„Best Buddy“ von Donald Trump | ABC-Z
Das Jahr 2024 begann mit einer großen Illusion. Sie lautete: Wenn es Nikki Haley in den Vorwahlen der Republikaner in New Hampshire gelingen würde, Donald Trump hinter sich zu lassen, könnten die Vorwahlen eine neue Dynamik bekommen. Die frühere UN-Botschafterin war entschlossen, ihrer Partei die Verwundbarkeit von Donald Trump vor Augen zu führen. Nur sie könne unabhängige Wähler und moderate Republikaner ansprechen, sagte sie. Die Partei müsse einen Generationenwechsel wagen. Trump reagierte angefasst. Fürchtete er, Haleys Strategie könnte aufgehen?
Im Rückblick war das nichts weiter als Wolkenkuckucksheim. Trump zeigte, wie sehr er seine Partei dominiert, und stürmte durch die Vorwahlen. Die sogenannten Mitte-rechts-Wähler waren bereit, über seine Strafverfahren und seine spalterische Rhetorik hinwegzusehen. Ihm, der Amerika zu alter Größe zurückzuführen versprach, gestand man eine Bulldozer-Mentalität zu.
Haley gab irgendwann auf. Und obwohl sie gesagt hatte, Trump sei ungeeignet für das Präsidentenamt und werde die Wahl im Herbst nicht gewinnen, rief sie am Ende die Amerikaner dazu auf, ihn zu wählen. Im November gewann er dann nicht nur in allen sieben Swing States, sondern auch die Mehrheit aller abgegebenen Stimmen. Trump dominiert nicht nur seine Partei. Die Mehrheit aller Amerikaner gab ihm ein machtvolles Mandat.
Er agiert als Schattenpräsident
Der Wahlkampf verlief atemlos: Es gab zwei Attentatsversuche auf Trump und einen Kandidatensturz bei den Demokraten dreieinhalb Monate vor dem Wahltermin, bei dem ein greiser Amtsinhaber, von den eigenen Leuten mürbe gemacht, beiseitetreten musste. Es folgte ein Wettbewerb, der noch giftiger war als der vor vier oder vor acht Jahren. Kamala Harris und Trump schimpften einander gegenseitig Faschisten und eine Gefahr für die Demokratie in Amerika.
Nach der Niederlage der Vizepräsidentin herrscht bei den Demokraten nun Katzenjammer. Beschämt muss die Partei zur Kenntnis nehmen, dass Trump tief in ihr Wählermilieu eingedrungen ist. Besonders die Harris-Wähler empfinden Resignation. Die bevorstehende Rückkehr Trumps ins Weiße Haus entfacht – anders als vor acht Jahren – keine Großdemonstrationen. Widerstand war gestern. Heute herrscht Sprachlosigkeit. Man fügt sich in sein Schicksal. Wohl wissend, dass die Republikaner diesmal ihren Frontmann nicht etwa einhegen wollen, sondern bereit sind, das Land umzukrempeln.
Von Mar-a-Lago aus wird ein Machtwechsel vorbereitet, der die Republik verändern soll. Trump hat sein Kabinett und seinen Beraterstab mit Leuten besetzt, die ihm nahezu bedingungslose Gefolgschaft versprechen und den Staatsapparat grundlegend umbauen wollen. Und in gewisser Weise hat Trump schon damit angefangen. Er hat eine Person um sich, die uneingeschränkten Zugang zu ihm hat und wie eine Art Schattenpräsident agiert: Elon Musk, der reichste Mensch der Welt.
Der Techmilliardär, dessen Firmenimperium nicht unwesentlich von Staatsaufträgen lebt und dessen Satelliten zu Amerikas kritischer Infrastruktur zählen, soll gemeinsam mit dem Investor Vivek Ramaswamy ein „Ministerium für Regierungseffizienz“ leiten. Es ist freilich kein echtes Ministerium. Von außen soll das Beratergremium dafür sorgen, dass Bundesbehörden und unabhängige Regierungskommissionen abgeschafft, in die Provinz verlegt oder kleingeschrumpft werden. Sein tatsächlicher Einfluss reicht weit darüber hinaus.
Eine Art Darth Vader im Kampf gegen die Staatsbürokratie
Der politische Aufstieg Musks ist beispiellos. Erst im Sommer, nach den Schüssen auf Trump, gab er eine Wahlempfehlung für den Republikaner ab. 2020 hatte er noch Joe Biden unterstützt. Seit Juli spendete er rund 120 Millionen Dollar an ein eigens gegründetes „Super PAC“, eine Lobbygruppe, die Trumps Kampagne unterstützte. In der Schlussphase des Wahlkampfs trat Musk dann selbst auf Kundgebungen des Kandidaten auf. Und seit dem Wahlsieg weicht er nicht mehr von dessen Seite: Er zog in Mar-a-Lago ein, feierte mit dem gewählten Präsidenten Thanksgiving, reiste mit ihm zu Boxkämpfen – und nahm derweil Einfluss auf dessen Ministerauswahl.
