Betonklötze vor Weihnachtsmärkten? „Um Gottes Willen“, sagt der Experte | ABC-Z
Nach dem Anschlag auf dem Weihnachtsmarkt in Magdeburg stellt sich die Frage, wieso das Gelände nicht besser geschützt war. Im Gespräch mit FOCUS online warnt ein UNO-Zufahrtsschutzexperte vor schlechten Sicherheitskonzepten bei vielen Veranstaltungen in Deutschland.
Wichtig sei es, den Unterschied zwischen der Veranstaltungssicherheit und dem Schutz von Veranstaltungen zu verstehen. In Deutschland gibt es Veranstaltungssicherheitskonzepte. Deshalb “denkt man fälschlicherweise, dass damit auch Zufahrtsschutz abgesichert sein muss. Das ist aber nicht der Fall, und die Leute, die Veranstaltungssicherheit machen, sind dafür weder qualifiziert noch ausgebildet”, erklärt der Experte.
Zufahrtsschutz sei “eine technische Ausbildung mit einer entsprechenden Prüfung und Zertifikation und Zulassung durch eine offizielle Stelle”. Räumlich endet Zufahrtsschutz dort, wo die Personendichte der Veranstaltung anfängt.
“Unsere Expertise wird gar nicht eingeholt”
Das Problem liegt darin, dass Experten des Zufahrtsschutzes bei der Veranstaltungsplanung häufig überhaupt nicht mit eingebunden werden. “Unsere Expertise wird gar nicht eingeholt.”
Beispielweise werden Betonklötze als Schutzmaßnahmen eigentlich explizit ausgeschlossen, “weil sie die Gefahr noch erhöhen”. Hätte am Breitscheidplatz 2016 ein Betonklotz gestanden, so befürchtet der Sachverständiger, hätte es noch deutlich mehr Tote gegeben, da denn nicht nur der LKW die Menschen überfahren hätte, sondern zusätzlich auch den Klotz wie eine Kanonenkugel über Hundert Meter über den Platz geschossen hätte.
Experte warnt: “Wenn Sie Betonklötze sehen…”
“Wenn Sie Betonklötze auf einer Veranstaltung sehen, können Sie mit 99-prozentiger Sicherheit davon ausgehen, dass die, die das geplant haben, nicht wissen, was sie tun.“
Dennoch setzen seit dem Anschlag auf dem Berliner Breitscheidplatz im Jahr 2016 viele Veranstalter vermehrt auf die Klötze – entgegen eindringlicher Warnung der Zufahrtsschutz-Experten: “Wir haben immer gesagt: ‚Um Gottes Willen! Macht das bloß nicht, Betonklötze sind völlig verkehrt. Das ist wie Öl ins Feuer gießen!‘”
Todesfahrer von Magdeburg fuhr über ungeschützten Rettungsweg
Der Flucht- und Rettungsweg, auf dem der mutmaßliche Täter von Magdeburg auf den Weihnachtsmarkt gelangt sein soll, war nach Angaben der Stadt nicht durch Sperren oder Poller geschützt. Notarzt und Feuerwehr sollten über diesen Weg bei Unfällen oder anderen Einsätzen auf dem Platz gelangen können, sagte Ronni Krug, Beigeordneter für Personal, Bürgerservice und Ordnung der Stadt.
Dort seien aber mobile Einsatzkräfte der Polizei stationiert gewesen. Die Wege seien daher nicht ungeschützt gewesen, verteidigte Krug das Konzept. Es habe sich “über lange Jahre bewährt”.