Berufsschule Grafing und Gymnasium Poing gehen an den Start – Ebersberg | ABC-Z
Im Mai zeigt sich für viele Kinder, wie es mit der Schule weitergeht, dann werden die Übertrittzeugnisse vergeben – oder auch nicht. Für den Landkreis Ebersberg zeigt sich im Mai ebenfalls, wie es mit der Schule weitergeht, genaugenommen sogar mit deren zwei: dem Gymnasium Poing und der Berufsschule Grafing. Für beide wurde nun im zuständigen Ausschuss beschlossen, diese von der Warteliste zu nehmen und in den Haushalt für 2025 einzustellen. Ob und wann die Schulen aber gebaut werden, wird sich wohl erst in etwas mehr als einem halben Jahr zeigen.
Wie im Schulzeugnis sind auch hier Zahlen entscheidend – und da wie dort gilt: je niedriger, desto besser. Im Falle der beiden Großprojekte waren die Zahlen, also die Kosten, stets viel zu hoch, als dass ein Übertritt von der Warteliste in die Umsetzung realistisch erschien. Je nach Größe und Ausstattung wären für die Berufsschule bis zu 107 und für das Gymnasium 105 Millionen Euro nötig gewesen.
Weshalb sich der Landkreis für seine Schulprojekte gewissermaßen Nachhilfe organisieren will: Im Herbst beschloss der Kreistag, eine sogenannte Leistungsphase Null für Gymnasium und Berufsschule vornehmen zu lassen. Konkret bedeutet dies: Ein Projektsteuerer übernimmt die Rolle des Nachhilfelehrers mit dem Ziel, die Kosten für die beiden Projekte zu drücken.
Und auch die bei ungenügenden Leistungen gerne gezogene Option Privatschule kam auf den Tisch: Die CSU/FDP-Fraktion machte den Vorschlag, bei der Berufsschule das Public-Private-Partnership-Modell zu wählen, also einen Investor zu suchen. Rechnen soll sich das über die Gastschulbeiträge. In der aktuellen Sitzung hat die Verwaltung das Thema PPP gewissermaßen entkernt: Den Betrieb der Schule soll der Landkreis übernehmen, lediglich zur Errichtung sucht man einen Investor.
Trotzdem gab es Diskussionsbedarf. So bemängelte Benedikt Mayer (Grüne), dass es keinerlei Erkenntnis zu Berufsschulen im PPP-Modell gebe. Tatsächlich hatte die Verwaltung eine Anfrage seiner Fraktion mit „dem Landratsamt liegen hierüber keine Informationen vor“ beantwortet – in der Sitzungsvorlage findet sich dennoch die Empfehlung für das PPP-Modell. Manfred Schmidt (AfD) sah in dem Investorenmodell ein Risiko für den Bau der Berufsschule, schließlich müsse man erst einen solchen Geldgeber finden. Renate Glaser (ÖDP) erinnerte an die schlechte Erfahrung, die der Landkreis mit dem PPP-Modell in Kirchseeon gemacht hatte: „Da wurde die Lüftung vergessen.“
Die Antragsteller dagegen warben erneut für ihre Idee: „Das brauchen wir, damit wir es uns leisten können“, sagte Alexander Müller (FDP), ansonsten, so Martin Wagner (CSU) müsse man die Kreisumlage deutlich anheben. Brigitte Keller, Leiterin der Abteilung Zentrales und Bildung im Landratsamt, gab zu bedenken, dass die Entscheidung, ob man die Schule zusammen mit einem Investor umsetzt, noch nicht gefallen sei.
Deutlicher als das PPP-Modell soll ohnehin das Nachhilfeprogramm zum Schulerfolg beitragen, das man im Landratsamt und in der Arbeitsgruppe Schulen schon etwas vorbereitet hat. So sollen beide Schulen zunächst in einer Minimal-Version erstellt und bei Bedarf erweitert werden. Außerdem will man bei den Schulen „einfach bauen“, Grundlage ist der kürzlich vom Bauministerium eingeführte „Gebäudetyp E“. Dieser, so schreibt es das Ministerium selbst auf seine Homepage, „kann zwar Einschränkungen im Komfort- und Qualitätsstandard bedeuten, diese müssen aber hinsichtlich des nutzerspezifischen Bedarfs nicht von Nachteil sein“.
Statt 200 Millionen Euro sollen die beiden Schulen nur noch rund 80 kosten
Der Vorteil, zumindest in der Vorausberechnung der Verwaltung, ist eine gewaltige Kostenersparnis: Für die Berufsschule sinken diese auf lediglich noch 40 Millionen Euro, wovon man rund 16 an Zuschüssen zurückbekomme, das Gymnasium kostet demnach nur noch 43,7 Millionen Euro und der Landkreis bekäme 13,5 Millionen an Zuschüssen.
Angesichts dieser Zahlen vermuteten einige im Gremium Unterschleif: „Wenn ich der Bank ein Haus für eine Million um 400 000 abkaufen will, dann sagen die mir: Das bekommst Du nicht“, so Mayer – und genau das werde dem Landkreis auch passieren. Dass die Zahlen mehr oder weniger Platzhalter sind, räumte auch Keller ein – aber irgendeine Zahl müsse man eben in den Haushalt schreiben. Und dies sei nötig, um einen Projektsteuerer beauftragen zu können, der dann verlässliche Zahlen liefert.
Trotzdem solle man die Schulen nacheinander bauen, oder große Abstriche bei der Qualität hinnehmen, so Mayer: „Was mit diesem Budget rauskommen wird, ist nicht das, was die Eltern in Poing sich wünschen.“ Zweifel an der Qualität meldete auch Ebersbergs Bürgermeister Ulrich Proske (SPD-Fraktion) an, beim experimentellen Bauen „ist der Name Programm“. Zwar stimmte er zu, beide Projekte von der Warteliste zu nehmen, wie die Grünen halte er es aber für sinnvoller, erst das Gymnasium zu bauen.
Die Mehrheit hält daran fest, beide Schulen gleichzeitig zu bauen
Die Mehrheit im Ausschuss sieht das indes anders: „Warum es beide braucht, ist bekannt“, sagte etwa Günter Scherzl (FW): Die vorhandenen Gymnasien seien zum Ende des Jahrzehnts überfüllt, so der Poinger, aber man müsse auch Ausbildungsberufe fördern. Für Schmidt ist es „eine kluge Entscheidung, beide Schulen von der Warteliste zu nehmen“, und Grafings Bürgermeister Christian Bauer (CSU) verwies auf den Stellenwert von beruflicher Bildung und dass das Gymnasium laut der aktuellen Berechnung viel teurer sei als die Berufsschule. Landrat Robert Niedergesäß (CSU) wiederholte, dass man „nicht beide Schulen gegeneinander aufwiegen“ solle. Er sei sich „sicher, dass wir für beide den Startschuss geben können, denn wir brauchen beide“.
Zumindest für das Warmlaufprogramm gab es nun im Ausschuss eine klare Mehrheit, lediglich die Grünen stimmten dagegen, die Schulen von der Warteliste zu nehmen. Ohne Gegenstimmen wurde ein alter Beschluss aufgehoben, wonach der Landkreis kein PPP-Modell in Grafing umsetzen will. Dass der Kreistag kommende Woche das Ergebnis bestätigen wird, gilt als sicher. Ob dann wirklich der Startschuss fällt, entscheidet der Kreistag Ende Mai – wenn die Zahlen stimmen.