Das alles geht sogar dem Übergangsteam zu weit, deren Mitglieder es nicht mögen, wenn ihnen von außen hineingeredet wird. Schon wurde für ihn der Begriff „First Buddy“ kreiert. Vom künftigen Vizepräsidenten J. D. Vance ist kaum noch die Rede. Musk ist der Einflüsterer des amerikanischen Sonnenkönigs, der Trump als Vehikel nutzen will, mit der alten Ordnung zu brechen. Im Silicon Valley träumen manche Superreiche schon länger von einer neuen Zeit. Dahinter steht eine Vorstellung, die man nicht offen ausspricht: Die repräsentative Demokratie sei eine nette Idee für das ausgehende 19. und 20. Jahrhundert gewesen. Jetzt müsse etwas Neues her, um unternehmerische Freiheit zu sichern und Amerikas Potential zu entfesseln. Was genau? Über eine kohärente postdemokratische Ideologie verfügen die Oligarchen nicht. Man versteckt sich hinter Schlagworten: die kulturelle Dominanz des Liberalismus sei gebrochen, das alte politische Establishment habe abgewirtschaftet, man lebe in revolutionären Zeiten.
2016 ging es Trump um Disruption. Jetzt geht es um Zerstörung – darum, die Institutionen der alten Ordnung zu beseitigen. Musk benutzt eine Abkürzung für seine neue Behörde, er nennt sie DOGE, das steht für „Department of Government Efficiency“. Sich selbst inszeniert er als eine Art Darth Vader im Kampf gegen die Staatsbürokratie. Es geht ihm um mehr als nur Bürokratieabbau: Der Verwaltungsstaat soll zerlegt werden. „Woke“ Elemente, worunter alles von LGBTQ-Förderung bis hin zum Klimaschutz verstanden wird, sollen weichen. Und der „tiefe Staat“, jene Elemente also, die in Trumps erster Amtszeit auf „administrativen Widerstand“ setzten, muss mit Rache rechnen.
Beamte fürchten politische Säuberungen
Musk und Ramaswamy wollen ihre Ideen eng mit Russ Vought abstimmen, den Trump – wie in seiner ersten Amtszeit – zum Direktor des „Office of Management and Budget“ machen will. Die Haushaltsbehörde im Weißen Haus ist nach dessen eigener Beschreibung die „Schaltzentrale der Exekutive“. Vought nennt den Verwaltungsstaat das „Regime“. Für das „Project 2025“, einer unter Federführung der erzkonservativen Heritage Foundation erstellten Blaupause für eine zweite Amtszeit Trumps, hat er Erlässe vorbereitet, die es dem künftigen Präsidenten ermöglichen sollen, in den ersten sechs Monaten Widerstände in der Verwaltung zu brechen und die Exekutive komplett umzubauen.
Behörden sollen entmachtet, Verordnungen gekappt und Ermessensspielräume, die der Gesetzgeber der Verwaltung übertragen hat, beschnitten werden. Vought will zudem vom Kongress bewilligte Bundesprogramme, die er für schädlich oder überflüssig hält, finanziell austrocknen. Nicht zuletzt soll die Zahl der Beamten, die als „politisch“ gelten und damit nicht über Beschäftigungsschutz verfügen, drastisch erhöht werden. Die Änderung des Beamtenrechts hatte Trump schon zum Ende seiner ersten Amtszeit angestrebt. Seinerzeit sollte die Zahl der Beamten, die ein Präsident austauschen kann, von 4000 auf 50.000 steigen. Die Initiative kam seinerzeit zu spät. Diesmal fürchten Beamte politische Säuberungen. Vought sagt, Amerika befinde sich in einer „postkonstitutionellen Zeit“.
Musk wiederum tut mittlerweile, als wäre er der wahre Führer der Partei. Als dieser Tage ein republikanischer Senator Trump dafür kritisierte, FBI-Direktor Christopher Wray durch den MAGA-Lautsprecher Kash Patel ersetzen zu wollen, wurde der „DOGE“-Chef deutlich: „Diejenigen, die sich Reformen verweigern, werden ihre Vorwahlen und Wahlen verlieren. Punkt.“, schrieb er auf seiner Plattform X. Macht Musk nun die Ansagen? Wie lange kann das gut gehen zwischen dem Präsidenten und seinem Hintermann? Trump mag es nicht, von anderen in den Schatten gestellt zu werden. Es ist nicht auszuschließen, dass Musks Erscheinen auf der politischen Bühne Amerikas keine neue Epoche einleitet, sondern eine Episode bleibt.