Beirut: Der Tag nach dem Tod Hassan Nasrallahs | ABC-Z
Stille. Die
Straßen im Zentrum von Beirut sind plötzlich ohne Verkehr. Man hört jetzt das
Summen ganz deutlich, das Summen israelischer Drohnen über der libanesischen
Hauptstadt. Es ist Samstag, der Tag nachdem ein gewaltiger Luftschlag in der
südlichen Vorstadt einen ganzen Häuserblock zerstört hat – und Hassan Nasrallah
getötet hat. Gerade eben, es ist Mittag, hat die Hisbollah selbst den Tod ihres
Anführers bestätigt. Was jetzt?
Gewehrsalven. Die
Schüsse hallen durch die leeren Straßen und über den riesigen Märtyrerplatz im
Stadtzentrum. Sie müssen aus Ramik kommen, einer angrenzenden Nachbarschaft. Ramik
ist eine Hisbollah-Hochburg. Dort, in engen Straßen, wo die Hausfassaden noch gespickt
sind mit Einschusslöchern aus dem einstigen Bürgerkrieg, haben sich die Männer
des Viertels auf den Bürgersteigen versammelt. In kleinen Gruppen stehen und
sitzen sie zusammen, Jung und Alt, wortlos. Die Gewehrsalven haben nur wenige
Minuten angedauert, es waren Schüsse in die Luft. “Eine Ehrerweisung für
unseren Sayed”, erklärt Hadsch Ajoub, ein älterer Herr, der mit der Gebetskette
in Händen bei seinen Nachbarn steht. Sayed ist ein religiöser Würdentitel, den
auch der Hisbollah-Anführer Nasrallah trug. Die Nachricht von seinem Tod
bedeutet eine Erschütterung, eine politische Zäsur nicht nur für den Libanon,
sondern für den ganzen Nahen Osten. Die erste Reaktion spiegelt das in aller
Einfachheit: Man ist betroffen. Die Stille zollt Respekt, dem Mann und dem
Moment.