Berlins Brücken in marodem Zustand: „Absolut verantwortungslos“ | ABC-Z
Berlin. Nach dem Einsturz der Carolabrücke in Dresden stehen Berlins Brücken auf dem Prüfstand. Eine Anfrage zeigt nun, wie ernst die Lage ist.
Um drei Uhr nachts gab es einen ohrenbetäubenden Knall in Dresden: Teile der Carolabrücke stürzten in die Elbe. Dass kein Mensch zu Schaden kam, grenzt an ein Wunder. Vielen dürfte der Brückeneinsturz in Dresden im September noch in guter Erinnerung sein. Seitdem ist die Sicherheit von Brücken wieder in den Fokus gerückt – auch in Berlin.
Wie aus einer Antwort des Senats aus einer schriftlichen Anfrage der Grünen-Abgeordneten Antje Kapek und Oda Hassepaß nun hervorgeht, sind 57 Brücken in Berlin in nicht ausreichendem Zustand. Das bedeutet, bei der letzten Überprüfung haben sie eine Zustandsnote von 3,0 oder schlechter erhalten. Auch der Zustand der Dresdner Carolabrücke wurde bei der letzten Überprüfung im vergangenen Jahr mit 3,0 bewertet.
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Damit gibt es in jedem Berliner Bezirk (außer in Lichtenberg) Brücken, die sich in einer ähnlichen oder schlechteren Verfassung wie damals die Carolabrücke befinden. Allerdings wurden bei der Zählung alle Brücken im Berliner Stadtgebiet berücksichtigt, also auch kleine Fußgängerbrücken, die deutlich weniger stark frequentiert sind, als die Carolabrücke.
Außerdem geht aus der Antwort auf die Anfrage hervor, dass der Senat sogar bei 71 Brücken dringenden Sanierungsbedarf aufgrund ihres schlechten Zustands sieht. Für mehr als die Hälfte der Brücken (38) gebe es jedoch noch keinen Zeithorizont für die Umsetzung der erforderlichen Sanierungs- oder Instandhaltungsmaßnahmen.
„Gefährdet im schlimmsten Fall Leben“
Die Grünen-Abgeordneten Kapek und Hassepaß kritisieren den fehlenden Fahrplan und die fehlende Finanzierung. „Damit spielt der Senat mit dem Leben der Menschen in dieser Stadt. Statt in dringend notwendige Instandsmaßnahmen zu investieren, plant der Senat millionenschwere Neubauprojekte wie die TVO“, monieren die verkehrspolitischen Sprecherinnen. „Das ist nicht nur absolut unverantwortlich, das gefährdet im schlimmsten Fall Leben.“
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Zahlreiche weitere Brücken werden aktuell mit Zustandsnoten zwischen 2,5 und 2,9 bewertet. Deren Zustand gilt damit als „ausreichend“. Ohne weitere Maßnahmen könnten diese jedoch im Zeitverlauf ebenfalls zum Sanierungsfall werden. Zu den Straßenbrücken, die am schlechtesten abschneiden, zählen die Eldenaer Brücke zwischen Friedrichshain und Lichtenberg mit einer Wertung von 3,4 und der Nordwestüberbau der Mühlendammbrücke mit einer Wertung von 3,5.
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