Bei der Weihnachtslotterie in Spanien lockt ein Rekordgewinn von 2,7 Milliarden – Panorama | ABC-Z
Bei Doña Manolita herrscht dieser Tage Hochkonjunktur. Die Menschenschlange vor der Ladentür in der Madrider Calle del Carmen reicht um die Ecke, hinauf zum Kaufhaus Corte Inglés und biegt sogar noch in die Gran Vía ein. Hunderte Menschen stehen hier Hunderte Meter weit an. Jeden Tag. Dabei wechselt die Schlange sogar mehrmals die Straßenseite. Wachleute passen auf. Aber nicht, weil jemand sich vordrängeln könnte, das machen Spanier fast nie, sondern damit die Kundschaft nicht von Autos überfahren wird.
Seit drei Stunden stehe sie an, sagt Laura Sospedra, die es schon fast bis zur Ladentür geschafft hat, und ja, „jetzt friere ich schon sehr“. Mit Mann und Kleinkind ist sie aus einer Gemeinde in den Flutgebieten bei Valencia gekommen, um ihr Glück zu suchen, bei Doña Manolita, einer der berühmtesten Lotterieverkaufsstellen Spaniens.
Lose gibt es seit dem Sommer
Seit dem Sommer kann man die Lose der legendären spanischen Weihnachtslotterie schon kaufen, doch erst Ende November hat der Ansturm so richtig eingesetzt. Insgesamt 2,702 Milliarden Euro werden in diesem Jahr ausgeschüttet, Weltrekord. Von jeder der fünfstelligen Losnummern gibt es 1930 Lose zu 20 Euro. Wenn am 22. Dezember die siegreiche Ziffernfolge aus einer Trommel gezogen und von Kindern in einer TV-Liveübertragung vorgesungen wird, freuen sich 1930 Menschen über El Gordo, den „fetten“ Hauptgewinn von 400 000 Euro (von dem das spanische Finanzamt allerdings 72 000 Euro einkassiert).
Theoretisch könnte man auch mehrere Lose der gleichen Nummer kaufen, um die Chance auf einen Millionengewinn zu wahren. Aber eher kauft man, so wie auch Laura Sospedra es vorhat, eine Handvoll Lose mit verschiedenen Nummern für jedes Familienmitglied. Manchmal besorgen sich auch Bewohner eines Dorfes oder Kollegen einer Firma die gleichen Losnummern. Schlägt dann das Glück zu, ist geteilte Freude doppelte Freude.
Im vergangenen Jahr siegte die Schnapszahl 88 008. Welche Glücksziffern es diesmal sein werden, ist wie immer Gegenstand wilder Spekulationen. Geburtstage sind ebenso hoch im Kurs wie Postleitzahlen. Die Endziffer 5 ist nachgefragt, weil es in der Geschichte der Weihnachtslotterie die bisher häufigste war. Dazu kommen aktuelle Geschehnisse. Nach der Flut von Valencia machte die Ziffernfolge 29 104, das Datum der Katastrophe, Hoffnung auf ausgleichende Gerechtigkeit und war in Rekordzeit ausverkauft. Glück erhoffen sich viele auch von Sportereignissen, zum Beispiel dem Abschied von Rafael Nadal am 10. Oktober, Losnummer 10104.
Mit dem rechten Fuß zuerst in den Laden
Doch nicht nur Zahlen bringen Glück. Viele Loskäufer betreten Doña Manolitas Laden mit dem rechten Fuß zuerst. Manche reiben ihr Los mit den Fingern, andere kaufen es mit geschlossenen Augen, um die Zahlenfolge erst nach der Ziehung anzusehen.
Bei der Ziehung auf der Bühne des Madrider Opernhauses wird sich zeigen, ob Doña Manolita ihrem Ruf gerecht wird. Der Aberglaube hätte jedenfalls auch eine ganz profane, mathematische Begründung: Wo besonders viele Lose verkauft werden, steigt eben die Chance, dass ein Gordo dabei ist. Aber mit derart unsinnlichen Überlegungen lässt sich der Zauber von Doña Manolita natürlich nicht erklären.
Mobile Verkäufer, die ihre Lose an Bretter geheftet am Straßenrand anbieten, haben jedenfalls keine Chance gegen die beliebte Annahmestelle. Der Laden in der Calle del Carmen bringe Glück, sagen jene, die hier stundenlang Schlange stehen.