Gesundheit

Berliner Krankenhaus: Scharfe Kritik an der Charité – auch von dort arbeitenden Ärzten |ABC-Z

Die berühmte Berliner Charité steht in der Kritik. Ein Medienbericht listet zahlreiche Missstände und Versäumnisse des Klinikums auf. In einer internen Umfrage stellen fast die Hälfte der befragten Charité-Ärzte eine „mangelhafte“ Versorgung der Patienten fest.

Wie gut ist die Charité, Vorzeigekrankenhaus der Hauptstadt, weltberühmte Klinik mit großer Vergangenheit, Zentrum der Medizin mit 5700 Ärzten und Forschern? Das Magazin „Stern“ fällt ein eindeutiges Urteil: „Ein krankes Haus“.

So ist eine Recherche von „Stern“ und RTL überschrieben, die sich mit den Arbeitsabläufen, Missständen und individuellen Fehlern in der Charité befasst. Dazu waren auch Journalisten verdeckt als Pflegepraktikanten an den – es gibt in Berlin vier – Krankenhausstandorten tätig gewesen. Sie schildern nun ihre Erlebnisse.

Die Kritik bezieht sich nicht auf die Forschungsabteilung, sondern im Kern auf die Arbeit im Krankenhaus. Die Liste der Versäumnisse ist lang: So wurde einem schwer lungenkranken Baby versehentlich die zehnfache Dosis eines Medikaments gespritzt: fünf Milligramm statt 0,5.

Die Charité wurde mit den Vorwürfen konfrontiert, weist sie aber zurück. Ein Anwalt bemüht sich bei allen Einzelfällen die ärztliche Schweigepflicht und lehnt Kommentare ab. Die übrigen Darstellungen des Magazins seien „in jeder Hinsicht falsch“; man habe alle Fälle intensiv geprüft. Äußerungen eines Chefarztes während einer Visite seien etwa als „interne Kritik zur Optimierung der Behandlungsabläufe“ zu verstehen. Der Mann hatte gesagt: „Das ist echt ein Laden. Leider ist es meiner. So ein Scheiß.“

Zugleich wird von internen Umfragen der Berliner Klinik berichtet. So nahmen mehr als 200 Mediziner mehrerer Standorte und Kliniken an der internen Umfrage der Charité zur Behandlungsqualität teil, vom Berufsanfänger bis zur Oberärztin. Auf die Frage „Wie bewerten Sie die Qualität der Patientenversorgung unter den aktuellen Arbeitsbedingungen?“ antworteten demnach 44 Prozent mit „mangelhaft“ und acht Prozent mit „ungenügend“ – also mehr als die Hälfte mit Schulnote fünf oder sechs. Mit „ausreichend“ antworteten 29 Prozent. Ein Einziger gab dagegen „sehr gut“ an.

In einer zweiten Umfrage hat der Ärzteverband „Marburger Bund“ mehr als 200 angehende Ärzte – Studenten im praktischen Jahr – zu ihren Erfahrungen in Berliner Kliniken befragt. Etwa die Hälfte arbeitete auf einer Station der Charité. Gut zwei Drittel davon gaben an, sie würden die Charité anderen Studenten nicht als Lehrkrankenhaus empfehlen.

Unter denen, die in anderen Berliner Kliniken waren, war das Verhältnis umgekehrt: gut zwei von drei der Studenten empfahlen ihr Krankenhaus. Insgesamt fühlten sich nur zehn Prozent durch das praktische Jahr „gut vorbereitet“ auf den Berufsalltag.

Die Ergebnisse beider Umfragen seien „erschreckend“ und könnten „nicht schöngeredet werden“, sagte Peter Bobbert, Vorstandsvorsitzender des „Marburger Bund“ Berlin/Brandenburg. Sie spiegelten aber „genau die Erfahrung, die wir auch machen“.

Ein Anwalt der Charité erklärte, beide Umfragen seien der Charité nicht bekannt, ihre Ergebnisse aber ohnehin „nicht repräsentativ“. Der Anwalt verwies zudem auf Ranglisten, denen zufolge die Charité auch international regelmäßig zu den besten Krankenhäusern gekürt wird.

krei

Back to top button