Befristete, möblierte Wohnungen: Befristete Geschäftemacherei | ABC-Z

Immerhin, ein Aufschlag ist gemacht. Florian Schmidt, Stadtrat in Friedrichshain-Kreuzberg, spricht gar von einem „Schocksignal an die Betreiber“, das sein Bezirk zuletzt ausgesendet hat. Seit Mitte Januar gilt dort eine Nutzungsuntersagung für möbliertes Wohnen auf Zeit, zumindest in Milieuschutzgebieten, die aber einen Großteil des Bezirks – und der Berliner Innenstadt – ausmachen.
Bürger:innen sind aufgefordert, über eine Plattform Hinweise weiterzugeben, wenn der Verdacht auf solcherlei Wohnformen besteht. Nach nur wenigen Wochen sind Verfahren gegen zwölf Vermieter, teils wegen mehrerer Wohnungen eingeleitet, zu ersten Anhörungen soll es schon bald kommen.
Ein Blick auf die Wohnungsportale zeigt: Das Angebot an fertig eingerichteten Wohnungen, die nur für drei, sechs oder neun Monate vermietet werden, ist riesig. Schon 2022 entfielen mit 30.000 Inseraten 54 Prozent aller Wohnungsangebote auf möbliertes Wohnen, in Friedrichshain-Kreuzberg waren es sogar 70 Prozent. Es ist der Supertrend der Wohnungsbranche, denn er ist super profitabel.
Eine Marktanalyse von 2024 kommt zu dem Schluss, dass Berlin „herausragender Hotspot“ dieses Segments ist und „mit einer Preisdifferenz von 8,01 Euro zwischen möblierten und unmöblierten Wohnungen“ im Städtevergleich führe. Während normale Wohnungen für durchschnittlich 15 Euro pro Quadratmeter angeboten werden, werden für möblierte 23 Euro fällig.
Ein Urteil fehlt
In Friedrichshain-Kreuzberg wurde man schon frühzeitig auf das Phänomen aufmerksam und untersagte einem Vermieter an der Weberwiese die Vermietung von vier möblierten Wohnungen. Mitte Januar sollte es zum Prozess kommen, doch der Vermieter zog kurzfristig seine Klage zurück. Stadtrat Schmidt interpretierte dies als „taktische Flucht vor einer Grundsatzentscheidung“ und kündigte an, die Rechtsauffassung des Bezirksamts ab jetzt systematisch anzuwenden. Schließlich sei es den Menschen nicht zuzumuten, weitere Jahre auf eine Gerichtsentscheidung zu warten.
Rückendeckung gab es im Sommer 2024 aus Charlottenburg-Wilmersdorf. Ein vom Bezirksamt in Auftrag gegebenes Rechtsgutachten kam zu dem Schluss, dass die Kurzzeitvermietung möblierter Wohnungen eine Nutzungsänderung darstellt, die in Milieuschutzgebieten genehmigungspflichtig ist, da „die Wohnung der Wohnbevölkerung, deren Zusammensetzung es zu schützen gilt, künftig nicht mehr zur Verfügung steht“. Die Berliner Mietergemeinschaft nennt ein weiteres Problem: „Die besonders hohen Mieten gehen auch in den Mietspiegel ein und treiben damit alle Mieten nach oben.“
Seit September fragt der Bezirk in allen Genehmigungsverfahren zu Bauprojekten in Milieuschutzgebieten, ob Wohnungen unbefristet und unmöbliert vermietet werden sollen – und erteilt nur dann eine Genehmigung. Nach Fertigstellung werde dies auch stichprobenartig kontrolliert, sagt CDU-Stadtrat Christoph Brzezinski.
Zudem wurden in zwei Fällen bestehender Vermietungen von großen, auf diese Form spezialisierten Unternehmen Verfahren eingeleitet; die Nutzungsuntersagungen werden mit externer Rechtsberatung erarbeitet. Dass die Vermieter dagegen klagen werden, hält Brzezinski für höchstwahrscheinlich. Schließlich „entziehe man ihnen ein Stück weit die Geschäftsgrundlage“. Noch dieses Jahr könnten die Fälle vor Gericht landen, eine Entscheidung werde dann aber eher zwei Jahre dauern.
Befristungsgründe zählen nicht
Laut Gesetz dürfen Verträge nur befristet laufen, wenn ein besonderer Grund vorliegt, nach Ablauf des Mietverhältnisses der Vermieter oder ein Angehöriger selbst einziehen möchte, die Wohnung zu einer Werkswohnung wird oder eine Sanierung der Wohnung ansteht. In den Bezirken geht man davon aus, dass dies regelmäßig nicht zutrifft. Und selbst wenn, ändert das nichts an ihrer Rechtsauffassung, dass eine Befristung dann immer noch mit den Zielen des Milieuschutzes kollidiert.
Kürzlich gab es eine Fachtagung mit zehn Bezirken über die Regulierung dieser Wohnformen, eine nächste ist für diesen Mittwoch geplant. Auch Neukölln hat daran großes Interesse, wie Baustadtrat Jochen Biedermann (Grüne) sagt: Der Kampf gegen befriste Vermietungen „ist eine der zentralsten Fragen, die auch über die Frage der Existenzberechtigung von Milieuschutz entscheidet“, so Biedermann. Die Bezirke müssten jetzt „dringend Hebel finden“, auch, wenn er präferieren würde, dass der Bund tätig wird.
Ins Verhandlungspapier von CDU/CSU und SPD auf Bundesebene hat es der Satz geschafft: „In angespannten Wohnungsmärkten werden Indexmieten bei der Wohnraumvermietung, möblierte und Kurzzeitvermietungen einer erweiterten Regulierung unterworfen.“ Ob dem so ist und, wenn ja, wie schnell etwas folgt, ist nicht absehbar.
Auch im Senat ist man sich der Problematik bewusst, obwohl mit der landeseigenen Berlinovo ein großer Player am Markt ist, der in ganz Berlin 7.000 Serviced Apartments anbietet. Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung schreibt auf Anfrage von „hohen bis sehr hohen Mieten“ durch die Zeit-Wohn-Modelle, die für Bewohner:innen „finanziell nicht darstellbar“ sind. Aus diesem Grund „präferiert“ die Stadtentwicklungsverwaltung die Meinung des Gutachtens aus Charlottenburg-Wilmersdorf. „Ein berlinweit einheitliches Vorgehen ist daher geboten.“ Geprüft würde nun, „welche rechtlichen und finanziellen Risiken mit einer einheitlichen Steuerung der Wohnen-auf-Zeit-Modelle angesichts fehlender Präzedenzfälle verbunden sind“.
Wenn die Bedenken nicht überwiegen, könnten im Anschluss die Ausführungsvorschriften für Milieuschutzgebiete um ein Verbot entsprechender Verträge ergänzt werden – und damit als Handreichung für alle Bezirke gelten. Es könnte der Anfang vom Ende dieses Geschäftsmodells sein.