Berliner Abgeordnetenhauswahl 2026: Pankows Grüne entscheiden über Gelbhaar-Comeback | ABC-Z

taz | Lassen die Grünen ein Comeback ihres früheren Bundestagsabgeordneten Stefan Gelbhaar zu? Der 49-Jährige bewirbt sich an diesem Samstag bei der Kreismitgliederversammlung in Pankow als Direktkandidat für die Abgeordnetenhauswahl am 20. September 2026. Er strebt den örtlichen Wahlkreis 6 an, der zuletzt mit dem stadtweit besten Grünen-Ergebnis an seine Partei ging.
Gelbhaar war zu Jahresbeginn von seiner Partei nicht mehr für die Bundestagswahl nominiert worden. Zuvor hatte es Berichte über Vorwürfe sexueller Belästigung gegeben und einer parteiinternen Intrige gegen ihn, die als bundesweit größter Skandal in der Grünen-Geschichte gilt. Die strafrechtlich relevanten Vorwürfe sind in sich zusammen gebrochen. Es gibt im Berliner Landesverband aber nicht nur einzelne Stimmen, die darauf verweisen, dass weiter Berichte von Frauen über als unangenehm bis übergriffig empfundenes Verhalten Gelbhaars vorlägen.
Die Intrige gegen Gelbhaar war erst bekannt geworden, nachdem der Kreisverband Pankow ihn als Bundestagskandidat durch seine Parteikollegin Julia Schneider ersetzt hatte. Das wieder rückgängig zu machen, ließen die Fristen zur Bundestagswahl am 23. Februar nicht zu. Schneider gewann wie ihr Vorgänger bei der Wahl 2021 den Wahlkreis, Gelbhaar stand nun ohne Mandat dar.
Nachdem die Intrige öffentlich geworden war, gab es vom Pankower Kreisverband zwar keine eindeutige Entschuldigung gegenüber Gelbhaar. In einem bei einem Mitgliedertreffen Ende Januar von einer breiten Mehrheit der Anwesenden getragenen Text hieß es allerdings: Man hoffe auf schnelle Klärung, „so dass gegebenenfalls eine Rehabilitierung Stefan Gelbhaars möglich gemacht werden kann.“
Aktueller Wahlkreissieger unterstützt Gelbhaar
Gewichtiger Fürsprecher Gelbhaars ist der Landesparlamentarier Andreas Otto. Er hat den von Gelbhaar angestrebten Wahlkreis seit 2006 durchweg gewonnen, zuletzt 2023 mit fast 42 Prozent der Erststimmen, will aber nicht erneut kandidieren. Schon direkt nach Bekanntwerden von Vorwürfen Ende 2024 am Rande eines Landesparteitags sagte Otto der taz dazu: „Für mich gilt erstmal die Unschuldsvermutung.“
Rückt Gelbhaar, der dem Abgeordnetenhaus schon von 2011 bis 2017 angehörte, wieder ins Landesparlament, könnte das für ein belastetes Klima in der Grünen-Fraktion sorgen. Denn dort träfe er mutmaßlich auf seine Parteikollegin Klara Schedlich, aktuell Vize-Fraktionschefin. Gegen die hat er im Zusammenhang mit Belästigungsvorwürfen erfolgreich geklagt.
Schedlich hatte beim Gerichtstermin Mitte Mai prominente Unterstützung: Ein Foto zeigt sie im Gerichtsgebäude in Begleitung ihrer Fraktionschefin Bettina Jarasch, der Landesvorsitzenden Nina Stahr und der erst kurz zuvor aus dem Amt geschiedenen vormaligen Bundesministerin Lisa Paus – und zwar nicht bei sich zuhause um die Ecke in Berlin, sondern in Hamburg, wo die Klage verhandelt wurde.
Die Entscheidung über die Direktkandidatur liegt nicht bei den örtlichen Stadteilgruppen im Gebiet des Wahlkreises 6. Über sie können vielmehr – wie auch über die anderen acht Pankower Wahlkreise – alle rund 2.500 Mitglieder des Grünen-Kreisverbands abstimmen.














