde versucht, die Identität zu verschleiern: “Basecap, Sonnebrille. Sie gucken noch, ob einer guckt – und weg sind sie.”

Für diejenigen, die dennoch anhand der Videoaufzeichnung identifiziert werden können, wird es teuer. Inge arbeitet an einer kleineren Tankstelle. Deren Mineralöl-Konzern habe eine eigene Abteilung, wo die gemeldeten Diebstähle aus einer ganzen Region zusammengetragen würden, sagt sie. Hier werde versucht, die Diebe zu identifizieren. Ähnliches berichten auch andere: Gebündelt würden die Mineralöl-Konzerne die Vorfälle der Polizei melden.

Nur jeder dritte gemeldete Fall aufgeklärt

Doch nur jeder dritte Tankstellen-Betrug wurde im vergangenen Jahr aufgeklärt, wie es von der Polizeidirektion Ost heißt.

“Aus der polizeilichen Erfahrung heraus kann ich Ihnen sagen, dass die Täter teils unter Verwendung falscher Kennzeichen die Tankstellen aufsuchen, ihr Fahrzeug soweit ordnungsgemäß betanken und dann – anstatt den Weg zur Kasse zu suchen – sich hinters Steuer setzen und einfach losfahren”, sagt Polizeihauptmeister Marcel Patzwahl. Insbesondere bei den Tätern, die in ihren Fahrzeugen noch weitere Kanister zum Befüllen haben, um den Kraftstoff an Dritte zu veräußern, sei ein zunehmender Professionalisierungsgrad zu beobachten. Das sei tatsächlich in allen Kreisen der Fall.

Fast jeden Tag ein Diebstahl

Die Fälle von Tankstellen-Betrug sind dabei laut Polizeistatistik relativ konstant, so Patzwahl weiter. Im Zuständigkeitsgebiet der Polizeidirektion Ost waren 2023 1.255 Fälle bearbeitet worden, 2024 die genannten 902. Im Barnim kam es demnach in den beiden Jahren zu den meisten Diebstählen (2023: 530 Fälle; 2024: 366 Fälle). Doch auch in Oder-Spree (418/217) und Märkisch-Oderland (233/200) kommt es im Durchschnitt jeden beziehungsweise jeden zweiten Tag zu einem Diebstahl. Nur die Uckermark ist mit 74 und 65 Fällen (2023/2024) seltener von Tankstellen-Betrug betroffen.

Das bestätigt auch der Verband der Garagen- und Tankstellenbetreiber Nord-Ost. Tankstellen-Betrug sei ein bundesweites Problem, heißt es dort. Insbesondere zur Weihnachtszeit würden die Fälle zunehmen, berichtet Vorstandsvorsitzender Hans-Joachim Rühlemann. Zudem seien vor allem kleinere, abgelegenere Tankstellen betroffen. Diese könnten durch eine bessere Beleuchtung die Identifikation von Dieben vereinfachen oder diese sogar dadurch abschrecken.

Tankstellen-Automaten trotzdem eher selten

Schranken oder Tankstellen-Automaten könnten Diebe abhalten. Bei Tankstellen-Automaten muss ein Geldbetrag vorab freigegeben werden. So etwas sei in anderen europäischen Ländern teilweise üblich, in Deutschland aber eher selten zu finden, erklärt Rühlemann. Und das sei auch mehr oder weniger gewollt. Denn im Gegensatz zu Italien, wo Tankstellen-Betreiber auch einen Anteil der Einnahmen aus dem Verkauf von Kraftstoffen erhalten, sei dies hierzulande nicht der Fall: “Der Tankstellen-Besitzer in Deutschland lebt davon, dass er ein gutes Shop-Geschäft hat. Heißt also, dass er Zigaretten, Zeitungen, Kaffee, Brötchen und diese Dinge verkauft hat. Wenn der Kunde also die Möglichkeit hat, an der Tanksäule selbst direkt schon zu bezahlen, kommt er nicht mehr in den Shop”, so Rühlemann und betont: “Wir müssen den Kunden im Shop halt haben, weil sonst der Pächter kein Geld mehr hat.”

Sendung: Antenne Brandenburg, 13.08.2025, 15:12 Uhr

*Name von der Redaktion geändert.

 

Beitrag von Martin Krauß


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