Berlin

Rede von Michel Friedman: „Mit leuchtenden Augen für die Demokratie“ | ABC-Z

„Niemand ist sich sicher, dass Deutschland in vier oder acht Jahren noch ein friedliches Land ist“, sagte Michel Friedman am Freitagnachmittag am Walter-Lübcke-Denkmal in Berlin-Mitte. Er hält eine Rede vor der Parteizentrale der CDU. Und damit an dem Ort, wo die Ak­ti­ons­künst­le­r*in­nen vom Zentrum für Politische Schönheit (ZPS) am Dienstag eine Bronze-Statue des 2019 von einem Rechtsextremisten ermordeten CDU-Politikers gestellt hatten.

Walter Lübcke habe das angemahnt, was „eben keine Selbstverständlichkeit“ sei, nämlich dass die Würde des Menschen unantastbar ist. „Auch die Würde der Menschen, die zu uns gekommen sind, die geflüchtet sind, die aus Not ihr Land verlassen habe und die hier angekommen sind“, sagte Friedman.

Lübcke sei ermordet worden, weil er politisch aktiv war, betont Friedman. „Wir sind hier, weil wir an ihn denken wollen, und weil er ein Vorbild ist“, sagt der Publizist zum anhaltenden Applaus seiner Zuhörer*innen. Die CDU wiederum hatte mit Ablehnung auf die Lübcke-Statue reagiert. Die Partei verwahre sich „gegen die unaufrichtige Instrumentalisierung von Walter Lübcke durch linke Aktivisten wie das Zentrum für Politische Schönheit“, hieß es in der vergangenen Woche von der Partei.

Die Demokratie ist die beste Möglichkeit, wie Menschen miteinander leben können

Michel Friedman, Publizist und Ex-CDU-Mitglied

Michel Friedman kritisierte die CDU dafür. „Vielleicht ärgern sich die Damen und Herren, dass wir es sind, die heute Walter Lübcke ein Andenken geben, was sie schon seit Langem in großer Öffentlichkeit, auch in Berlin, hätten tun können“, sagte er. Friedman selbst war im Januar 2025 aus der CDU ausgetreten. Sein Austritt war eine direkte Reaktion darauf, dass die CDU im Bundestag einen Antrag für eine verschärfte Migrationspolitik mit den Stimmen der AfD gestellt hatte.

„Partei des Hasses“

„Die AfD ist eine Partei der geistigen Brandstiftung und des Hasses. Sie legt Feuer, sie versucht, wieder zu definieren, welcher Mensch ein Mensch ist. Sie will die Bundesrepublik zerstören“, sagte Friedman. „Die AfD tastet die Würde der Menschen an – und daher muss sie verboten werden“, forderte er. Mit der Partei dürfe es kein Gespräch geben. Mit den Wäh­le­r*in­nen allerdings müsse man sich weiter streiten. „Stehen wir auf, zeigen wir, dass wir das bessere Angebot haben“, sagt Friedman.

Er appellierte an die Verantwortung eines jeden Einzelnen, sich für die Demokratie starkzumachen. „Wir müssen die Demokratie mit leuchtenden Augen auf die Straße, in die Betriebe, in die Familien, in die Vereine bringen“, sagt er. Mit der Überzeugung, dass dies die beste Möglichkeit ist, wie Menschen miteinander leben können. Friedman dankte dem ZSP dafür, dass sie die Statue aufgestellt haben. Auf Youtube, wo seine Rede in voller Länge ansehbar ist, schrieben Kommentator*innen, dass sie sich so eine Rede eigentlich vom Bundeskanzler gewünscht hätten.

Familie war nicht eingebunden

Inzwischen äußerte sich auch die Familie von Walter Lübcke zu dem Mahnmal. Sie erklärte, dass das Zentrum für Politische Schönheit sie nicht in die Planungen und Vorbereitungen einbezogen habe. „Es kann nicht als Beteiligung gewertet werden, uns lediglich am Vortag der Aufstellung des Denkmals ein Schreiben in den Briefkasten zu werfen. Dies stellt weder eine angemessene Information noch eine Einbindung dar“, schrieben die Witwe und die Kinder. Sie betonten, dankbar zu sein, für jede und jeden „der in aufrichtiger, wertschätzender und ehrender Art an unseren Vater/meinen Mann erinnert“. Alles, was zur Stärkung der demokratischen Grundordnung und zur Abgrenzung nach rechts beitrage, sei zudem „wichtig und richtig“. Auch müsse die Brandmauer gegen rechts, stehen: „Hier darf es keine Toleranz geben.“

Wer den Anspruch erhebt, Angehörige einzubeziehen, muss dies frühzeitig und in enger Abstimmung tun

Familie von Walter Lübcke

Zugleich verwahrt sich die Familie „entschieden dagegen, dass im vorliegenden Fall der Anschein vermittelt wurde, wir seien in die Planung oder Umsetzung eingebunden gewesen“. Wer den Anspruch erhebe, Angehörige einzubeziehen, müsse dies frühzeitig, transparent und in enger Abstimmung tun. „Nur so kann ein respektvoller Umgang gewährleistet werden – sowohl mit dem Andenken an unseren Vater/meinen Mann als auch mit uns als Familie.“

Vom ZSP wiederum hieß es, sie hätten „an keiner Stelle behauptet, dass die Familie Teil des Projekts gewesen sei oder das Mahnmal ‚abgesegnet‘ habe oder in die Planung und Umsetzung eingebunden gewesen sei“, schrieben die Aktionskünstler*innen. Sie hätten die Familie lediglich „vorab informiert“.

Es ist nicht das erste Mal, dass das ZSP sich mit dem Vorwurf konfrontiert sieht, die Perspektiven von Betroffenen zu missachten. Nachdem sie 2019 eine sogenannte „Widerstandssäule“ vor dem Bundestag aufgestellt hatten, die angeblich die Asche von in der Shoah ermordeten Jüdinnen und Juden enthielt, hatten Opferverbände und Hinterbliebene massiv protestiert. Auch bei anderen Aktionen standen sie im Verdacht, selbstgerecht auf Schockeffekte zu setzen und Opfer damit zu instrumentalisieren.

Back to top button